Verstrickung des Herzens
Verhaftung?
»Ich glaube«, teilte sie ihnen lächelnd mit, »jetzt möchte mein Mann seine Tochter sehen.«
Mit einiger Mühe schoben sich Tara und Jarrett zwischen den Leuten hindurch. Obwohl James freigesprochen worden war, wirkte sein Bruder ernst und bedrückt. Schnell verließen die vier das Zelt und stiegen in die wartende Kutsche.
Tara küßte Teela, Jarrett umarmte James und versprach, sie würden Champagner trinken, sobald sie das Haus in St. Augustine erreichten.
Unter diesem Dach fühlte sich James so wohl wie schon lange nicht mehr. Nicht, daß die Umgebung eine Rolle gespielt hätte. Endlich war er wieder mit seiner Familie zusammen, mit Tara und Jarrett, Ian und seiner schönen kleinen Tochter. Seit er das Haus betreten hatte, umklammerte Jennifer seine Hand.
Und Teela — die Frau, deren Liebe keine Grenzen zwischen verschiedenen Hautfarben kannte, kein Hindernis auf dem Weg zu ihrem Glück ...
Bald würde sich die Familie vergrößern. Nicht nur Jennifer, auch Ian sollte ein Geschwisterchen bekommen.
Jarrett wartete bis zum späten Abend, um allein mit seinem Bruder zu sprechen, dann führte er ihn in die Bibliothek.
Lächelnd hob James sein Cognacglas. »Heute ist die Welt restlos in Ordnung. Vielen Dank.«
»Ich wünschte, sie wäre wirklich in Ordnung«, erwiderte Jarrett, und James starrte ihn erschrocken an.
»Was meinst du? Mary ...«
»Deiner Mutter geht es gut. Das sagte ich doch.« »Und du hast nicht gelogen?«
»James ...«
»Natürlich nicht, aber ...«
»Ich habe für uns alle eine Reise nach Charleston arrangiert.«
»Ist einer deiner Verwandten krank? Gibt's Probleme mit Teelas Erbe?«
»Osceola wurde nach Charleston gebracht, ins Fort Moultrie, zusammen mit anderen gefangenen Seminolen. Wie ich vor kurzem erfahren habe, liegt er im Sterben, und er möchte dich noch einmal sehen.«
Sobald James den Raum betrat, in dem der alte Freund den Tod erwartete, merkte er, daß er nicht zu heucheln brauchte. Osceola wußte Bescheid über seinen Zustand. Schon seit vielen Monaten rechnete er mit seinem Ende. Er trug einen Kopfputz aus prächtigen Federn. Über seiner Brust hingen mehrere silberne Amulette.
Langsam ging James zu ihm und fürchtete, der Kriegerhäuptling hätte bereits seinen letzten Atemzug getan.
Aber Osceola mußte die Anwesenheit des Blutsbruders gespürt haben, denn er öffnete die Augen und brachte sogar ein Lächeln zustande, ehe er die Lider wieder senkte. Dann bedeutete er dem Besucher, an seiner Seite Platz zu nehmen. James gehorchte und griff nach seiner Hand.
»Kein ruhmreicher Tod für einen Krieger, was, mein Freund?« fragte Osceola leise.
»Dein Tod bedeutet die ewige Ruhe für einen großen Krieger, der sein Volk in die Freiheit führen wollte.«
»Für einen sehr müden Mann ...«, flüsterte Osceola.
So viele waren gestorben, Weiße und Rote und Schwarze. Der Druck seiner Finger verstärkte sich. Zahlreiche Seminolen hatten gelernt, ihren weißen Freunden die Hände zu schütteln. Osceola war berühmt für die Kraft, mit der er manchen Männern fast die Arme ausgerenkt hatte.
Seinetwegen waren unzählige weiße Menschen gestorben — und erstaunlich viele nannten sich seine Freunde.
Für James würde er stets ein Rätsel bleiben. Jetzt zeigte er sich bereit, ins Jenseits hinüberzugehen, ein Krieger, der den Tod sehr gut kannte. Trotzdem mußte James die Zähne zusammenbeißen, um den Schmerz in seinem Herzen zu bekämpfen, das heiße Brennen hinter seinen Augen.
»Weiße Künstler sind gekommen, um mich zu malen«, berichtete Osceola. Die Lider blieben geschlossen, die Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. »Für alle habe ich posiert. Am besten gefiel mir der Mann, den sie Caitlin nennen. Er kennt die Indianer, und er interessierte mich.«
»Überall wird man dein Bild sehen«, versicherte James.
Da öffnete Osceola die Augen. »Ich habe gehört, was in den Zeitungen steht. Nachdem Jesup meine Festnahme veranlaßt hat, nennt man ihn einen betrügerischen Feigling.«
»Ja, viele Weiße verübeln ihm den niederträchtigen Verrat, denn sie finden dich edel und tapfer. Deshalb wollten sie dich malen.«
»Er dachte, mit meiner Verhaftung wäre der Krieg beendet. Aber er irrt sich. Junge Krieger wachsen zu Männern heran. Und letzten Endes werden die Moskitos den General besiegen. Im Sumpf gibt es Gebiete, in die uns die Soldaten nicht folgen können. Das alles werde ich nicht mehr erleben.«
»Trotzdem gebührt dir das
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