Verstrickung des Herzens
Sie sich nicht fürchten. Im Haus meines Bruders habe ich noch nie eine Frau skalpiert, Miss ...?«
Heftig hämmerte ihr Herz gegen die Rippen. Jarretts Bruder ... Und er wußte nicht, wer sie war. Was würde der Mischling denken, wenn er erfuhr, daß sie Warren hieß — so wie der Mann, der so viele Indianer getötet hatte?
In würdevoller Haltung ging sie zu ihm. Dann zögerte sie wieder. Bangte ihr vor der Nähe dieses Mannes? Aber sie war es nicht gewöhnt, Angst zu zeigen. Wenigstens das hatte sie als Michael Warrens Stieftochter gelernt.
Entschlossen betrat sie das Zimmer, wanderte zum Feuer, und er folgte ihr. »Um meinen Skalp mache ich mir keine Sorgen, Sir.«
»Das sollten Sie aber. In diesem Land sind alle Skalps gefährdet.«
»Wie Sie soeben erwähnten, haben Sie hier noch niemanden skalpiert. Und Sie wissen sich allem Anschein nach zivilisiert zu benehmen. Also wäre es sehr unhöflich, wenn Sie heute abend Ihren ersten Skalp in diesem Haus erobern und sich ausgerechnet einen Neuankömmling aussuchen würden, um dieser grausamen Sitte zu frönen.«
Erschrocken zuckte sie zusammen, als er eine seidige Locke berührte, die aus ihrem Haarknoten herabhing. »Was für eine herrliche Beute das wäre ... Nehmen Sie sich in acht, Ma'am. Im nächtlichen Dunkel könnte diese kastanienrote Pracht unwiderstehlich leuchten.« Unwillkürlich wich sie ein paar Schritte zurück, erstaunt über ihre eigene Nervosität. »Ah, und dieser angstvolle Schimmer in Ihren Augen müßte einen Mann geradezu herausfordern ...«, fuhr er fort.
»Da irren Sie sich, Sir. Mr. McKenzie, ich fürchte mich nicht vor Ihnen.«
Er hob die Brauen. »Wieso kennen Sie meinen Namen?«
»Nun, Sie haben erklärt, dies sei das Haus Ihres Bruders.«
»Und wenn Jarrett mein Stiefbruder mütterlicherseits wäre?«
»Verzeihen Sie. Sind Sie ein McKenzie?«
»Ja«, bestätigte er leise und zögernd. »Zumindest für manche Leute ... Warum sind Sie hier?«
Weil mein Stiefvater gerade in Florida zu tun hat und alle Indianer auszurotten versucht ...
Nein, diesen sarkastischen Gedanken durfte sie nicht aussprechen. »Ich bin auf dem Weg zu meinem Stiefvater. Da er zu beschäftigt war, um mich im Hafen von Tampa abzuholen, brachte Ihr Bruder mich freundlicherweise hierher. Ich heiße Teela«, fügte sie hinzu und streckte ihre Hand aus, die er umfaßte und aufmerksam betrachtete.
Dann neigte er sich hinab und küßte ihre Fingerspitzen
— eine viel zu sinnliche, viel zu intime Berührung, die sie nicht gestatten dürfte. Aber ehe sie sich befreien konnte, ließ er sie los und trat zurück. »Teela ...«, wiederholte er lächelnd. »Haben Sie auch einen Nachnamen?«
»Haben Sie einen Vornamen?« konterte sie.
Da vertiefte sich sein Lächeln, und er wollte antworten. Doch da drang ein Ruf von der Tür herüber. »James, mein Lieber!«
Sie drehte sich um und sah einen attraktiven jungen Mann hereinkommen, so elegant gekleidet, als würde er einen der vornehmsten Salons zwischen Boston und Savannah besuchen.
»Ah ...« Bei ihrem Anblick hielt er inne und verbeugte sich formvollendet. »Welche neue Blume ziert unsere Wildnis? James, eine Freundin? Würdest du uns bitte miteinander bekannt machen?«
»Auch ich habe diese rote Rose eben erst kennengelernt, Robert. Teela, das ist Mr. Robert Grant — Robert, Miss Teela ...?«
Noch immer weigerte sie sich, ihren Nachnamen zu nennen, und reichte dem jungen Mann ihre Hand. »Guten Abend, Mr. Grant. Wie geht es Ihnen?«
»Plötzlich ganz ausgezeichnet«, erwiderte er und neigte sich über ihre Hand.
Sein Lächeln wirkte ansteckend. Unauffällig verglich sie die beiden Männer miteinander. Mr. Grant war nicht so groß wie James McKenzie, dessen Vornamen sie inzwischen erfahren hatte, und einfach nur charmant — während ihr der Mischling faszinierend erschien.
»Oh, da sehe ich unsere Gastgeberin«, bemerkte James. »Ich muß mit ihr reden. Inzwischen könnt ihr beide euch besser kennenlernen.«
Mit einer knappen Verbeugung verließ er den Salon. Tara McKenzie stieg gerade die Treppe herab und begrüßte zwei ältere Ehepaare, die soeben eingetroffen waren. Immer mehr Gäste betraten die Halle.
»In diesem Haus bin ich sehr oft eingeladen«, erklärte Robert Grant. »Doch ich hatte keine Ahnung, daß wir heute abend einen Neuankömmling begrüßen dürfen.«
»Ich bin erst heute nachmittag angekommen, auf Jarretts Schiff.«
»Bleiben Sie länger bei uns?«
»Das — das weiß ich noch
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