Versuchung
Augen waren eisig.
Ich spürte, wie
meine Hände zu zittern begannen. Die Kälte, die von ihm ausging, legte sich um
mich und schnürte sich wie ein Eisenring um meine Seele.
„Mir ist egal, wer
oder was du bist. Ich liebe dich. Dämon hin oder her.“
Er lachte verächtlich
und wandte sich ab.
„Komm jetzt endlich.
Wir sind fast da.“
Ich spürte, wie mir
übel wurde, doch ich war zu allem entschlossen.
„Nein, ich gehe
hier nicht weg. Bitte ...“, wisperte ich heiser und musste innehalten, weil mir
die Stimme brach.
Sekunden verstrichen,
die sich zu einer Ewigkeit zogen. Schließlich sah er mich erneut an.
„Kannst du die
letzten paar Meter nicht einfach mitkommen und wieder verschwinden?!“ Er atmete
tief durch und fuhr fort: „Du kommst in diese Welt, in der du nichts zu suchen
hast, und ich muss dich durch das ganze Land schleppen, um dich wieder nach
Hause zu bringen. Es ist ja nicht so, als hätte ich eine andere Wahl gehabt.
Eine Hexe, noch dazu eine ehemalige Mitschülerin … Das wäre unweigerlich auf
mich zurückgefallen.“
Ich konnte es nicht
glauben und doch ätzte sich die Bedeutung seiner Worte wie Säure in meinen
Verstand.
„Aber du … hast
gesagt, du würdest mich lieben. Wir haben … wir haben miteinander …“
„Es war eben eine
gute Gelegenheit, nichts weiter. Mir war klar, dass du noch ein bisschen
Überzeugungsarbeit brauchtest, darum die Worte.“
Er klang vollkommen
gleichgültig und unberührt.
Meine Beine wurden
weich, während die Sätze in mir nachhallten. Ich spürte die Tränen an meinen
Wangen hinablaufen.
„Ich habe mich die
ganze Zeit zusammengerissen und versucht, diese Reise einigermaßen erträglich
zu gestalten. Aber verstehe diese Freundlichkeit nicht falsch.“ Er sah mir
direkt in die Augen und ich erkannte ihn nicht wieder. „Um es ganz klar zu
sagen: Ich liebe dich nicht!“
Eine Pause
entstand. Ich fühlte den kalten Regen auf meiner Haut, die Kleider klebten an
mir, meine Haare hingen mir ins Gesicht. Doch alles, was ich spürte, war, dass meine
Welt gerade zerbrach. Meine Tränen mischten sich mit den Tropfen des Regens,
während sich meine Träume in Nichts auflösten. Ich brach auseinander und verlor
mich im alles zerreißenden Schmerz.
„Komm jetzt
endlich.“
Seine Stimme klang
müde und erschöpft, als habe diese Unterhaltung auch ihn unendlich viel Kraft
gekostet.
Ich wusste nicht,
wie ich es schaffte, doch ich setzte mich tatsächlich in Bewegung. Ich sah, wie
er vor mir herlief, und folgte ihm, als würde ich einem längst verlorenen Traumbild
nachjagen. Ich konnte nicht riskieren, dass er einfach vor mir verschwand. Das
konnte ich nicht verkraften. Zwar hallten seine Worte weiterhin in mir nach und
zerfetzten dort alles, doch ich spürte rein gar nichts mehr. Wie in Trance
schritt ich hinter ihm her. Wir schwiegen und ich konnte nicht aufhören zu
weinen. Ich verstand das alles nicht und dennoch dröhnte ein Satz unaufhörlich
in meinem Kopf: „Ich liebe dich nicht!“
Meine Hände waren
taub vor Kälte, ich spürte sie längst nicht mehr. Lediglich die klaffende Wunde
in meinem Herzen vermochte ich zu fühlen. Die Gedanken und Erinnerungen tobten
in mir, mein Kopf war jedoch wie in Watte gehüllt, sodass ich nichts davon
greifen konnte.
Wir kamen auf einen
kleinen, mit groben Steinen gepflasterten Weg, dem wir einige Meter folgten,
bis wir zu einer steinernen Platte gelangten. Ich blieb in einiger Entfernung
davor stehen. Mehrere fremdartige Zeichen und Symbole waren darauf zu erkennen.
„Stell dich auf die
Platte und nenn den Namen der Schule, dann wirst du genau dorthin
zurückgebracht.“ Er klang wirklich erschöpft.
Ich zögerte und
blieb einfach direkt vor ihm stehen.
„Geh jetzt“,
versuchte er es erneut, doch ich schüttelte energisch den Kopf.
„Ich kann nicht“,
brachte ich unter Tränen hervor. Ich sah ihn an und bemerkte, wie sein Blick
sich veränderte. Lag Schmerz darin?
„Ich kann nicht von
dir weg! Nicht so! Wenn ich jetzt gehe, werde ich dich womöglich nie
wiedersehen.“ Mit einem Ächzen fügte ich hinzu: „Das ertrage ich nicht.“
Ich sah zu Boden
und wusste, wie idiotisch meine Worte waren. Er wollte mich nicht und dennoch
versuchte ich, mich an ihn zu klammern. Aber das war mir in diesem Moment so
gleichgültig. Alles, was zählte, war, ihn nicht endgültig zu verlieren und nicht
diesen Schmerz
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