Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)
dieser …«
»Schwerdtfeger, Horst Schwerdtfeger.«
»Ist dieser Herr Schwerdtfeger tatsächlich erschlagen worden? Es gibt immer wieder Unfälle, die aussehen, als ob jemand nachgeholfen hätte. Was genau ist passiert?«
»In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde der Hamburger Gelegenheitsarbeiter …«
»Was ist mit ihm? Hat schon jemand mit seinen Angehörigen gesprochen? Was wollte er in Janekpola? Was hat er mit Jacek zu tun?«
Vaasenburg trank den nächsten Schluck. »Janekpolana«, korrigierte er mich und riskierte damit, dass ich ihm bei nächster Gelegenheit den Hals umdrehen würde.
»Es werden ja wohl kaum polnische Kriminalbeamte in Hamburg ermitteln«, setzte ich nach. »Das machen Ihre Kollegen. Was haben die denn schon herausgefunden?«
»Genau das, was ich Ihnen soeben gesagt habe. Herr Schwerdtfeger ist mit einer beachtlichen Menge Bargeld nach Polen gereist und in einem kleinen Dorf mitten in der Nacht getötet worden.«
»Wurde noch etwas außer dem Geld gestohlen? Sein Wagen vielleicht?«
»Er fuhr einen zwölf Jahre alten Mittelklassewagen mit Hagelschaden, den kein Autodieb mit Verstand geknackt hätte. Diese Theorie können Sie beruhigt ad acta legen.«
Er setzte die Tasse ab. »Wo waren Sie eigentlich in der Nacht von Samstag auf Sonntag?«
»Sicher nicht in Janek polana .« Ich gab mir Mühe, Ruhe zu bewahren. Er hatte das Recht, diese Frage zu stellen.
»Genauer, wenn es geht.«
»Ich war im Kino. Ich dachte, in die Ermittlungen mischen Sie sich nicht ein?«
»Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.«
Ich stand auf. »Sie haben keinen Schimmer, wo Frau Hoffmann steckt. Glauben Sie mir, wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.«
»Ich weiß.« Er nickte. »Und Sie würden sich anders verhalten. Ich muss Ihnen als Anwalt nicht erklären, wie wichtig es ist, dass Frau Hoffmann sich den Behörden stellt. Wenn sie also Kontakt mit Ihnen aufnimmt oder Sie sie finden, sagen Sie ihr das.«
Ich beugte mich vor und stützte mich mit beiden Händen auf der Schreibtischplatte ab. »Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass sie sich vielleicht gar nicht stellen kann?«
Er drehte den Monitor weg, damit ich keinen Blick darauf werfen konnte.
»Sie ist seit drei Tagen vermisst«, fuhr ich fort. »Ihr Handy wurde auf einem Friedhof in irgendeinem gottverlassenen Kaff gefunden. Ihr Freund sitzt im Knast und redet unzusammenhängendes Zeug. Kommen Sie mir bloß nicht mit einem europäischen Haftbefehl. Was ist da drüben los?«
Er antwortete nicht.
»Und warum Mord? Geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner? Herr Vaasenburg! Ich rede mit Ihnen!«
Sein Gesicht mit den tiefen Falten um den Mund wurde noch eine Spur abweisender.
»Frau Hoffmann hat in diesem Jahr Privatinsolvenz angemeldet.«
Ich richtete mich auf. Das wurde ja immer besser. Warum zum Teufel hatte sie mir nichts davon gesagt?
»Dreißigtausend Euro. Mietschulden. Verbindlichkeiten. Zweimal ist sie auf den Gerichtskosten sitzen geblieben, weil sie für Mandanten gebürgt hat.«
Das war typisch Marie-Luise. Immer die anderen und sie selbst zuletzt. Es hatte mich fast in den Wahnsinn getrieben.
»Gut. Sie hat Schulden. Und weiter?«
»Herr Schwerdtfeger hatte dreißigtausend Euro in bar bei der Hamburger Sparkasse abgehoben, zwei Tage bevor er nach Polen gereist ist.«
»Eine Menge Geld für einen Gelegenheitsarbeiter.«
»Damit ist er nach Zielona Góra gefahren und dort in einem Hotel abgestiegen. Das Geld hat er in einem Umschlag gegen Quittung im Safe verwahrt.«
»Und?«
»Am Abend vor seinem Tod hat er den Umschlag abgeholt. Er ist nach Janekpolana gefahren und erschlagen worden. Von dem Geld fehlt bis heute jede Spur.«
»Hat er es vielleicht in ein Spielcasino getragen? Vielleicht lag er zu oft daneben, daraufhin fängt er Ärger an, und schon ist es passiert. Oder er wollte pinkeln, steigt aus, jemand nutzt die Gelegenheit und schlägt ihn nieder. Es gibt tausend Möglichkeiten.«
»Die hat die Spurensicherung ausgeschlossen. Es bleiben nur zwei. Entweder war es Jacek Zieliński oder Marie-Luise Hoffmann. Wahrscheinlich, so vermuten die polnischen Behörden, beide gemeinsam.«
»Er hat sie angegriffen, und Jacek ist dazwischengegangen. Dann war es Notwehr.«
»In dem Fall fehlt immer noch das Geld.«
Ich sah ihn an. Ich wusste, dass er in diesem Moment seinen Job hasste.
»Es ist nicht mehr mit Totschlag getan«, sagte er leise.
Ich nickte. Marie-Luise steckte bis über beide
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