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Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Versunkene Gräber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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wie einmal die Nachbarsjungen seinen Roller …«
    »Mutter?«, unterbrach ich sie. »Noch etwas Schlagsahne?«
    Sie verstand und lehnte ab.
    »Krystyna hat Herrn Schwerdtfeger gekannt?«, fragte ich.
    »Hieß er so?« Die Brillenschlange wandte sich an Trautwein, der dazu allerdings nichts sagen konnte. »So ein kräftiger, dunkler Mann. Er sieht seinem Vater sehr ähnlich. Während die beiden anderen wohl eher nach der Mutter kommen. Schöne Menschen. Wirklich schöne Menschen.«
    »Nun ist also auch Frau Nowak tot«, brachte ich das Gespräch zurück aufs Wesentliche. »Eine Tragödie jagt die andere.«
    »Hoffentlich nicht.« Trautwein machte eine kurze Pause und tupfte sich unsoldatisch den Mund mit einer geblümten Papierserviette ab. »Wobei ich in diesem Fall doch noch die eine oder andere Frage hätte.«
    »Tatsächlich?« Mutter führte die Teetasse an den Mund, und einen Moment lang erinnerte sie mich an die Queen, eine etwas jüngere Queen vielleicht, die beim High Tea mit dem neusten Palastklatsch versorgt wird.
    »Ja. Sie war im Keller.«
    »Im Keller? Was ist denn dort unten?«
    »Nun, dort liegen die Weinflaschen. Und die Sonnenschirme, die gerade nicht benötigt werden. Und …«
    Wir steckten die Köpfe noch enger zusammen.
    »… die Sachen all derer, die vor uns gegangen sind.«
    Er fuhr mit seiner Gabel in die Erdbeersahnetorte, bajonettierte ein viel zu großes Stück und schob es sich in den Mund.
    »Die Hinterlassenschaften, meinen Sie? Werden die denn nicht abgeholt?«, fragte Mutter.
    Trautwein kaute, schluckte und spülte dann mit dem Rest seines Kaffees nach. »Eigentlich schon. Doch im Falle von Herrn Hagen wohl nicht. Ich nehme an, und das sage ich Ihnen unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit, dass Frau Nowak sich an den Sachen vergriffen hat. Herr Hagen war mit einer Camerer verheiratet. Camerer? Na, klingelt’s? Präzision aus Leidenschaft .«
    »Sie hat geklaut«, stellte Hüthchen fest. »Kommt das hier öfter vor?«
    »Nein. Nein! Glauben Sie mir, das gesamte Personal ist in höchstem Maße vertrauenswürdig. Dennoch würde ich Ihnen raten, Ihre Wertsachen in den Safe zu legen. Man kann nie wissen. Einbrecher machen auch vor höheren Stockwerken nicht Halt.«
    »Einbrecher?«, japste Hüthchen entsetzt.
    Die Idee hätte ich auch haben können. Komm alten Damen nicht mit Mord, komm ihnen mit Einbruch. Dann wären die Koffer und Damen schon längst wieder auf dem Weg zurück nach Mitte.
    »Keine Sorge.« Herr Trautwein strich über die Serviette, die er sich in den Hemdkragen gesteckt hatte. »Ich wohne ja auf demselben Flur. Außerdem ist das Gelände gut bewacht. Ich habe mich erkundigt. Die meisten Menschen legen Wert auf Komfort. Aber ich sage immer: Wichtiger ist die Sicherheit. Und hier sind Sie sicher.«
    »Das hat Frau Nowak wohl auch gedacht«, sagte ich. »War sie nicht die Pflegerin von Herrn Hagen? Dann wusste sie, was ihm gehört hat und im Keller gelagert ist.«
    Trautwein durchbohrte mich mit seinem Blick. »Man soll nichts Böses über die Toten sagen.«
    »Ich weiß. Trotzdem bevorzuge ich, bei der Wahrheit zu bleiben.«
    »Da hätten Sie aber wenig Freude bei Ihrer Beerdigung«, giftete Frau Huth. Sie hatte ihren Streuselkuchen aufgegessen und sah sich um, ob an anderen Tischen schon der Nachschlag verteilt wurde.
    »Was meinen Sie damit?«, wandte Trautwein sich an mich. »Kannten Sie Frau Nowak?«
    »Ich habe mir doch diese Einrichtung hier angesehen. Sie hat mich dabei begleitet. Wir haben über den alten Hagen geredet. Dabei kam heraus, dass sie ihm die Kekse besorgt hat, an denen er erstickt ist.«
    »Welche Kekse?«
    »Die Schokoladenkekse. Er hat doch so gerne Süßes gegessen.«
    Trautwein widmete sich nachdenklich seinem Kuchen. »Das ist merkwürdig«, sagte er schließlich. »Mir hat man gesagt, er hätte sie gestohlen.«
    Oha. Abgründe taten sich auf.
    »Sie meinen«, fragte ich leise, als suchte ich nach Worten, um diesen Gipfel an Verworfenheit zu beschreiben, »die Bewohner stehlen sich hier gegenseitig die Süßigkeiten?«
    »Fragen Sie Frau Reichert, wenn sie wieder ansprechbar ist. Die Arme hat schon genug mitgemacht. Sie ist hundertprozentig der Überzeugung, dass Hagen nachts in ihrem Zimmer war und ihr die Kekse ganz hinten aus der Schreibtischschublade gestohlen hat. Würde man nicht täglich mit ungesühnten Abscheulichkeiten in aller Welt konfrontiert, könnte man glatt sagen, die Vergeltung folgte auf dem Fuß.«
    Er säbelte

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