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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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verschwunden und hätte bei den Nowaks vorbeigeschaut, die ausfindig zu machen in so einem kleinen Ort kein Problem gewesen wäre. Vielleicht wäre noch Zeit gewesen, Jacek kurz Guten Tag zu sagen und mit ihm darüber zu reden, wie es mit seinem Vater weitergehen würde und ob er sich vorstellen konnte, was sie sehr hoffte, ihr Mareks Vertretung anzuvertrauen.
    » Kochanie  – Schatz?« Ihre Mutter stand hinter ihr und hielt ihr ein Paar Pantoffeln entgegen.
    Sie nickte ihr dankbar zu, ließ sie auf die Erde fallen und schlüpfte hinein.
    »Falls die Nowaks mit Ihnen reden«, fuhr er unbeeindruckt fort, »versuchen Sie bitte auch herauszufinden, ob sie etwas über die Art und Weise wissen, in der das Eigentum auf die neuen Besitzer, die Zielińskis, übertragen worden ist. Ich denke, in diesen kleinen Dörfern wird man über die osada und den Weinberg geredet haben.«
    »Sie meinen nach dem Potsdamer Abkommen?«
    »Ja. Eventuell auch davor. Kurz davor.«
    »Das ist ein ganz heikles Thema.«
    »Ich weiß. Dennoch muss es angesprochen werden.«
    Sie schüttelte eine Zigarette aus dem Päckchen und zündete sie sich umständlich an.
    »Wegen des Grundbucheintrages? Ist er das Mordmotiv?«
    Dieses Szenario beschäftigte sie mindestens so sehr wie Vernau. Konnte eine Situation derart eskalieren, dass sie in Mord und Totschlag endete? Sie rief sich Marek Zieliński ins Gedächtnis, diesen dünnen, verwirrten alten Mann. Kein milder Mensch, meinte sie zu erkennen. Ein introvertierter Eigenbrötler, der viel zu lange von seinem Sohn allein gelassen worden war und sich in seine Wolfshöhle hinter den alten, nutzlosen Türen zurückgezogen hatte. Wenn dann jemand wie Horst Schwerdtfeger auftauchte, bullig, groß, vielleicht wütend und unbedacht – es könnte durchaus zu einer Auseinandersetzung gekommen sein. Das löste allerdings noch nicht die Frage, was Schwerdtfeger nachts auf dem Friedhof zu suchen gehabt hatte und warum Marek ihm gefolgt war. Vielleicht würden sie es nie erfahren. Der Mann redete wirr, und er schien große Angst vor dem Deutschen gehabt zu haben.
    »Sinter hat die Daumenschrauben angesetzt und Schwerdtfeger als trojanisches Pferd vorgeschickt. Wir müssen über zwei Tatbestände Klarheit erlangen: zunächst darüber, was Schwerdtfeger in Janekpolana wollte, und dann, warum Sinter ihn dorthin geschickt hat. Der eigentliche Grund.«
    »Sie meinen, es ging gar nicht ums Haus?«
    »Nein. Es geht um den Zugang zum Haus. Deshalb ist es auch so wichtig zu erfahren, was geschehen ist, als die Hagens die Siedlung verlassen haben.«
    »Wie soll ich das denn herausfinden?«
    »Gibt es nicht irgendwelche Archive? Kirchenbücher? Irgendjemand, der sich noch an die Hagens erinnert?«
    »Das ist unwahrscheinlich. Sehen Sie, die Umsiedelung ist damals nicht geordnet verlaufen. Das war, selbst wenn man den besten Willen zum Maßstab genommen hätte, nicht zu leisten. Bis neunzehnhundertsiebenundvierzig mussten fast alle Deutschen das Land verlassen.«
    »Fast alle? Also sind einige geblieben?«
    Zuzanna warf einen Blick ins Haus. Sie wollte nicht, dass ihre Mutter mitbekam, worüber sie redete. Weronika konnte ein paar Brocken Deutsch. »Gezwungenermaßen«, sagte sie leise. »Ja, es ist nicht gerade ein Ruhmesblatt unserer Geschichte. Aber einige mussten bleiben und mithelfen, die gesamte Infrastruktur aufzubauen. Erst danach durften sie gehen.«
    »Und dann?«
    »Es gab mehrere Ausreisewellen. In den siebziger Jahren war das vorerst beendet. Ihr Eigentum wurde als sogenanntes verlassenes oder herrenloses Gut konfisziert. Erst in den neunziger Jahren hat man die verbliebene deutsche Minderheit anerkannt.«
    »Also sind nicht alle sofort ausgereist, umgesiedelt oder vertrieben worden. Was ist mit diesen Leuten passiert?«
    »Die wurden damals, wohlgemerkt, wir reden von damals, von der Zeit während und nach dem Ende des Krieges, polonisiert. Sie bekamen polnische Vor- und Zunamen. Die Verwendung der deutschen Sprache war untersagt. Das hat sich heutzutage geändert, glücklicherweise. Vergessen Sie bitte nicht den historischen Kontext. Die Alliierten hatten das zur Bedingung gemacht. Die wiedererlangten Gebiete sollten vor einer erneuten Kontrolle durch die Deutschen geschützt werden. Das konnte nicht mit einer polnischen Besatzung gelingen, sondern nur durch eine vollständige Eingliederung in das neue Polen.«
    Er schwieg.
    Okay, ich klinge wie eine Lehrerin vom Lyzeum. Es ist aber auch ein schwieriges Thema

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