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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Deutschland, um dort zu arbeiten. Wer in Berlin einen Job fand, hatte noch Glück. Wer sich aus Warschau, Lodz oder Lublin aufmachte und irgendwo in Westdeutschland landete, schaffte es oft noch nicht einmal, übers Wochenende zurück zu seiner Familie zu fahren.
    Wofür das alles?, fragte sich Zuzanna nicht zum ersten Mal. Die Möbel in diesem Wohnzimmer waren recht neu. Ein großer Flachbildschirm stand auf einer niedrigen Fernsehkommode. Die Kinder waren topmodisch gekleidet. Sie selbst wohnte in Poznań zur Untermiete und in Zielona Góra bei ihren Eltern. Irgendwann würde es besser werden, hatte sie sich immer wieder gesagt. Wie oft musste Krystyna diesen Gedanken gehabt haben, wenn sie Mann und Kinder allein gelassen hatte, um in Berlin zu arbeiten? Und wann wurde aus besser werden genug?
    »Ich wünsche Ihrer Mutter von Herzen Frieden. Bitte glauben Sie mir das. Es kann nicht in Ihrem Sinn sein, dass ein Mord in Ihrer direkten Nachbarschaft, nur ein paar Kilometer weiter, ungesühnt bleibt. Vielleicht hat Ihre Mutter etwas gesehen oder gehört und hier, im Kreis ihrer Familie, darüber gesprochen.«
    Während sie mit Lenka redete, hörte sie, wie Zygfryd tief Luft holte, doch es war nur ein abgrundtiefer Seufzer.
    »Ich habe Krystyna nicht gekannt«, fuhr sie fort. »Aber sie hat sich aufopferungsvoll um hilflose Menschen gekümmert. Wäre sie noch am Leben, würde sie bestimmt alles tun, um uns zu helfen.«
    Oder nicht? Michal sah sie gar nicht mehr an. Zygfryds Miene war wie in Stein gemeißelt. Die Einzigen, die offen ihre Gefühle zeigten, waren die Kinder. Sie sind nicht eingeweiht, schoss es ihr durch den Kopf. Sie wissen von nichts. Wie alt mochten sie sein? Siebzehn? Achtzehn? Dann waren sie alt genug, unangenehme Wahrheiten zu verkraften. Oder Michal sollte sie rausschicken. Wenn Krystyna sich auf eine Dummheit eingelassen hatte, dann mussten jetzt die Karten auf den Tisch.
    »Horst Schwerdtfeger ist vor gut zwei Monaten zu Jacek Zieliński gekommen. Er wollte sich das Haus und den Weinberg ansehen, hat aber offenbar nicht gefunden, was er suchte. Wenig später ist der alte Hagen im Heim gestorben. Krystyna war bei ihm.«
    Michal schüttelte den Kopf, als ob er das alles nicht hören wollte.
    »Letzte Woche kommt Schwerdtfeger noch einmal nach Janekpolana und wird auf dem Friedhof erschlagen. Krystyna hat einen Arbeitsunfall. Das sind mittlerweile drei Tote in recht kurzer Zeit. Und es scheint, es wurde noch immer nicht gefunden, was alle suchen.«
    Michals Schultern begannen zu beben, das war die einzige Reaktion.
    »Haben Sie gewusst, dass Verwandte von Hagen Marek und Jacek mit einer Enteignung gedroht haben? Einer Rückabwicklung zugunsten der früheren Besitzer?«
    Zygfryd mahlte mit dem Unterkiefer, als ob Zuzannas Worte Kieselsteine wären.
    »Was ist so wichtig an Janekpolana? Warum mussten drei Menschen sterben?«
    »Es war ein Unfall!«, platzte es aus Lenka heraus. »Was wollen Sie? Meine Mutter hat nichts Unrechtes getan! Nie!«
    »Aber sie hat doch bestimmt etwas gehört oder gesehen. Was? Hat sie darüber gesprochen? Ist Ihnen etwas aufgefallen in den letzten Wochen? Oder war Krystyna vorsichtig?«
    Sie sah in die Runde.
    »War sie vorsichtig?«
    »Nein!«, schrie Michal und sprang auf. Es gab nicht viel Platz in diesem vollen Zimmer, sodass er nur wenige Schritte auf und ab laufen konnte. »Sie war nicht vorsichtig! Ich habe ihr gesagt, lass es sein. Wirf es weg. All diese alten Geschichten, es kommt nichts Gutes dabei heraus. Nichts Gutes.« Er vergrub das Gesicht in den Händen. Seine Schultern zuckten.
    Lenka fuhr sie an. »Das haben Sie nun davon. Gehen Sie. Hauen Sie ab! Es war ein Unfall! Ein Unfall!«
    Sie umarmte ihren Vater. Der umklammerte sie wie ein Ertrinkender. Lenka sah Zuzanna hasserfüllt an. Da siehst du, was du angerichtet hast, sollte dieser Blick sagen. Sie führte ihren Vater aus dem Zimmer. Damit blieben nur noch Zygfryd und Tom. Der Junge hatte die Hände gefaltet und ließ nervös die Daumen kreisen. Plötzlich sprang er auf und folgte den beiden anderen. Er tat es so hastig, als wäre er auf der Flucht.
    »Gut«, sagte Zuzanna. »Ich gehe. Wenn Sie alle hundertprozentig der Überzeugung sind, dass es ein Unfall war, dann gehe ich.«
    Sie wartete, aber Zygfryd erhob keinen Einspruch.
    »Marek Zieliński wird des Mordes angeklagt und verschwindet für immer in der Psychiatrie. Dann wird es so sein. Entschuldigen Sie die Störung.«
    Sie wollte aufstehen. In

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