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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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nicht, wie sie anfangen sollte. »Ich entschuldige mich noch einmal für die Störung. Ich würde Sie nicht in Ihrer Trauer aufsuchen, wenn ich nicht einige wichtige Fragen hätte.«
    »Stimmt was nicht?«, fragte Lenka.
    Es waren dieselben Worte, die ihr Nachbar oben an der Straße benutzt hat. Das Mädchen hatte einen schnippischen, aggressiven Ton, den Zuzanna ihr auf der Stelle verzieh.
    »Nein. Doch. Also, es geht um einen Mann, den Krystyna Nowak in dem Heim betreut hat, in dem sie zuletzt arbeitete.«
    Sie holte tief Luft, um zu einer langatmigen Erklärung anzusetzen, da sagte Zygfryd: »Sie sind wegen dem Unfall hier?«
    Alle Köpfe wandten sich ihm zu. Zuzanna sah ihn erstaunt an. Das ging ja schneller, als sie erwartet hatte. Zygfryd nickte den anderen beruhigend zu, als ob er ihre Einwürfe schon im Vorfeld abwehren wollte. Lasst mich nur machen, sollte das heißen. Ich habe die Sache im Griff.
    »Ja«, antwortete Zuzanna gedehnt.
    »Und?«
    »Wie?«
    »Was haben Sie mitgebracht?«
    Sie hob entschuldigend die Hände. »Nichts. Ich habe nur ein paar Fragen …«
    »Dann gehen Sie am besten gleich wieder. Und wagen Sie nicht, noch einmal mit leeren Händen hier aufzutauchen. Meine Enkelin hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Für diesen Unfall muss jemand geradestehen. Sagen Sie das Ihren Auftraggebern.«
    Alle Blicke richteten sich auf Zuzanna. Die Feindseligkeit stand beinahe greifbar im Raum. Was erwarteten diese Leute von ihr? Hätte sie Geld mitbringen sollen? Ein Grabgesteck? Ein Gesprächsangebot von Krystynas Arbeitgeber? Sie versuchte, sich von den Reaktionen nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen.
    »Es tut mir leid, aber ich verstehe Sie nicht.«
    Michal versuchte ein bitteres Lachen, es misslang.
    »Ich vertrete Marek und Jacek Zieliński.«
    »So. Sie kommen gar nicht von Krystynas Arbeitsstelle?«, fragte der alte Mann. »Was wollen Sie dann von uns?«
    »Es geht um den Mord in Janekpolana letzte Woche.«
    Die Rothaarige wollte aufstehen, vielleicht diskret den Raum verlassen. Ihr Mann hielt sie zurück. Wahrscheinlich war das der Moment, in dem es für alle extrem spannend wurde. Da wollte man nicht diskret sein. Da wollte man kein Wort verpassen.
    Zygfryd blieb vorsichtig. Er wägte jedes seiner Worte genau ab. »Wir haben davon gehört.«
    »Dann wissen Sie auch, dass der Tote der uneheliche Sohn von Helmfried Hagen war. Mir geht es nicht um Vereinbarungen.« Sie lächelte vertrauenerweckend. »Ich will Marek helfen. Und seinem Sohn. Wenn ich Sie so ansehe, könnte ich mir vorstellen, dass Sie einen Rat ebenfalls gut gebrauchen könnten.«
    Es wurde so still, dass Zuzanna das Ticken der Uhr in der Eichenanbauwand hören konnte.
    »Okay. Erinnern Sie sich an etwas Ungewöhnliches? Hat Krystyna Ihnen etwas erzählt, das sie beunruhigt hat? Oder hat Hagen mit ihr über Janekpolana gesprochen?«
    »Wir müssen gehen.« Die Rothaarige entwand sich dem Griff ihres Mannes.
    Sie stand auf und wartete, dass die anderen Externen es ihr nachmachen würden. Mit mürrischem Gesicht folgten erst ihr Mann, dann die zweite fremde Frau und deren Gatte. Sie verabschiedeten sich mit Küssen und Umarmungen von den Kindern, mit Händeschütteln und Schulterklopfen von den Herren. Die Frauen versprachen, alles für die Trauerfeier zu arrangieren, auch ihre Männer boten Hilfe an. Wohl nicht zum ersten Mal, denn Michal winkte ungeduldig ab. Lenka brachte sie zur Tür. Als sie zurückkehrte, blieb sie stehen und starrte feindselig auf Zuzanna herab.
    »Ich muss leider noch einmal auf Krystyna und Herrn Hagen zurückkommen«, begann sie, wurde aber von Lenka sofort unterbrochen.
    »Das ist ein Haus in Trauer. Verstehen Sie? Unsere Mutter hat rund um die Uhr gearbeitet, oft sogar das Wochenende durch. Sie hat immer davon geträumt, einmal auszuschlafen. Einmal ausschlafen! Und wenn sie Urlaub hatte, hat sie Oma gepflegt. Rund um die Uhr! Mich interessieren diese Leute in Janekpolana nicht. Kann sie nicht wenigstens jetzt Frieden haben?«
    Der Vorwurf war nicht nur gegen Zuzanna gerichtet, und sie nahm ihn auch nicht persönlich. Michal saß stumm da, die Unterarme auf die Knie gelegt, ein gebrochener Mann, an dem die Vorwürfe seiner Tochter abprallten. Wahrscheinlich hatte es diese Diskussionen schon lange gegeben. Der Bootsverleih dürfte nicht allzu viel abwerfen, das Fischen in der Odra erst recht nicht. Krystyna hatte ihre Familie über Wasser gehalten. Viele Männer und Frauen gingen nach

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