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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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diesem Moment fuhr seine Hand vor und hielt sie fest.

34
    »Und?«
    Die contessa setzte das Glas ab, schwenkte es sacht in der Hand und sah mich erwartungsvoll an. Ich sollte jetzt wahrscheinlich etwas über granatrote Tränen und rassige Finesse murmeln, dazu den Abgang lobend erwähnen und den Duft von Veilchen oder Brombeeren nicht vergessen. Alle Rotweine schmeckten offenbar nach Brombeeren oder Steinpilzen oder sonstigem Obst und Gemüse.
    »Gut«, sagte ich stattdessen.
    Sie hatte einen 2006er Ribera del Duero bestellt, nachdem ich ihr die Weinkarte überlassen hatte. Ich hoffte, dass sie vom Einkommen eines Anwalts eine realistische Vorstellung hatte.
    »Glauben Sie nicht, ich würde die Kostbarkeiten, die ich versteigere, auch trinken. Aber ab und zu darf ich zu einer Weinverkostung im kleinen Kreis. Da lernt man, das Gute vom Besonderen zu unterscheiden.«
    Wir waren in einem kleinen, aber sehr renommierten Weinlokal am Savignyplatz. Vor uns standen eine Käseauswahl und ein Korb mit frischem Weißbrot.
    »Versuchen Sie mal den Brillat-Savarin. Er ist köstlich.«
    Sie lächelte mich an. Ihre Umgangsformen, ihr gesamtes Auftreten ließen auf einen hervorragenden Schliff schließen. Wahrscheinlich hatte sie ihn an der Seite ihres ersten Gatten erhalten. Ich überlegte, ob ich bei einer Heirat mit einer italienischen contessa , egal ob echt oder nicht, meinen Namen behalten würde.
    »Entschuldigen Sie mich kurz. Ich bin gleich wieder da. Und dann reden wir.«
    Sie stand auf und lief zu den Waschräumen, als wäre der schmale Gang zwischen den Tischen mit den rot-weiß karierten Tischdecken ein Laufsteg. Ich vertrieb mir die Zeit bis zu ihrer Rückkehr, indem ich die Hälfte des Käses und das gesamte Brot aufaß. Als sie wiederkam, duftete sie nach Chanel Nº 5.
    Sie ließ sich vom Kellner etwas Wein nachgießen, und ich bestellte Brot. Dann strich sie ihre Haare zurück, die so glatt und glänzend waren wie dunkle Seide. Nicky war eine schöne Frau. Winzig kleine Fältchen in ihren Augenwinkeln verrieten, dass sie Ende zwanzig sein mochte. Sie trug dezente Perlenohrstecker und mehrere goldene, aber keinesfalls auffällige Ringe. Ihr Gesicht war von einer im Sommer unüblichen Blässe, doch das konnte auch am schlechten Wetter liegen.
    Die ganze Zeit hatte ich überlegt, wie ich sie am besten aufs Glatteis führen konnte. Doch je länger ich ihr gegenübersaß, desto schwerer fiel mir diese Strategie. Sie wirkte offen und aufrichtig. Vielleicht hatte sie keine Ahnung, auf was sie – oder John oder Sabine – sich mit Sinter eingelassen hatte.
    »Johannishagen«, begann ich. »Heute heißt es Janekpolana. Der Weinberg wird wieder bewirtschaftet.«
    »Oh, davon habe ich gehört. Natürlich wird dort nie ein Grand Cru wachsen, aber ich hoffe, dass die Gegend an ihre alte Tradition anknüpfen kann. In Sachsen wird ganz Hervorragendes geleistet. Warum sollte das nicht auch in Schlesien gelingen?« Sie lächelte mich herzenssüß an und trank einen Schluck Wein. »Wir beobachten das mit großem Interesse. Sie sagten, es gibt neue Entwicklungen?«
    Ich überlegte, mit welcher Eröffnung ich am wenigsten verraten und ihr am meisten entlocken konnte.
    »Marek Zieliński wurde festgenommen.«
    Sie hob fragend die Augenbrauen. »Wer ist das?«
    »Ihm und seinem Sohn Jacek gehört das Gut. Oder die Siedlung, wie es heißt. Die osada Janekpolana .«
    » Osada Janekpolana. Das klingt hübsch. Fast schon argentinisch. Auf die osada .«
    Sie hob ihr Glas und stieß mit mir an, stellte es jedoch, ohne zu trinken, wieder ab. »Wie heißt der Weinberg?«
    »Früher einmal Johannishagener Nickerchen. Muss man Weinen solche Namen geben?«
    »Nein. Das war eine Mode und ist vorbei. Heute reichen Winzer, Jahrgang und Traube. Kenner wissen dann schon, was sich dahinter verbirgt. Das Johannishagener Nickerchen dürfte wahrscheinlich dieselbe Klassifizierung gehabt haben wie der Oppenheimer Krötenbrunnen oder die Liebfrauenmilch. Haben Sie ihn probiert?«
    »Das Nickerchen? Nein. Aber den jungen Wein von den jungen Reben. Er ist hervorragend.«
    »Vielleicht sollte ich einmal einen Scout dorthin schicken? Die Sommeliers mancher Restaurants sind ständig auf der Suche nach Neuheiten. Schlesischer Wein könnte ein Hit werden.«
    »Herr Zieliński würde sich freuen. Woher können Sie so gut Deutsch? Sie sprechen ohne Akzent.«
    »Das war harte Arbeit, glauben Sie mir. Ich kam als Veronika Franziska in einer holsteinischen

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