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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Tabakdose verwechseln.«
    »Genau das wäre aber dein Job.«
    Mutter versuchte, sich zu Marie-Luise umzudrehen. »Ist es denn wirklich so schlimm? Sie werden richtig gesucht?«
    »Schlimmer«, sagte ich düster. Ich setzte den Blinker und parkte am Straßenrand zwischen all den Karossen, die hier zum Kauf angeboten wurden. Dann wandte ich mich an die renitenten Hinterbänkler. »Ich habe es euch nun schon hundertmal erklärt. Sie muss für eine Weile von der Bildfläche verschwinden. Ich muss etwas über den alten Hagen herausfinden. Ihr beide seid die Einzigen, die uns helfen können. Außerdem ist das mein Muttertagsgeschenk. Nachträglich.«
    Hüthchen stieß einen verächtlichen Laut aus. »Ins Heim. Ein schönes Geschenk.«
    »Nur für ein paar Tage.« Am liebsten hätte ich sie gewürgt. »Das kostet mich für euch drei zusammen in zwei Zimmern zweihundertzwanzig Euro.«
    »Was?«, entfuhr es meiner Mutter. »Pro Person?«
    Nein, wollte ich sagen, aber dann zuckte ich nur bescheiden mit den Schultern. Es war trotzdem ein harter Brocken. »Ich sagte doch: Luxus. Wie im Hotel. Mit Vollpension. Wenn wir uns beeilen, kommt ihr noch rechtzeitig zur eleganten Teestunde. Fräulein Mathilde wird euch anschließend zur Verdauung etwas im Park spazieren führen.«
    Das Fräulein schüttelte den Kopf bei diesen Aussichten und motzte düster dreinblickend vor sich hin.
    »Abgesehen davon«, zog ich die Daumenschrauben weiter an, »habe ich im Voraus bezahlt. Das Geld ist verloren, ich bekomme es nicht wieder.«
    Wer Eltern aus der Kriegsgeneration hat, der weiß, dass Vergeudung eine Todsünde ist.
    »Er liefert uns ab und wird uns vergessen!«, prophezeite Hüthchen.
    »Nein. Nicht bei achttausend Euro im Monat für euch beide zusammen.«
    Frau Huth riss die Augen auf. Mutter schlug die Hand vor den Mund.
    »Acht… achttausend Euro?«
    »Monat für Monat. Wenn wir das Zweizimmerapartment nehmen, und davon gehe ich aus. Ihr wollt doch nicht ins Gerede kommen, oder? … Frau Huth, sosehr ich Sie schätze, seien Sie versichert, dass ich Sie so schnell wie möglich dort wieder heraushole. Und meine Mutter ebenso. Ich verspreche Ihnen hoch und heilig, Sie werden niemals ins Haus Emeritia einziehen.«
    Frau Huth begriff. Langsam, aber sie begriff. Auch Mutter bekam nun ansatzweise eine Vorstellung von der prekären Lage. Meiner prekären finanziellen Lage.
    »Ja dann«, sagte sie. »Wenn er schon bezahlt hat …«
    Hüthchen verschränkte die Arme vor der Brust. »In Gottes Namen«, quetschte sie hervor. »Aber nur dieses eine Wochenende.«
    »Gut.« Ich startete den Wagen und fädelte mich wieder in den Verkehr ein. »Du, Mutter, kennst den alten Hagen aus Johannishagen. Kannst du dir das merken?«
    »Hagen und Johannishagen ist ja so schwer nun auch wieder nicht.«
    »Genau. Du warst aber noch sehr klein, kannst dich daher an wenig erinnern.«
    »Nur an das handbestickte Schnupftuch«, warf Marie-Luise ein. Dieses Detail meiner Erzählung hatte es ihr besonders angetan. In jedem zweiten Satz hackte sie darauf herum. »Hättest du nicht so einen Unsinn erzählt, müssten wir uns jetzt nicht auch noch darüber den Kopf zerbrechen.«
    Herr, gib mir Geduld .
    »Ich fahre fort. Der kleine Helmfried mit den kurzen Hosen, so hast du ihn in Erinnerung. Wer nachfragt, kriegt einen deiner waidwunden Blicke und ein gehauchtes ›Bitte nicht, die Erinnerungen lasten zu schwer‹. Oder so ähnlich.«
    Mutter nickte. Mit Hauchen und schmerzlichen Erinnerungen kannte sie sich aus.
    »Er hatte Parkinson. Ich glaube, mit seinem Krankheitsverlauf war etwas faul. Oder die Ärzte haben übersehen, wie krank er schon war. Finde raus, wer ihn behandelt hat. Außerdem will ich die Gerüchte erfahren. Wer hat den alten Hagen besucht? Wie oft kamen seine Söhne? War auch die Tochter mal da? Wie war das Verhältnis untereinander? Jede Einzelheit, jede kleine Begebenheit interessiert mich. Du bekommst zusätzlich zweihundert Euro Taschengeld.«
    »Nein! Das ist doch alles schon so teuer.«
    »Nicht für dich. Damit schmierst du das Personal. Allen voran Krystyna Nowak. Eine blonde, schlanke Frau Ende dreißig. Sag ihr, wie tragisch das alles ist, dass du zu spät gekommen bist. Du hättest Helmfried Hagen so gerne wiedergesehen. Du hast ihn geliebt, vergiss das nicht. Es ist deine große, große Tragödie … Mutter?«
    Sie hatte wieder das Taschentuch in der Hand.
    »Was ist?«
    »Es ist tragisch. Wenn dem Herrn etwas zugestoßen ist, was ihm

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