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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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ver­nach­läs­sigt und hör­te dann schließ­lich ganz auf. Es reich­te, daß die Be­hand­lun­gen funk­tio­nier­ten – daß sie so au­ßer­or­dent­lich wir­kungs­voll zu funk­tio­nie­ren schie­nen. Ver­mut­lich wür­den die Un­s­terb­li­chen die For­schung mit ei­ner für sie völ­lig un­cha­rak­te­ris­ti­schen Hast wie­der auf­neh­men, wenn es im Jahr tau­send zu ei­nem plötz­li­chen De­ge­ne­ra­ti­ons­aus­bruch käme. Doch das Jahr tau­send lag noch weit in der Zu­kunft, selbst für die äl­tes­ten Un­s­terb­li­chen, und ich le­be dann längst nicht mehr, um ih­nen mit wei­te­ren Un­ter­su­chun­gen hel­fen zu kön­nen.
    Ich kann­te die grund­le­gen­den Struk­tu­ren der mensch­li­chen Phy­sio­lo­gie vor der Be­hand­lung, und die Ein­zel­hei­ten stan­den auf Band zur Ver­fü­gung. Ich kann­te die grund­le­gen­den Struk­tu­ren der Nach­be­hand­lungs-Phy­sio­lo­gie, und auch hier wa­ren die Ein­zel­hei­ten ver­füg­bar. Und ich be­saß mei­nen ei­ge­nen klei­nen Da­ten­schatz aus ganz per­sön­li­chen Er­fah­run­gen vor, wäh­rend und nach den Be­hand­lun­gen. Ich hät­te in der La­ge sein sol­len, die Grün­de mei­ner Re­sis­tenz ge­gen­über der Im­mor­ta­li­tät her­aus­zu­fin­den. Höl­le und Ver­damm­nis: Die Wis­sen­schaft­ler und Ärz­te auf Ter­ra hät­ten sie her­aus­fin­den müs­sen. Ih­re Un­ter­su­chun­gen und Tests und Ana­ly­sen wa­ren si­cher­lich um­fang­reich und de­tail­liert ge­nug.
    Doch die Auf­zeich­nun­gen of­fen­bar­ten kei­ne of­fen­sicht­li­che An­oma­lie, was mei­nen Kör­per be­traf. Es wa­ren schon Leu­te er­folg­reich be­han­delt wor­den, de­ren Ab­wei­chung von der fik­ti­ven Norm weitaus grö­ßer als bei mir ge­we­sen war. Mei­ne Nach­be­hand­lungs­da­ten zeig­ten ei­ni­ge leich­te Ver­än­de­run­gen, die viel­leicht – oder viel­leicht auch nicht – auf ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Stei­ge­rung mei­ner Le­bens­er­war­tung im Ver­gleich zu der Norm vor der For­mung hin­deu­te­ten. Es war nicht ge­nau zu be­stim­men, wel­che Aus­wir­kun­gen die­se ge­rin­gen Ver­än­de­run­gen ha­ben moch­ten. Und es gab auch kei­ne Er­klä­rung da­für, warum sie ent­stan­den wa­ren und mei­ne Gen­struk­tur nicht das er­war­te­te Im­mor­ta­li­täts­mus­ter auf­wies.
    Das Er­geb­nis ei­nes ein­jäh­ri­gen in­ten­si­ven Stu­di­ums lief auf fol­gen­des hin­aus: Die Ant­wort ist, daß es kei­ne Ant­wort gibt; der Grund be­steht dar­in, daß kein Grund exis­tiert. Ich hielt das für völ­lig un­ak­zep­ta­bel. Ich brauch­te mehr Da­ten, um­fang­rei­che­res Wis­sen, wei­te­re Tests. Ich muß­te mich selbst bes­ser ver­ste­hen ler­nen und wei­te­re Un­ter­su­chun­gen durch­füh­ren. Die klei­nen Me­do­ana­ly­ser, die in der Sta­ti­on zur Ver­fü­gung stan­den, wa­ren die­ser Auf­ga­be ganz und gar nicht ge­wach­sen. Und ich konn­te es mir nicht leis­ten, die emp­find­li­chen In­stru­men­te zu be­stel­len, die zur Fort­set­zung mei­ner Stu­di­en er­for­der­lich wa­ren.
    Einen Mo­nat lang ver­such­te ich ver­geb­lich, die stei­ner­ne Wand die­ser Sack­gas­se zu über­win­den, dann er­in­ner­te ich mich an Kai-Yus Dro­ge.
    Es war mehr als wis­sen­schaft­li­che Neu­gier, die mich zu der Ent­schei­dung ver­an­laß­te, wie­der auf den Trip zu ge­hen. Fast vier Jah­re an Bord der Son­nen­sta­ti­on hat­ten mir ei­ne gäh­nen­de Lan­ge­wei­le be­schert, trotz der Un­ter­hal­tungs­mög­lich­kei­ten, der Hob­by­räu­me, der end­lo­sen Rei­hen von Speicher­bän­dern und Le­se­wür­feln. Und ich fühl­te mich ein­sam. Die ein­zi­ge Stim­me, die ich wäh­rend die­ser Zeit ge­hört hat­te – au­ßer mei­ner ei­ge­nen und de­nen, die auf den Bän­dern kon­ser­viert wa­ren –, war das ble­cher­ne und ein­fäl­ti­ge Ge­lei­er des Com­pu­ters. Und die­se ver­rückt ma­chen­de Gleich­för­mig­keit hat­te mich so auf­ge­bracht, daß ich ihn sechs Mo­na­te nach mei­ner An­kunft in der Sta­ti­on auf vi­su­el­le Da­ten­aus­ga­be pro­gram­miert hat­te. Das ein­zi­ge At­men, das ich ver­nahm, stamm­te von mir, wie auch die Schrit­te nur die mei­nen wa­ren, die

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