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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Be­we­gun­gen in­ner­halb der schwei­gen­den, ei­för­mi­gen Sta­ti­on. Ich be­gann mit mir selbst zu spre­chen, mit mei­nem Ich zu dis­ku­tie­ren, zu sin­gen, zu la­chen, zu re­zi­tie­ren. Mei­ne täg­li­chen Über­tra­gun­gen wur­den im­mer län­ger, und ich konn­te die Ant­wor­ten kaum mehr ab­war­ten. Ich spei­cher­te Weckauf­zeich­nun­gen für mich und be­gann je­den neu­en Bord­tag da­mit, mir selbst gu­ten Mor­gen zu wün­schen und in mein Ge­sicht zu bli­cken, das über der Ko­je schweb­te. Und als ich über­leg­te, die Dro­ge zu neh­men, sag­te ich mir, daß ich be­reits die ei­ne Hälf­te mei­nes Ver­stan­des ver­lo­ren hat­te und es des­halb nicht ganz so schlimm sein konn­te, auch noch die an­de­re auf­zu­ge­ben.
    Zum ers­ten­mal hat­te ich die Dro­ge mit Greg Hart­feld zu­sam­men ge­nom­men, wäh­rend je­ner kur­z­en, herr­li­chen Zeit auf dem Mond, nach Paul und vor der Sta­ti­on. Ich wür­de Greg nie wie­der­se­hen, denn er und sei­ne Freun­de wa­ren mit ih­rem Raum­schiff zu den Ster­nen un­ter­wegs, und ich hat­te ih­ren Flug durch das Son­nen­sys­tem so lan­ge wie mög­lich ver­folgt. In ei­ner son­der­ba­ren Wei­se war die Dro­ge die letz­te Ver­bin­dung zu ihm. Das er­schi­en mir wich­tig.
    Wenn man sich in ei­ner Hal­lu­zi­na­ti­on ei­ne äu­ße­re Welt er­träu­men kann, dann auch ei­ne in­ne­re. Da­von ging ich je­den­falls aus. Ich fas­te­te einen Tag, nur um ganz si­cher­zu­ge­hen, daß die Wir­kung der Dro­ge sich voll ent­fal­ten konn­te, oh­ne von ir­gend­ei­nem Be­stand­teil der syn­the­ti­schen Nah­rung be­ein­träch­tigt zu wer­den, von der ich leb­te. Am nächs­ten Mor­gen nahm ich rasch drei Trop­fen der Dro­ge mit ei­nem Glas Was­ser zu mir – be­vor ich mei­ne Mei­nung än­dern, be­vor ich mir die alp­traum­haf­ten Vi­sio­nen mei­ner ers­ten Traum­rei­se ins Ge­dächt­nis zu­rück­ru­fen konn­te. Ich fo­kus­sier­te mei­ne Ge­dan­ken auf mich selbst, leg­te mich hin und war­te­te dar­auf, daß die Trop­fen zu wir­ken be­gan­nen.
    Ich kon­zen­trier­te mich auf die Lun­gen, auf den Luft­strom, der durch die Keh­le weh­te, das He­ben und Sen­ken des Brust­korbs. Es war über­ra­schend ein­fach, mich auf die­se Wei­se selbst zu be­ob­ach­ten und zu kon­trol­lie­ren, mei­ne Auf­merk­sam­keit ganz auf einen be­stimm­ten Punkt mei­nes Kör­pers zu be­schrän­ken. Und ich nahm nur noch das Ge­fühl mei­nes ei­ge­nen At­mens wahr. So tief und um­fas­send war mei­ne Kon­zen­tra­ti­on, daß ich den Punkt über­sah, an dem ich den Über­gang voll­zog und mei­ne Lun­gen nicht mehr nur fühl­te, son­dern mich mit ih­nen iden­ti­fi­zier­te. Als das ge­sch­ah, er­schi­en es mir ganz selbst­ver­ständ­lich.
    Ich schmeck­te die Kom­ple­xi­tät mei­ner at­men­den Lun­ge, dann schob ich mich wei­ter, bahn­te mir einen Weg in die Blut­ge­fäße hin­ein und be­nutz­te sie als die Au­to­bah­nen mei­ner wei­te­ren Ent­de­ckungs­rei­se. Ich er­forsch­te Herz, Ver­dau­ungs­trakt, ver­schie­de­ne an­de­re Or­ga­ne, kroch in die Ka­pil­la­ren und von dort aus zu den Zel­len. Dann mach­te ich einen Ab­ste­cher zur Wir­bel­säu­le und klet­ter­te hin­auf zum Hirn, in des­sen Win­dun­gen ich schmeck­te, tas­te­te, be­ob­ach­te­te und fühl­te. Als ich spür­te, daß die Wir­kung der Dro­ge nachließ, stand ich auf und nahm drei wei­te­re Trop­fen ein. Und drei Stun­den spä­ter noch ein­mal, und da­nach wie­der – bis zwan­zig Stun­den ver­gan­gen wa­ren. Der Com­pu­ter plap­per­te und schwatz­te hys­te­risch, auf den An­zei­ge­schir­men wog­ten die far­bi­gen Sym­bo­le wild durch­ein­an­der und pul­sier­ten das gan­ze Spek­trum hin­auf und hin­un­ter, und das Fläsch­chen war leer.
    In Johns-Ra­ste­gar war man au­ßer sich vor Sor­ge. Ich hat­te ei­ne gan­ze Über­tra­gung ver­säumt, ein un­er­hör­ter Vor­gang, und ein gan­zer Da­ten­berg war­te­te dar­auf, durch den Äther zum Emp­fän­ger ge­piepst und ge­brummt und ge­summt zu wer­den. Ich ver­si­cher­te der Ba­sis, es gin­ge mir nach wie vor bes­tens, gab die ge­sam­mel­ten In­for­ma­tio­nen in den Sen­de­spei­cher und inji­zier­te sie dann mit

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