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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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um­klam­mert. Der An­fang, dach­te ich vor dem nächs­ten An­fall. Die Me­ta­mor­pho­se zur Heu­schre­cke. Dann wur­de ich er­neut über­schwemmt.
    Als die Gischt der drit­ten Wo­ge ver­duns­tet war, stell­te ich fest, daß Paul ne­ben mir auf dem Bett saß, und sei­ne Hän­de strei­chel­ten mei­ne be­ben­den Schul­tern.
    „Tia? Tia? Ist mit dir al­les in Ord­nung?“
    „Nein.“
    „Soll ich einen Arzt ru­fen?“
    „Nein! Nein, er wür­de nur … nein, er könn­te mir nicht hel­fen.“
    „Bist du si­cher?“
    „Paul, um Him­mels wil­len, ruf kei­nen Arzt!“ Die nächs­te Wel­le flu­te­te mir ent­ge­gen. „Bit­te, glaub mir ein­fach, es hat kei­nen Zweck. Ruf nie­man­den, bit­te …“
    „Kann ich dir dann we­nigs­tens hel­fen?“
    „Ja. Leg die Hand auf mein Kreuz und drück zu!“ Dann schwieg ich und kon­zen­trier­te mich ganz dar­auf, die Pein zu über­ste­hen. Ich konn­te Pauls Hand auf mei­nem Rücken spü­ren: Sie drück­te hart zu, und die Qual ließ nach – ein biß­chen, nicht viel. Die­se Wel­le trieb mir die Trä­nen in die Au­gen, und Är­ger und Bit­ter­keit wa­ren plötz­lich weit fort. Paul be­ar­bei­te­te mei­nen Rücken und flüs­ter­te:
    „Tia, bit­te, nicht schrei­en, bit­te, laß mich einen Arzt ru­fen, bit­te, schrei nicht, Tia, bit­te.“
    „Drück nur ein­fach zu, wenn der Schmerz zu­rück­kommt“, sag­te ich. Das Spre­chen streng­te mich an. Die Luft weh­te pfei­fend und zi­schend durch den Hals, als ich ei­ni­ge Ma­le tief durch­at­me­te. Erst dann konn­te ich hin­zu­fü­gen: „Es ist bald aus­ge­stan­den … gleich vor­bei … drück ein­fach nur zu, jetzt, jetzt, JETZT !“
    Er drück­te. Zwei Stun­den lang. Bis die Pein auf­hör­te, mei­nen Kör­per in ko­chen­de Qual zu ba­den, sich zu­rück­zog und wie im­mer das mah­nen­de Ver­spre­chen ei­ner Rück­kehr hin­ter­ließ. Ich lag ganz still und ver­such­te, wie­der zu mir zu fin­den, wäh­rend mir Paul sanft das schweiß­nas­se Haar aus der Stirn strich.
    „Ist es jetzt vor­bei?“ fra­ge er, als ich die Au­gen auf­schlug.
    „Einst­wei­len ja.“ Ich roll­te mich her­um und küm­mer­te mich nicht um sei­ne mög­li­che Re­ak­ti­on auf mei­nen Kör­per. Ganz schlaff lag ich da und ließ die rest­li­che An­span­nung aus mir her­aus­rin­nen. Auch Paul war schweiß­naß und zit­ter­te leicht.
    „Hat­test du große Schmer­zen?“
    „Ja.“
    „Warum läßt du dich nicht von ei­nem Arzt …“
    „Paul, sie neh­men mich al­le zwei Mo­na­te mit Mi­kro­sko­pen un­ter die Lu­pe. Sie glot­zen in je­de Fal­te, sie schnüf­feln in je­dem Win­kel von mir her­um. Sie kön­nen nichts fin­den, was nicht in Ord­nung wä­re.“
    „Wis­sen sie von den Schmer­zen?“
    „Nein“, sag­te ich, oh­ne in die Ein­zel­hei­ten zu ge­hen. Es ist oh­ne­hin al­les nur psy­cho­so­ma­tisch – das ge­hört da­zu, ei­nes von den be­dau­erns­wer­ten Tie­ren zu ein. „Ich ver­wand­le mich ein­fach bloß in ei­ne Heu­schre­cke“, mur­mel­te ich. „Man kann mir nicht hel­fen.“
    „Ei­ne Heu­schre­cke?“
    „Nichts von Be­deu­tung, ver­giß es.“ Ich schwang die Bei­ne über die Bett­kan­te und setz­te mich auf. „Wie­so bist du über­haupt in mei­nem Zim­mer?“
    „Ich ha­be dich ge­hört. Ich woll­te ge­ra­de zu Bett ge­hen, als ich dei­ne Schreie ver­nahm. Und als ich an die Tür klopf­te, hast du nicht geant­wor­tet. Al­so bin ich ein­fach rein­ge­kom­men.“
    „Oh. Ich dach­te nicht, daß ich so laut ge­we­sen bin.“ Ich zö­ger­te. „Wo ist Jen­ny?“
    „Bei To­bi­as, am Dock.“
    Ich nick­te und er­in­ner­te mich an den ge­lie­he­nen Hüpf er. Ich stand vor­sich­tig auf, ging ins Bad und schloß die Tür hin­ter mir. Als ich nach der Du­sche naß ins Schlaf­zim­mer zu­rück­kehr­te, rech­ne­te ich nicht da­mit, daß Paul noch da war. Aber er saß auf dem Bett und be­ob­ach­te­te mich. Al­so blieb ich ste­hen und ließ ihn sich satt se­hen. Ich war­te­te dar­auf, daß er ir­gend­ei­ne has­ti­ge Ent­schul­di­gung mur­mel­te und die Flucht er­griff. Doch er rühr­te sich nicht, mus­ter­te mich nur. Dann er­hob er sich, trat auf mich zu und küß­te mich auf den Mund – und ich war so ver­blüfft, daß ich nicht dar­auf rea­gier­te. Er zog

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