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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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zu.
     

24
     
    Ich saß in der weiten Stille des Generatorenraums und beobachtete Benito, der mit einem Durcheinander aus winzigen Maschinenteilen spielte, die vor ihm auf der Werkbank verstreut waren. Behutsam setzte er kleine Zahnräder auf kleine Achsen, schob kleine Treibriemen über kleine Wellen und verschraubte die Sachen mit mikroskopischen Bolzen und Splinten. Benito modellierte eine Skulptur. Ich wußte nicht, ob er sich darüber klar war, aber seine dicken und ungelenken Finger waren in diesem Augenblick tatsächlich die eines Bildhauers. Er hatte sich schon mit der Konstruktion dieser Maschine beschäftigt, als ich ihm vor drei Jahren zum erstenmal begegnete, und er arbeitete noch immer daran, mit unendlicher Geduld. Ich hatte den Eindruck, er war nur während dieser langen und stillen und ruhigen Stunden glücklich, in denen er an seiner Werkbank saß und sein Spielzeug baute.
    Das Summen der Generatoren um uns herum war so leise, daß man es kaum hören konnte. Jede der großen Maschinen war eingehüllt in einen glänzenden Panzer aus Metallschuppen, und zwischen ihnen zogen sich lange, schnurgerade Gänge dahin. Wir saßen nahe der Mitte der Halle, und die langen Reihen der Generatoren erstreckten sich von hier aus über die gesamte Länge und Breite der Ilium. Die am weitesten von uns entfernten Geräteblöcke waren nur trübe Schimmerpunkte, und das Summen erschien wie eine Art statisches Knistern der Luft selbst. Die Werkbank mit der angrenzenden Kontrollkonsole bildete einen Halbkreis, der aus einer kreisförmigen Plattform herausragte. Die Plattform bewegte sich langsam und gleichmäßig und vollendete alle dreißig Minuten eine komplette Umdrehung. Es war, als marschierten die Regimenter der funkelnden bronze- und silberfarbenen Generatoren an uns vorbei.
    Ich saß weit zurückgelehnt in einem Ergsessel und fühlte mich entspannt genug in Benitos seufzendem Kloster, um die Umwelt so weit zu vergessen, wie ich es wünschte. Auf dem Boden vor mir lag stumm der Impulser, mit dem ich mich beschäftigt hatte. Schimmernd vor der Leinwand meiner Augenlider sah ich die In die Ferne, eingehüllt vom Dunkel ihres Startplatzes, und dann, einen Augenblick später, wie sie durchs All glitt, von ihrem Halo umgeben, mit ausgebreiteten Schwingen, langsam rotierend vor dem Hintergrund der Sterne. Es war kein Bild, das ich mir bewußt herbeiwünschte. Es stürzte meinen nichtsahnenden Gedanken in Augenblicken wie diesem entgegen, und es hinterließ in mir ein Gefühl des Bedauerns, eine Sehnsucht, die einherging mit brennender Neugier. Jemand oder etwas empfing die Berichte, die die In die Ferne jede Schiffswoche sendete, doch ich hatte nicht herauszufinden versucht, wer oder was diese Verbindung hielt. Von dem Raumschiff zu wissen war genug; Einzelheiten zu erfahren wäre gleichermaßen nutzlos wie schmerzlich gewesen. Statt dessen ließ ich meiner Phantasie hinter der Hülle der Augenlider freien Lauf und stellte in der atmenden Stille der weiten Halle nutzlose und schmerzliche Spekulationen an.
    „Dieser Paul ist ein Vollidiot“, sagte Benito plötzlich.
    Ich fuhr überrascht zusammen und öffnete die Augen. Er war noch immer über seine Werkbank gebeugt, und einen Moment lang dachte ich, ich hätte mir die Worte nur eingebildet.
    „Ein Vollidiot“, wiederholte er und legte die kleine Zange hin.
    Er wandte sich mir zu, und ein aggressiver Zug tropfte in den finsteren Ausdruck, den sein Gesicht fast immer zeigte.
    „Warum?“
    „Warum? Du bist ebenfalls ein Vollidiot, wenn dir das nicht klar ist.“
    „Es ist mir klar“, gab ich nach kurzem Zögern zurück. „Ich weiß, was er ist.“ Benito machte einen skeptischen Eindruck. „Also gut: Er ist ein Kind, er ist ein Egoist, er ist oberfläch lich, und er ist ein ebensolcher Feigling wie sie alle …“
    „Und er bumst dich.“
    „In Ordnung, er bumst mich, wir machen es uns gegenseitig – na und?“
    „Gegenseitig?“
    „Nun komm schon, Benito, wo liegt dein Problem?“
    „Ich habe keine Probleme, ich bin völlig normal!“ Er stand auf und stürmte durch den Halbkreis. Sein Buckel bebte, als er mit den Armen gestikulierte. „Du glaubst das, weil ich dieses Ding da auf dem Rücken habe und die andere Sache über den Augen, nicht wahr? Ich bin nicht blind, Tia.“
    „Zum Teufel auch, wovon sprichst du eigentlich?“
    „Hör mal, was meinst du wohl, warum jemand mit einem Buckligen wie mir ins Bett steigen sollte? Warum wohl?“
    Darauf wußte

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