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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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die geschlossenen Türen eines Aufzugs. Die Unterwasserfarne, die in dem den Boden und die Stühle bedeckenden Schlamm wuchsen, schwankten und zitterten in der von mir erzeugten Strömung. Kleine Tiere eilten an den Beinen der Möbel entlang, als ich durch die Zimmer schwebte, die sich an die Aufenthaltshalle anschlossen. Jede Tür war mit einer Nummer gekennzeichnet; manche waren unleserlich, andere nicht mehr vollständig. Ich brauchte einige Zeit, um festzustellen, daß diese Zahlen keine einheitliche Reihenfolge bildeten, und ich konnte kein Muster finden, das dieser Klassifizierung zugrunde lag. Die Türen schwankten und sanken zu Boden, wenn ich gegen sie stieß, und sie wirbelten Wolken aus Sand und Schlick auf. Sie wogten durchs Wasser, lagerten sich dann langsam wieder ab und waren wie Schleier aus Tausenden von Kristallen, die in dem dunklen Wasser das Licht des Scheinwerfers funkelnd widerspiegelten. Tische, Stühle, Aktenschränke, Kommunikationsterminals, Computertastaturen, Schreibmaschinen, Sprechmaschinen. Ein Zimmer, in dem sich lange Reihen von in Leinen gebundenen Büchern dahinzogen, deren verrottete Deckel zerfielen und zu Boden rieselten, wenn ich sie in die Hand nahm. Keine Hinweise. Ich öffnete die letzte Tür ganz am Ende der Halle, und ein großes amorphes Geschöpf zuckte mir aus der Dunkelheit entgegen und zog sich genauso rasch wieder zurück. Dies war eine weitere Halle, die ebenfalls von einzelnen Zimmern umgeben war – jeder Raum enthielt hohe Tische mit großen, rostenden Geräteblöcken, kleinere Instrumente, manchmal auch verschlossene Schränke mit Glastüren, die, wenn ich den Lichtkegel darauf richtete, wie Scheiben aus purem Silber wirkten. Die letzte Tür führte in einen Saal, bei dem es sich um eine Krankenstation handeln mochte: Die Betten waren in einer parallelen Doppelreihe aufgestellt, und jede einzelne Liege war nun die Schlammheimstatt von Meeresgeschöpfen. Also eine Klinik? Ein Hospital? Aber aus irgendeinem Grund hatte ich nicht das Gefühl, es mit einem Krankenhaus zu tun zu haben, und ich hatte solche Institutionen oft genug besucht, um dieser intuitiven Erkenntnis zu vertrauen. Ich schwamm langsam in die Aufenthaltshalle zurück und blickte zur Treppe hinüber. Ich wollte gerade hinauf gleiten, als ich mich an die SW-Relais erinnerte. Ich kehrte in den Vorraum zurück und begann damit, die kleinen Geräte an den Wänden entlang zu plazieren, bis hinein in die Aufenthaltshalle und auch die Treppe hinauf. Ich wartete so lange, bis ich das letzte Relais ganz oben an der Treppe angebracht hatte, dann drehte ich die Lautstärke des Empfängers voll auf.
    „ … wo sind Sie, zum Teufel?“ kreischte Greville. „Tia würden Sie mir gefälligst antworten?“
    „Ich bin noch immer im Gebäude“, gab ich gelassen zurück.
    „Na endlich!“ beschwerte er sich. „Wir konnten Ihr Peilsignal nicht mehr empfangen, und Sie reagierten auf keinen Anruf.“
    „Tut mir leid, ich hatte die Relais ganz vergessen. Sie sind jetzt plaziert.“
    „Sie haben sie einfach vergessen! Wie können Sie etwas so Wichtiges vergessen?“
    „Entschuldigung, ich war von meiner Untersuchung abgelenkt.“
    „Haben Sie irgend etwas Interessantes entdeckt?“
    „Nein“, log ich ungeniert. „Wenn sich etwas ergibt, sage ich Ihnen Bescheid.“
    Ich drehte die Lautstärke wieder herunter, schwamm erneut die Treppe hinauf und plazierte weitere Relais, als ich in den Gang hineinglitt.
    Dieser Korridor führte durch das ganze Gebäude, von einer Außenwand zur anderen. Wieder die Vielzahl von Türen, doch hier befanden sich keine in Reih und Glied aufgestellten Stühle, keine kleinen Tische, auf denen die Überbleibsel von Lampen standen. Ich wandte mich nach rechts, schwamm bis ganz zum Ende des Ganges und kehrte dann wieder zurück, wobei ich einen Blick in jedes angrenzende Zimmer warf. Im ersten Raum, der unmittelbar an der Außenwand lag, befanden sich hohe Tische und Laboratoriums-Gerätschaften. Eine Wand war bedeckt mit Metallkäfigen, in denen kleine Mikrokosmen wuchsen, winzige Gärten mit Pflanzen und Tieren, wunderschön und sonderbar. Inmitten dieser separaten Welten lagen winzige, bleiche Knochen, wahrscheinlich die von Säugetieren, die in den Käfigen gefangen gewesen waren, als die Insel versank. An einer anderen Wand ragten gewaltige Maschinenblöcke auf. Jede einzelne der unförmigen Geräteeinheiten war übersät mit Skalen und Sensoren, mit Tasten und Bildschirmen. Wieder

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