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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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zwischen den verfallenden Hügeln aufragender Gebäude. Wasserpflanzen wogten, kleine Fische sausten dahin, und die Stille war umfassend und endlos und vollständig. Ich glitt weiter durch diese Welt des Schweigens, ein kleiner Fleck, der durch das unbewegte Wasser kroch, gefolgt von einem noch kleineren Fleck, bei dem es sich um den Servo handelte.
    Als ich höher kam, mischte sich das Blau und Grau mit Grün und dann mit Gelb, als ich mich der Oberfläche näherte. Ich hatte jedes Gebäude genau inspiziert, an dem ich vorbeigekommen war, doch die meisten waren so verfallen, daß sie entweder nicht sicher oder nicht interessant genug waren. Als ich mich dann dem Berghang zuwandte, entdeckte ich ein Haus, das praktisch ganz unbeschädigt zu sein schien. Es schmiegte sich in eine kleine Mulde am Hügel. Ich blickte zurück, um mich zu vergewissern, daß mir der Servo folgte, schaltete dann die Düsen ein und hielt auf das Gebäude zu.
    „He, seht euch das an“, drang Pauls Stimme aus meinem Empfänger, und ich warf einen Blick auf den Bildschirm. Die drei Unsterblichen umringten einen der Servos, der in seinem Greif arm einen zerbrochenen Kronleuchter hielt.
    „Das ist eine Skulptur“, sagte Tobias mit bedeutungsschwangerer Stimme. „Während des zweiten und dritten Jahrhunderts vor der Formung haben die Uralten viel mit Glas gearbeitet. Dieses Kunstwerk hier könnte sich als wertvoll erweisen.“
    „Gehen Sie vorsichtig damit um“, verlangte Greville. „Ganz vorsichtig.“
    Die drei Gestalten bewunderten die Ansammlung von Prismen, und der Servo bot sie ihnen geduldig dar. Der helle und klare Schein überstrahlte die Reflexionen ihrer Ergkapseln, so daß der Eindruck entstand, als schwebten sie ungeschützt in der Tiefe, als sei das Blau und Rot ihrer Adern irgendwie fehlplaziert: Sie schienen ein verwickeltes Streifenmuster über dem Gold ihrer Haut zu bilden. Hinter ihnen schwangen Moose und Wasserpflanzen sanft über die Wände des Zimmers, und unter ihnen lagen die funkelnden Stapel erbeuteter Schätze. Ein kleiner schimmernder Fisch schwamm in den Raum hinein, glitt durch die Pflanzen und ergriff rasch die Flucht, als der Servo den Kronleuchter auf die restliche Plünderungsbeute stapelte. Tobias, Paul und Jenny hatten den Fisch gar nicht bemerkt und starrten nur gierig in den offenen Safe.
    Ich befestigte den Sichtschirm wieder am Gürtel, verringerte die Lautstärke des Funkempfängers und wandte mich wieder dem kleinen Gebäude zu.
     

32
     
    Das Haus hatte überhaupt keine Fenster. Zweimal schwamm ich herum, tauchte die Wände in helles Licht und betrachtete den abbröckelnden Verputz und die dicken, sehr solide wirkenden Steinblöcke darunter. Ich entdeckte einen Eingang, der an der Stirnseite des Rechteckes lag und von wogenden Wasserpflanzen und einem dichten Moosteppich bedeckt war. Die Türangeln waren verrostet, und die dicke Platte hing schief vor dem Zugang. Verwirrt legte ich die Hand auf die Mauer. Einem so soliden Gebäude, das auf diese Art konstruiert worden war, hätte es an der Elastizität mangeln müssen, die notwendig gewesen war, um den Kataklysmen der Großen Formung zu widerstehen. Es hätte infolge der Beben einstürzen und von den Flutwellen davongeschwemmt werden müssen. Ich wies den Servo an, die Wände zu sondieren und beobachtete das Bild, das sich auf meinem Schirm zu formen begann. Die roten Streifen, die Stahlträger und Kabel darstellten, bildeten nicht das übliche Muster. Sie verliefen nicht nur senkrecht und waagrecht, sondern waren miteinander verwoben und verschachtelt und bildeten unzählige Vielecke, die sich über die ganze Länge und Breite der Wände erstreckten, und das bewirkte mehr Elastizität, als das Haus nötig gehabt hatte. Nach der Abtastung zu urteilen war der so massiv wirkende Fels der Außenwände nichts als eine Verkleidung der Stahlbeton-Polygone. Ich „schälte“ die äußerste Schicht des Bildes vom Sichtschirm und stellte fest, daß auch die Wände im Innern des Gebäudes dieser Netzstruktur entsprachen. Es gab nicht eine Abweichung von dieser Regel, keine Zwischenwand, die nicht das Vieleckmuster aufwies. Es war ein solides Bauwerk, beinahe ein Monument, gebaut, um zu überdauern. Warum?
    Keine Fenster, keine Ventilationsschächte, nur eine Eingangstür. Keine eingemeißelte Widmung über dem Zugang, keine Hinweise auf den Zweck, dem das Haus gedient hatte. Ein Grabmal? Nein, nicht im Hilo des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Also ein

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