Versunkene Inseln
danach mit wiederholten Kontrollen der hydroponischen Systeme der In die Ferne. Als ich wieder ins Zimmer trat, hatte Greg Erg wände programmiert, die das Bett umschlossen und vom Rest der Wohnung isolierten. Er spielte mit einem kleinen, vibrierenden Fläschchen in seiner großen Hand.
„Was ist das?“ fragte ich und setzte mich neben ihn aufs Bett.
„Etwas, das mir Kai-Yu gab. Es stammt vom Mars, und sie haben sich einen unübersetzbaren und unaussprechbaren Namen dafür ausgedacht. Angeblich fanden sie es in einer der Ruinen, und es soll eine religiöse Droge der alten Marsianer gewesen sein. Das glaubst du nicht, eh? Nun, ich eigentlich auch nicht, aber Kai-Yu meint, er habe sie versucht, und sie sei gut und nicht gefährlich. In Ordnung?“
Ich nahm ihm das kleine Flaschen aus der Hand und hielt es gegen das Licht. Es fühlte sich kühl an, und die Flüssigkeit im Innern leuchtete mit einer Vielzahl von kleinen, einzelnen Farbpunkten.
„Warum nicht? Trinken wir die Droge, oder was?“
„Wir trinken sie. Warte mal, er sagte, ein Tropfen reiche für eine Stunde. Zwei Stunden, eh? Zwei für dich, zwei für mich, und dann schlafen wir.“
Ich holte zwei Kelchgläser mit Wein aus der engen Küchennische, und Greg fand währenddessen eine saubere Pipette. Er gab in jedes Glas die richtige Dosis, verschloß die Phiole dann wieder und verstaute sie bei unseren Vorräten in einer der Speichereinheiten. Wir prosteten uns feierlich zu und tranken den Wein.
Ich ging öfters mit Greg auf den Trip: Wir waren nun ein Jahr zusammen, und während dieser Zeit hatten wir es uns angewöhnt, ein- oder zweimal im Monat unsere Sinne zu stimulieren. Immer ganz für uns allein, und durch unsere Nähe und Abgeschiedenheit dabei wurde die Wirkung der Drogen, die wir nahmen, offenbar verstärkt – sie hoben nicht nur unsere innere Bewußtheit auf ein höheres Niveau, sondern gaben auch der Vergegenwärtigung des Partners eine neue Qualität. Turnusmäßig wechselten wir die Art unserer Trips: Einmal nahmen wir eine visuelle Droge, das nächste Mal eine sensorische und dann eine, die die Zunge löste, so daß wir stundenlang redeten, während wir uns auf dem transparenten Bett aneinander schmiegten. Diesen letzten Typus mochte ich am wenigsten. Ich achtete noch immer sehr darauf, das Geheimnis meiner Sterblichkeit zu wahren, und zu diesem Zweck mußte ich sowohl meinen Gedanken als auch meiner Zunge eine strenge Selbstzensur aufzwingen. Das führte dazu, daß ich ein tiefes Schuldgefühl entwickelte und mir heftige Vorwürfe machte. Doch mir fiel keine Lösung für das Problem ein, keine Möglichkeit, Greg von meinem Altern und dem absehbaren Tod zu erzählen, ohne damit die herrliche, zeitgebundene Liebe zu zerstören, die uns gemeinsam war.
Deshalb sagte ich kein Wort davon und nahm die Droge so selten wie möglich.
Wir tranken die Gläser leer und legten uns aufs Bett zurück. Ganz automatisch tasteten die Hände über den Körper des anderen. Lippen verschmolzen und lösten sich wieder. Ich schmeckte die Haut seines Nackens, der Schultern, der Brust, der Hüften, und wir schwammen in der Ekstase gegenseitiger Liebkosungen und körperlichen Verlangens. Als wir uns vereinigten, ritt ich auf ihm, hoch aufgerichtet, und ich beobachtete das sich wandelnde Glänzen in seinen Augen oder sah dorthin hinab, wo unsere Körper verschmolzen. Und wieder erstaunte es mich, welche perfekte Abstimmung aufeinander wir ständig zu erzielen schienen. Wir waren so miteinander beschäftigt, daß wir es erst gar nicht bemerkten, als die Wirkung der Droge einsetzte – bis wir kamen, ich zum zweiten Mal. „Liebste, diesmal ist es ein ziemlich komischer Höhepunkt“, sagte Greg mit weicher und doch lebhafter Stimme, und im Orgasmus bebten und hoben sich seine Hüften unter mir. Ich konnte nicht antworten. Hohe Wogen aus Ekstase spülten durch mich hindurch. Sie gingen von meinem Innersten aus und tauchten jede einzelne Zelle in ihre Gischt aus Freude, jedes Nervenende, bis ich nicht mehr zwischen dem Körper und den Empfindungen des Körpers unterscheiden konnte. Und es schien unendlich lange zu dauern, mich hinauf zukatapultieren, über die Grenzen meiner Fleischlichkeit hinweg. Ich schwebte dahin, ein Konglomerat aus Gefühlen und Wahrnehmungen, ohne physische Basis. Ich schwamm in einer warmen und pulsierenden Leere, war das Zentrum meines Selbst, das ich formte und gestaltete.
Die Zeit wurde greifbar, zu einer sich bewegenden Entität,
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