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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Ope­ra­ti­on, die mich un­frucht­bar ge­macht hat­te, rück­gän­gig zu ma­chen – wo­durch mei­ne Ein­sam­keit er­neut ge­lin­dert wä­re. Al­so wür­de ich mit ih­nen hin­aus­zie­hen, be­glei­tet von ei­nem un­sicht­ba­ren Schat­ten: dem Zahn der Zeit, der in mir nag­te. Und wenn die­ser Schat­ten ent­deckt wur­de, war es zu spät. Dann konn­ten sie ihn nur noch ak­zep­tie­ren.
    Und die Lie­be? Was war mit der Qual, einen ge­lieb­ten Men­schen ver­dor­ren und schließ­lich zu Staub zer­fal­len zu se­hen? Das konn­te ich Greg nicht an­tun, sag­te ich mir, als ich mich er­hob.
    Und mir selbst eben­falls nicht – zu­min­dest ein we­nig Ego­is­mus war ent­schuld­bar und ver­ständ­lich. Er sä­he sich im­mer an mich er­in­nert, durch un­ser Kind, un­se­re Kin­der, noch Äo­nen nach mei­nem Tod. Es er­schi­en mir als ei­ne an­ge­mes­se­ne al­te Form der Un­s­terb­lich­keit im Ver­gleich zu der Grup­pe so un­an­ge­mes­sen al­ter Un­s­terb­li­cher. Das Hier und Jetzt ist wich­tig, dach­te ich und wand­te mich von dem Bild der Zu­kunft ab.
    Ich schüt­tel­te den Staub aus den un­sicht­ba­ren Fal­ten des Schutz­an­zugs und hüpf­te den Hü­gel­kamm hin­un­ter auf das war­ten­de Schiff zu.
     

24
     
    Ich saß in der wei­ten Stil­le des Ge­ne­ra­to­ren­raums und be­ob­ach­te­te Be­ni­to, der mit ei­nem Durch­ein­an­der aus win­zi­gen Ma­schi­nen­tei­len spiel­te, die vor ihm auf der Werk­bank ver­streut wa­ren. Be­hut­sam setz­te er klei­ne Zahn­rä­der auf klei­ne Ach­sen, schob klei­ne Treib­rie­men über klei­ne Wel­len und ver­schraub­te die Sa­chen mit mi­kro­sko­pi­schen Bol­zen und Splin­ten. Be­ni­to mo­del­lier­te ei­ne Skulp­tur. Ich wuß­te nicht, ob er sich dar­über klar war, aber sei­ne di­cken und un­ge­len­ken Fin­ger wa­ren in die­sem Au­gen­blick tat­säch­lich die ei­nes Bild­hau­ers. Er hat­te sich schon mit der Kon­struk­ti­on die­ser Ma­schi­ne be­schäf­tigt, als ich ihm vor drei Jah­ren zum ers­ten­mal be­geg­ne­te, und er ar­bei­te­te noch im­mer dar­an, mit un­end­li­cher Ge­duld. Ich hat­te den Ein­druck, er war nur wäh­rend die­ser lan­gen und stil­len und ru­hi­gen Stun­den glück­lich, in de­nen er an sei­ner Werk­bank saß und sein Spiel­zeug bau­te.
    Das Sum­men der Ge­ne­ra­to­ren um uns her­um war so lei­se, daß man es kaum hö­ren konn­te. Je­de der großen Ma­schi­nen war ein­gehüllt in einen glän­zen­den Pan­zer aus Me­tall­schup­pen, und zwi­schen ih­nen zo­gen sich lan­ge, schnur­ge­ra­de Gän­ge da­hin. Wir sa­ßen na­he der Mit­te der Hal­le, und die lan­gen Rei­hen der Ge­ne­ra­to­ren er­streck­ten sich von hier aus über die ge­sam­te Län­ge und Brei­te der Ili­um. Die am wei­tes­ten von uns ent­fern­ten Ge­rä­te­blö­cke wa­ren nur trü­be Schim­mer­punk­te, und das Sum­men er­schi­en wie ei­ne Art sta­ti­sches Knis­tern der Luft selbst. Die Werk­bank mit der an­gren­zen­den Kon­troll­kon­so­le bil­de­te einen Halb­kreis, der aus ei­ner kreis­för­mi­gen Platt­form her­aus­rag­te. Die Platt­form be­weg­te sich lang­sam und gleich­mä­ßig und vollen­de­te al­le drei­ßig Mi­nu­ten ei­ne kom­plet­te Um­dre­hung. Es war, als mar­schier­ten die Re­gi­men­ter der fun­keln­den bron­ze- und sil­ber­far­be­nen Ge­ne­ra­to­ren an uns vor­bei.
    Ich saß weit zu­rück­ge­lehnt in ei­nem Erg­ses­sel und fühl­te mich ent­spannt ge­nug in Be­ni­tos seuf­zen­dem Klos­ter, um die Um­welt so weit zu ver­ges­sen, wie ich es wünsch­te. Auf dem Bo­den vor mir lag stumm der Im­pul­ser, mit dem ich mich be­schäf­tigt hat­te. Schim­mernd vor der Lein­wand mei­ner Au­gen­li­der sah ich die In die Fer­ne, ein­gehüllt vom Dun­kel ih­res Start­plat­zes, und dann, einen Au­gen­blick spä­ter, wie sie durchs All glitt, von ih­rem Ha­lo um­ge­ben, mit aus­ge­brei­te­ten Schwin­gen, lang­sam ro­tie­rend vor dem Hin­ter­grund der Ster­ne. Es war kein Bild, das ich mir be­wußt her­bei­wünsch­te. Es stürz­te mei­nen nichts­ah­nen­den Ge­dan­ken in Au­gen­bli­cken wie die­sem ent­ge­gen, und es hin­ter­ließ in mir ein Ge­fühl des Be­dau­erns, ei­ne Sehn­sucht, die ein­her­ging

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