Versunkene Staedte
her. « An seinem Tonfall hatte sie schon erkannt, dass etwas nicht stimmte.
Mahlia war zu dem Arzt getreten, der zwischen Tanis Beinen gekauert hatte. Furchtbar viel Blut war da gewesen, die Hände des Arztes waren völlig damit beschmiert gewesen. Er hatte Mahlia gebeten, Druck auf Tanis Bauch auszuüben, und dann hatte er operieren wollen.
Sie hatten jedoch keine Betäubungsmittel gehabt, nichts auÃer einer letzten Dosis Heroin vom Schwarzmarkt. Der Arzt hatte das Skalpell herausgeholt, und Tani hatte mit einem erschrockenen Keuchen gefragt, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei. » Du musst jetzt ganz still liegen, meine Liebe « , hatte der Arzt gesagt.
Natürlich war Tani in Panik verfallen. Doktor Mahfouz hatte nach ihrem Vater gerufen, und Mr. Salvatore war die Leiter zum Eingang der Behausung hochgestiegen. Als er das Blut sah, hatte er aufgeschrien und zu wissen verlangt, was denn nicht stimmte. Und natürlich war Tani dadurch noch mehr in Panik geraten.
Der Arzt hatte dem Vater aufgetragen, Tanis Schultern festzuhalten, während er sich auf ihre Beine gesetzt hatte. Und dann hatte er Mahlia gebeten, ihm zu helfen, obwohl sie doch nur einen Armstumpf an der rechten Seite und ihre linke Hand hatte, die ihr zum Glück geblieben warâ obwohl es in Situationen wie dieser schwer war, darin ein Glück zu sehen. Sie hätte wahrlich beide Hände gebraucht.
Im flackernden Schein der Pflanzenöllampe und einiger Kerzen war der Arzt ans Werk gegangen, und Mahlia hatte sich tief hinunterbeugen müssen, um dem alten Mann, der nicht mehr so gut sah, zu sagen, wo er das Skalpell ansetzen musste. Sie hatte ihm geholfen, Tanis Unterbauch aufzuschneiden, so wie sie es in den medizinischen Fachbüchern, die der Arzt ihr gegeben hatte, gelernt hatte. Sie hatte ihm die Instrumente so schnell wie möglich mit der gesunden Hand gereicht. Und dann hatten sie Tanis Bauch geöffnet und waren zur Quelle der Blutung vorgestoÃen.
Da hatte Tani längst aufgehört zu zappeln. Sie war gestorbenâ ihr Bauch aufgeschlitzt wie der eines Schweins. Der alte Salvatore hielt noch immer die schlaffen Schultern seiner Tochter gepackt, und überall in der Hütte war Blut.
» Es reicht, Mahlia « , sagte der Arzt, und Mahlia richtete sich auf.
Salvatore sah sie mit vorwurfsvollem Blick an. » Sie haben sie umgebracht. «
» Niemand hat sie umgebracht « , sagte Doktor Mahfouz. » Eine Geburt ist immer ein Risiko. «
» Sie « , Salvatore deutete auf Mahlia. » Sie hat Tani umgebracht. Sie hätten sie niemals an meine Tochter heranlassen dürfen. «
Mahlia verbarg ein blutiges Skalpell in der Handfläche ihrer gesunden Hand und drehte sich zu Salvatore um. Sollte er sich auf sie stürzen, wäre sie vorbereitet.
» Mahlia⦠« , sagte der Arzt mit warnendem Unterton. Er wusste immer, was sie dachte. Aber Mahlia legte das Skalpell nicht weg. Vorsicht war besser als Nachsicht.
» VerstoÃene wie sie bringen Unglück. Das Auge der Parzen ist auf sie gerichtet « , schimpfte Salvatore. » Wir hätten sie verjagen sollen, als wir die Gelegenheit hatten. «
» Mr. Salvatore, bitte « , versuchte Doktor Mahfouz den Vater zu beruhigen. Viel nützen würde es nicht. Seine Tochter lag mit aufgeschnittenem Bauch tot vor ihm, und Mahlia war ein willkommener Sündenbock.
» Unglück und Tod « , sagte Mr. Salvatore. » Es war ein Fehler, dieses Mädchen unter Ihre Fittiche zu nehmen, Doktor. «
» Bitte, Salvatore. Der heilige Olmos lehrt uns Barmherzigkeit. «
» Sie verbreitet Blut und Tod, wohin sie auch geht « , sagte Salvatore.
» Sie übertreiben. «
» Sie hat das Auge der Parzen auf Alejandros Ziegen gelenkt « , sagte Salvatore.
» Das ist nicht wahr « , gab Mahlia zurück. » Die Ziegen wurden von Kojwölfen gerissen. Das weià jeder. Damit hatte ich nichts zu tun. «
» Alejandro hat beobachtet, wie du sie angeschaut hast. «
» Jetzt schaue ich Sie an « , sagte Mahlia. » HeiÃt das, dass Sie auch gleich tot umfallen werden? «
» Mahlia! «
Der erschrockene Ausruf des Arztes lieà sie zusammenfahren. » Ich habe Ihrer Tochter nichts getan « , sagte Mahlia, » und den Ziegen auch nicht. «
» Was mit Tani passiert ist, tut mir leid « , fuhr sie leiser fort. » Das würde ich keinem wünschen. «
Sie begann, die
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