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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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bohrten. Doch Tools anderer Arm, im Maul des Ungeheuers, konnte sich nun bewegen und die Bestie angreifen– nicht von außen, sondern von innen.
    Tool drehte das gesplitterte Ende der Mangrovenwurzel nach oben und rammte es immer wieder in den Gaumen des Ungeheuers. Das Holz bohrte sich tief in das Fleisch des Alligators.
    Der Alligator spürte, dass etwas nicht stimmte, und wollte das Maul öffnen, doch anstatt loszulassen, umklammerte Tool das Ungeheuer nur noch fester.
    Hau nicht ab, dachte er. Ich hab dich genau da, wo ich dich haben will.
    Blut stieg von Tools Schulter auf, aber das Adrenalin verlieh ihm Kraft. Er war jetzt im Vorteil. Wahrscheinlich würde ihm gleich die Luft ausgehen, aber dieses uralte Reptil war erledigt. Der Biss des Alligators war tödlich, hatte jedoch auch seine Tücken: Das Tier besaß nicht genug Muskelkraft, um sein Maul schnell wieder öffnen zu können.
    Die Mangrovenwurzel war inzwischen völlig zersplittert, aber Tool machte dennoch weiter, benutzte seine Klauen, um das Fleisch des Alligators von innen aufzureißen.
    Der Alligator warf sich wild herum, um ihn abzuschütteln. Nachdem ihm jahrzehntelang die Beute in den Schoß gefallen war, war er nicht auf ein Geschöpf wie Tool vorbereitet– eines, das noch tödlicher und furchterregender war als er selbst. Er zuckte und wand sich und schleuderte Tool herum wie ein Hund eine Ratte. Tool sah bereits Sterne, aber er hielt den Alligator weiter fest umklammert und trieb seine Klauen immer tiefer in dessen Fleisch. Ihm ging langsam die Luft aus. Da stieß er mit der Faust auf Knochen.
    Mit letzter Kraft durchstieß Tool den Schädel des Reptils, und seine Klauen bohrten sich in dessen Gehirn.
    Das Ungeheuer wand sich in Todeskrämpfen.
    Begriff es, dass es von Anfang an unterlegen gewesen war? Dass es starb, weil es auf ein Geschöpf wie Tool nicht vorbereitet gewesen war?
    Tools Faust zerquetschte das Gehirn des Alligators.
    Das große Reptil hauchte sein Leben aus. Es war einem Ungeheuer zum Opfer gefallen, das eigentlich nicht existieren dürfte– eine unheilige Mordmaschine, im Labor entwickelt und auf tausend Schlachtfeldern gestählt.
    Tools Klauen schälten das Gehirn aus dem Schädel des alten Reptils, und der Alligator erschlaffte.
    Eine Welle der Zufriedenheit durchströmte Tool, als sein Gegner starb. Ihm wurde schwarz vor Augen, und er ließ das Ungeheuer los.
    Er hatte gesiegt.
    Selbst im Tod hatte er noch gesiegt.

3
    Â» Es reicht, Mahlia. « Doktor Mahfouz richtete sich mit einem Seufzen auf. » Wir haben getan, was wir konnten. Lass gut sein. «
    Mahlia setzte sich auf die Fersen, wischte sich die Lippen ab und gab ihre Versuche auf, ein Mädchen zu beatmen, das längst nicht mehr selbst atmete. Die junge Tani lag still da, ihre leeren blauen Augen auf die Bambusstangen des Hüttendaches gerichtet.
    Ãœberall war Blut: auf dem Boden, auf Mahlias Kleidung und der der Toten. Fünf Liter, hatte der Arzt Mahlia gelehrt, so viel enthielt der Körper eines Menschen. Und wie es aussah, war im Körper ihrer Patientin kein einziger Tropfen übrig geblieben. Das Blut war grellrot. Reich an Sauerstoff. Nicht blau wie die Plazenta, sondern rot. Rubinrot.
    Was für ein Debakel.
    In der Hütte stank es. Der Rauch von verbranntem Pflanzenöl mischte sich mit dem Eisengeruch des Blutes und dem ranzigen Gestank nach Schweiß und Schmerzen.
    Einzelne Strahlen Sonnenlicht drangen durch Ritzen in den Bambuswänden der Hütte herein und kündeten vom Anbruch des neuen Tages.
    Doktor Mahfouz hatte gefragt, ob Tani und der alte Mr. Salvatore nicht eine Geburt draußen vorziehen würden, wo es kühler war und sie bessere Luft und mehr Licht gehabt hätten. Aber Mr. Salvatore war sehr traditionell eingestellt und hatte die Privatsphäre seiner Tochter wahren wollen, auch wenn ihr Liebesleben alles andere als privat gewesen war. Jetzt schienen sie vom Geruch des Todes eingehüllt zu sein.
    In einer Ecke der Hütte lag unter einem Stapel schmutziger Decken Tanis Mörder. Das Neugeborene hatte einen Moment lang an Tanis Brust gesaugt. Und Mahlia war überrascht gewesen, wie sehr sie sich für Tani gefreut hatte, dass ihr kleiner, zerknitterter Säugling gesund war und die Geburt weniger lange gedauert hatte als erwartet.
    Doch dann war Tani kurzzeitig ohnmächtig geworden, und der Arzt hatte gesagt: » Mahlia, komm bitte

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