Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
Biss muss man innerhalb von 24 Stunden impfen, so die Auskunft der Ärzte, danach sinken die Chancen, die unheilbare Krankheit zu stoppen. Aber kein einziger Arzt hatte den Impfstoff vorrätig. Vielleicht gebe es noch welchen in Kairo, hieß es. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg. Innerhalb von 24 Stunden konnte ich es dort nicht mehr hinschaffen.
Die Ärzte beruhigten uns: In Ägypten gebe es zwar Tollwut, aber auf dem Sinai wäre das Virus kaum vorhanden. Ich hatte keine andere Wahl, als mich auf diese Information zu verlassen.
Zurück in Hamburg, verpasste mir mein Hausarzt den Tollwutimpfstoff – wahrscheinlich mehr, um mich zu beruhigen. Denn zwei Wochen nach dem Biss ist es eigentlich schon zu spät. «Aber es ist besser, als nichts zu tun», sagte er. Die zweite und dritte Impfung müsse ich mir aber woanders holen, weil er kein Serum mehr habe. Die Krankenkassen würden den Impfstoff nur im Notfall zahlen. Notfall? Was bitte ist das hier?
Ich ging ins Tropeninstitut. Dort gaben sie mir zusätzlich noch eine aktive Impfung mit Tollwut-Antikörpern. «Das sind gerade 3000 Euro, die ich Ihnen jetzt spritze», betonte die Ärztin. Das könnte die Tollwutviren, die vermutlich schon meine Nervenstränge hochkriechen, eventuell noch aufhalten. Na toll. Die zweite und dritte Impfung des Passiv-Impfstoffs aber müsse ich mir woanders holen. «Wir müssen den Impfstoff für Notfälle vorrätig halten», sagte sie zur Entschuldigung. «Und außerdem zahlen uns das die Krankenkassen nicht.»
Schon klar, ich war ja kein Notfall. Mir lief erneut die Zeit davon, denn Impfung 2 muss nach sieben Tagen erfolgen, Impfung 3 nach vier Wochen. Wieder telefonierte ich zahllose Ärzte ab. Ich war jetzt in Deutschland und nicht mehr in Ägypten, aber ich hatte ein Déjà-vu. Schließlich fand ich einen Arzt, der mir die Impfungen gab. China und Indien hätten den Weltmarkt an Impfstoff leergekauft, erklärte er mir.
Na, dann mache ich wohl am besten das nächste Mal Urlaub in Shanghai oder Delhi.
Wie man sich vor Tollwut schützt.
Tipps von Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virologischen Zentraldiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.
Tollwut ist eine Virusinfektion, die eine immer tödlich verlaufende Hirnhautentzündung verursacht. Das Virus lagert sich in den Nervenzellen ein und wandert entlang der Nervenbahnen langsam bis zum Gehirn, wo es dann nach und nach lebenswichtige Zentren zerstört. Übertragen wird es durch den Biss eines infizierten Tieres, meist Wildtiere oder Fledermäuse, in den USA häufig auch Waschbären und Stinktiere. In Deutschland ist die Krankheit sehr selten, aber bei Reisen in manche Urlaubsländer, vor allem nach Asien oder Afrika, empfiehlt das Auswärtige Amt die Impfung.
Die Tollwut-Schutzimpfung selbst besteht aus drei Injektionen (am 1 ., 7 . und 28 . Tag) mit abgeschwächten Viruspartikeln, die das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern stimulieren sollen. Sie bietet sehr guten Schutz. Urlaubsreisende, die in Ländern mit Tollwutgefahr reisen, sollten sie alle fünf Jahre auffrischen. Menschen, die oft mit Tieren in Berührung kommen, wie beispielsweise Jäger oder Tierpfleger, alle zwei Jahre.
Werden Geimpfte gebissen, bekommen sie sicherheitshalber noch ein bis zwei Nachimpfungen, um den Schutz möglichst hoch zu halten.
Ungeimpfte, die gebissen werden, bekommen eine Postexpositionsprophylaxe ( PEP ), einen aktiven Impfstoff, der Antikörper gegen das Tollwutvirus enthält und aus fünf Impfungen besteht. Je schneller dies geschieht, desto besser. Aber für die PEP gibt es keine zeitliche Grenze, da die Krankheit erst nach Monaten ausbrechen kann. Wie schnell das passiert, hängt davon ab, wie viele Viren in die Wunde gelangt sind und wo sich die Bissstelle befindet.
Ob das Tier Tollwutüberträger ist, lässt sich sicher per Tests nachweisen. Kann man des Tieres allerdings nicht mehr habhaft werden, wird es schwierig, weil es vor Ausbruch der Krankheit keinen sicheren Nachweis des Virus im Menschen gibt. Man würde also nach einem Biss in den Hochendemiegebieten Afrikas oder Asiens immer die PEP machen.
Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten der normalen Impfung ( 150 Euro). Die Postexpositionsprophylaxe ist wesentlich teurer und darf nur im Krankenhaus vorgenommen werden, weil manche Patienten darauf heftig reagieren können und es zu einem anaphylaktischen Schock kommen kann, also einem Totalversagen des Kreislaufs und der
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