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Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

Titel: Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Jötten
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aus dem Schlaf hoch.
    Ich schickte den Traum an den Traumdeuter. Er gab mir einen Termin, zu dem ich anrufen sollte. Seine Stimme klang sanft. «Herr Jötten», begann er, «was haben Sie gefühlt, als Sie in diesem Waggon standen?» – «Panik, mein Gepäck war ja weg …» – «Können Sie dieses Gefühl näher beschreiben?» – «Na ja, ich dachte, ich muss in den anderen Zug, konnte aber nicht, meine Sachen waren weg – es war ein Scheißgefühl …» – «Welche Farbe hatte das Innere des Zugs?» – «Das war ein deutscher Intercity, die haben diese grauvioletten Sitze …» – «Was fühlen Sie, wenn Sie daran denken?» – «Die Vorstellung eines deutschen Intercity-Waggons lässt mich ehrlich gesagt relativ kalt.»
    Der Traumdeuter holte tief Luft. «So funktioniert das nicht», sagte er. «Sie müssen Ihren Assoziationen freien Lauf lassen.» – «Es tut mir leid, aber in meiner Vorstellung waren die Sitze nun mal nicht knatschgelb …» Der Traumdeuter klang jetzt ein wenig verärgert. «Welche Farbe hatte der Zug, in dem Ihr Gepäck weggefahren ist?» Glücklich, mich daran noch erinnern zu können, sagte ich: «Ein weißer Zug mit grünem Streifen, ein italienischer Fernzug!»
    Der Traumdeuter schwieg einen Moment. Dann sagte er: «Das macht keinen Sinn, Sie sind noch nicht bereit für eine Traumdeutung.» – «Vielleicht träume ich einfach relativ realistisch?», antwortete ich. «Immerhin hetze ich wirklich jedes Mal, wenn ich mit dem Zug fahre, zum Bahnhof …» – «Melden Sie sich noch mal, wenn Sie über Ihre Gefühle sprechen können», sagte er.
    Was sollte das denn? Der Typ hatte wohl nichts drauf. Weder kannte er sich mit Träumen noch mit dem europäischen Schienenverkehr aus, sonst hätte er doch merken müssen: Ich habe Angst, Züge zu verpassen und Gepäck zu vergessen – und am schlimmsten wäre für mich, wenn mir beides passiert. Den Albtraum habe ich bis heute, aber nur noch sehr selten. Seitdem ich ihn habe, habe ich nie mehr etwas im Zug vergessen.
    «Sehr gut zu behandeln.»
    Kathrin Hansen, Psychologin und Verhaltenstherapeutin, forscht an der Uni Frankfurt zum Thema Albtraumtherapie – hier erklärt sie, wie man Albträume loswird.

    Etwa 70 Prozent der Menschen haben Albträume, die meisten jedoch nur vereinzelt. Gelegentliche Albträume haben meistens keine schwerwiegenden Folgen. Treten Albträume hingegen regelmäßig auf, ist das sehr belastend. Betroffene sind am Tag müde, weil sie keinen erholsamen Schlaf finden. Viele haben zudem Angst vor dem Einschlafen. Oft treten dann auch verstärkt Depressionssymptome auf.
    Albträume können durch ein Trauma verursacht werden – wenn das der Fall ist, sollte das Trauma behandelt werden. Ist kein Trauma zu ermitteln, konzentrieren wir uns in der Therapie darauf, die Albträume zu behandeln. Der bekannteste therapeutische Ansatz ist die sogenannte Imagary Rehearsal Therapy ( IRT ). Dabei führt man sich im entspannten Zustand den Albtraum vor das innere Auge. Die Patienten werden dann angeleitet, den Inhalt des Traumes so lange zu verändern, bis nichts Belastendes mehr in dem ursprünglichen Traum enthalten ist. Die Betroffenen kreieren sozusagen einen neuen Traum, mit dem sie sich wohl fühlen oder welcher zumindest völlig neutral ist. Ein anderes Konzept ist die Konfrontationstherapie, bei der man sich intensiv mit dem Inhalt des Albtraums konfrontiert. Ich ermutige die Patienten dabei, die negativen Gefühle zuzulassen, und zwar so lange, bis sie nachlassen, also eine Gewöhnung eingetreten ist.
    Beide Methoden sind sehr gut wirksam und einfach zu lernen. Die Anzahl der Albträume sinkt, die Patienten haben mehr Energie am Tag und bekommen mehr Lebensqualität, weil sie besser schlafen und sich entspannen können. Die Therapie wird im Normalfall von den Krankenkassen übernommen.

Über Frederik Jötten / Jens Lubbadeh
    Frederik Jötten ist Parasitologe, Journalist und Singer-Songwriter. Immer auf der Suche nach der gesündesten Art zu leben, hält er die Luft an, wenn jemand niest, und deckt sich am Strand mit Bettlaken zu – um Hautkrebs abzuwenden. Er sieht sich als Vorbild der rationalen Krankheitsprävention, andere halten ihn für sozial auffällig. Als Musiker Fred Erikson besingt er seine Gene, die er verantwortlich macht für Vergesslichkeit, Entscheidungsschwäche und seine beiden linken Hände. Im Ernst schreibt er u.a. für DIE ZEIT, die NZZ am Sonntag und FOCUS Gesundheit. Mehr erfahren Sie auf

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