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Vertrau mir

Vertrau mir

Titel: Vertrau mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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änderte nichts daran, dass Maike Ehrgeiz als gute und nicht zuletzt vorantreibende Eigenschaft sah. Eine Eigenschaft, die ihr von ihrem Vater mit einem einzigen beiläufigen Satz eingeimpft wurde. Wahrscheinlich war dieser sich dessen nicht einmal bewusst.
    Doch Maike erinnerte sich oft daran. Es war der Tag, an dem sie mit ihrer ersten Schulnote nach Hause kam. Unter den Linien, wo sie mit unsicherer Hand die ersten Buchstaben gemalt hatte, stand ein »gut«. Stolz zeigte sie das Aufgabenheft dem Vater. Er schaute nur kurz auf die Zensur und sagte: »Das hätte aber auch ein sehr gut sein können.« Die erhoffte Anerkennung erhielt sie nicht. Seit dem Tag versuchte sie nur noch eines: Die Beste ihrer Klasse zu sein. Der zweite Platz war ihr nie genug. Maike lernte, auf ein Ziel hinzuarbeiten. Höchstleistung war dabei ihr Anspruch. Dieser Methode folgte sie bis heute. Dabei kam ihr zugute – und sie war auch stolz darauf –, dass sie nicht wie andere Frauen an gebrochenem Herzen litt, wenn eine ihrer Beziehungen in die Brüche ging. Gefühle standen bei ihr stets nur an zweiter Stelle. Nur ein einziges Mal hatte sie es aus der Bahn geworfen. Auch daran erinnerte sich Maike häufig. Der Grund dafür war Britta, eine Kollegin, die aus Dortmund gekommen war und nach kurzer Zeit auch wieder dorthin zurückging. Als Maike klar wurde, dass sie sich in eine Frau verliebt hatte, brach ein Teil ihrer schön geordneten Welt zusammen. Britta erfuhr nie etwas von ihren Gefühlen für sie. Maike hielt es für besser, sie in sich zu verschließen. Damals dachte sie, diese Neigung sei zu kontrollieren. Man konnte es auch unterdrücken nennen. Einige Monate später war ihr klar, dass sie den Rest ihres Lebens so nicht weitermachen konnte. Es folgte eine Zeit, in der sie sich an den Wochenenden in diversen Frauenbars herumdrückte, etwas mit ihrer jeweiligen Freundin unternahm. In der Woche war sie ganz die Alte. Das ging eine Weile gut. Bis es kam, wie es kommen musste. Nichtsahnend geht man mit einer Frau Hand in Hand spazieren, küsst sie verliebt – da begegnet man einem Kollegen. Einem Tratschmaul noch dazu, wie sich herausstellte. Es dauerte keine Woche, da war es bei allen Kollegen angekommen: Maike Roloff steht auf Frauen. Sie machte sich nicht die Mühe, es zu leugnen, ignorierte das Getuschel hinter ihrem Rücken und setzte auf ihre bewährte Methode: Leistung. Auch ihre Frauenbeziehungen akzeptierten entweder, dass sie nur an zweiter Stelle standen, oder sie gingen. So hielt Maike es nach wie vor.
    Und in Momenten wie diesem, da sie der Sonderkommission zugeteilt wurde, zeigte sich wieder mal, dass sie damit genau richtig lag.
    Binder, Grewe und Krummbiegel stellten sich Maike nacheinander vor. »Wir sind Wallbachs festes Team«, erklärte Grewe. »Sie sind hier, weil der Chef jemanden mit weiblicher Intuition wollte.« Breites Grinsen in drei Gesichtern.
    Die scherzen hoffentlich , dachte Maike und lächelte mit säuerlicher Miene. Wenn es nur darum ging, hätte er ja auch die Putzfrau anfordern können. Während sie mit ihrer inneren Aufregung kämpfte – immerhin war dieses Team berühmt berüchtigt für seine fast hundertprozentige Aufklärungsquote –, sahen die anderen gelangweilt dem Techniker zu, der auf dem Schreibtisch am Fenster zwei Telefone und einen PC installierte. Der kleine Besprechungsraum verwandelte sich damit zumindest provisorisch in ein Büro.
    »Guten Morgen, Kollegen«, sagte eine dunkle, sonore Stimme. Maikes Blick wanderte zu dem Mann, der das Zimmer betrat. Jens Wallbach! Ihn kannte wohl jeder. Er war die »Wunderwaffe« des Polizeipräsidenten. In vierzig Jahren Polizeidienst verzeichnete Wallbach unzählige Erfolge, löste alle möglichen und vor allem unmögliche Fälle. Verließ ihn einmal seine Erfahrung, half ihm seine Spürnase. Jens Wallbach trieb seine Leute zum Erfolg. Gelang es ihm nicht, einen Fall zu lösen, gelang es auch keinem anderen.
    Wallbach begrüßte Maike: »Frau Roloff nehme ich an?«
    »Ja.«
    »Willkommen.«
    Dann kam er ohne weitere Umschweife zur Sache. »Kollegen, Sie werden jetzt erfahren, worum es geht. Ich bitte Sie, meine Ausführungen nicht zu unterbrechen. Stellen Sie Ihre Fragen bitte im Anschluss.« Jens Wallbach reichte allen Anwesenden einen der dünnen Schnellhefter, die er in der Hand hielt. »Sie finden alle Fakten, die ich Ihnen gleich vortrage, in diesen Unterlagen gesammelt. Auf der letzten Seite steht eine Liste mit Rechercheaufgaben

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