Vertrau mir
so lange Menschen, die Tiere quälen, vom Gesetz geschützt werden, darf der Tierschutz keinerlei Skrupel haben. Der Zweck heiligt die Mittel. Wir gerieten oft in Streit deswegen. Theoretisch ist es denkbar, dass sich ein paar Leute mit derart extremen Ansichten zusammengeschlossen haben.«
»Wie hießen die beiden?«
Anna sah Maike Roloff offen an. »Ich sage nicht, sie haben es getan. Aber selbst wenn, gebe ich offen zu, dass ich nicht sonderlich daran interessiert bin, der Polizei zu helfen. Ich fühle mich in jedem Fall mehr dem Tierschutz verbunden, radikal hin oder her, als dem in meinen Augen zweifelhaften Rechtssystem, welches Sie hier sehr ehrgeizig vertreten.« Warum sollte sie aus ihrer Ablehnung ein Hehl machen? Darüber hinaus, was Maike Roloff aber nicht wissen konnte, stellte sie da eine sehr persönliche Frage. Eine derjenigen, mit denen Anna sich damals oft über die Grenzen der zulässigen Gewalt stritt, war ihre damalige Geliebte.
»Sie haben die Namen doch nicht vergessen«, stellte Maike trocken fest. Annas Ablehnung interessierte sie gar nicht. Ihre Miene ließ keinen Zweifel aufkommen, dass sie eine Antwort erwartete.
»Nein. Doch ich werde Sie Ihnen nicht nennen«, sagte Anna fest. Sollte sich die Kommissarin doch woanders Hilfe suchen.
»Wie Sie meinen«, erwiderte Maike zu Annas Erstaunen völlig ruhig. Was allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm war, wie sich gleich herausstellte. »Dann kommen Sie mit mir mit. Wir fahren zu den Angehörigen der Männer, die entführt wurden. Erklären Sie denen, dass Sie Ihre Hilfe verweigern und damit den Tod ihrer Ehemänner und Väter billigend in Kauf nehmen. Wie damals den des Wachmannes.«
Anna schaute Maike Roloff halb schockiert, halb bewundernd an. Diese Frau wusste genau, wie man Leute beeinflusste. Ihnen ein schlechtes Gewissen aufladen, war immer eine gute Idee. Ihren Kursus in Psychologie hatte Maike Roloff offensichtlich mit Bravour bestanden. Anna suchte nach einem entkräftenden Gegenargument. Aber es war schwer, gegen das aufgezeigte Szenario anzukommen. Zumal, das wusste sie, Maike Roloff wirklich nicht untertrieb. Die Männer waren in Lebensgefahr. Anna tat es ungern, aber sie fügte sich. »Frank Naumann war einer. Claudia Schrader die andere. Die beiden hingen ziemlich viel zusammen rum. Versuchten, die anderen auf ihre Seite zu ziehen.«
»Wissen Sie, was die beide heute treiben?« fragte Maike gespannt.
»Nein. Ich habe, wie gesagt, keinen Kontakt mehr zur Szene. Nach meiner Entlassung zog ich mich aus allem zurück, was damit zusammenhing.«
»Aber Sie wissen doch sicher noch, wo die Gruppe sich trifft?«
»Normalerweise gibt es keine festen Treffpunkte. Sie wechseln ständig. Warum fragen Sie?«
Eine Idee ließ Maike nicht mehr los. Zugegeben, eine gewagte Idee, aber eine sehr erfolgversprechende. »Ich möchte, dass Sie mich in die Szene einschleusen.«
Anna schüttelte spontan den Kopf. »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Sie haben keine Ahnung, worauf Sie sich da einlassen wollen. Sobald Ihre wahre Identität bekannt würde, sind Sie nicht mehr sicher. Diese Leute sind Fanatiker und damit zu allem fähig. Außerdem kann ich Sie da nicht einschleusen. Ich bin eine Aussteigerin. Das ist gleichbedeutend mit aussätzig. Wenn man Sie mit mir sehen würde, wäre das keine Empfehlung, im Gegenteil.«
»Dann sagen Sie mir einfach, wo ich Frank Naumann, Claudia Schrader oder Leute mit deren Gesinnung finden kann. Dann erledige ich den Rest schon selbst.«
»Sie sind sich nicht im Klaren, wie gefährlich das für Sie werden kann«, warnte Anna Maike eindringlich.
»Lassen Sie das nur meine Sorge sein. Ich bin ausgebildet für so was. Mit ein paar idealistischen Weltverbesserern werde ich schon noch fertig«, sagte Maike voller Optimismus und Selbstvertrauen. Anna hatte daran gehörige Zweifel. Das sah Maike ihr deutlich an. Sie lächelte und brachte ein Argument, dem Anna sich nicht verschließen konnte: »Sagen Sie mir einfach, wo ich die Leute finde, und schon sind Sie mich wieder los.«
Und richtig. Anna gab nach. Widerwillig, aber dennoch. »Es gab da eine Kneipe namens Goldener Hans in der Rauchstraße. Dort trafen wir uns ab und zu. Aber das ist Jahre her. Ich weiß nicht mal, ob es die Kneipe überhaupt noch gibt, geschweige denn, ob sie noch als gelegentlicher Treffpunkt benutzt wird.«
Für Maike war das kein Problem. »Das finde ich schon heraus.«
Wieder im Büro, erzählte Maike Wallbach von ihrem Gespräch
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