Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz
Wimpernschlag eines anderen Pferdes eine Bedeutung. Die groben Merkmale der Körpersprache sind die großflächigen Körperhaltungen, der Muskeltonus, die Stellung des Körpers, des Halses und Kopfes. Dazu kommen unterschiedliche körperliche Regungen wie die Atemfrequenz, Muskelzuckungen und das Hervortreten der Blutgefäße. Die Feinheiten der Körpersprache liegen in der Mikromimik, den feinsten Veränderungen des Augenausdrucks oder des Lippen- und Nüsternspiels. Mit all diesen körpersprachlichen Möglichkeiten sind Pferde in mancherlei Hinsicht dem Menschen weit überlegen.
Auf den ersten Blick erscheint das Pony freundlich mit aufgestellten Ohren, doch die Mikromimik der Mundpartie verrät seine innere Anspannung.
Wir Menschen sind nicht in der Lage, die Ohren zu bewegen wie ein Pferd. Wir stehen auf zwei Beinen, was den Gesamteindruck des Körpers entscheidend verändert. Dabei haben wir auch eine andere Anordnung unserer Augen im Gesicht, uns fehlt das Stimmungsbarometer Schweif. Kurz, unsere Kommunikation ist auf unsere Art der Mimik ausgerichtet und unsere Körpersprache ist die eines Menschen. Natürlich gibt es artübergreifende Gemeinsamkeiten in der Körpersprache. Beide Arten werden sich bei Aufregung und Angst unharmonischer bewegen und vielleicht beginnen zu schwitzen. Die Veränderung der Atmung ist auch beim Menschen ein guter Indikator zur Wahrnehmung der veränderten Stimmung. Dennoch überwiegen die Unterschiede in den Feinheiten. Pferde wie Menschen können teilweise lernen, die Sprache des anderen zu verstehen, es wird uns jedoch vieles verborgen bleiben.
Möglichkeiten im Dialog mit Pferden liegen ganz klar darin, Pferden schon in frühester Kindheit die Gelegenheit zu geben, die Menschensprache kennenzulernen. Wir werden jedoch immer dann an Grenzen des Mitteilungsvermögens stoßen, wenn unsere körperlichen Möglichkeiten keine pferdetypischen Ausdrucksmöglichkeiten zulassen. Eine Alternative zur rein körperbetonten und damit unzureichenden Kommunikation zwischen Pferd und Mensch liegt im Erlernen einer gemeinsamen Symbolsprache. Pferde sind sehr intelligente Tiere, die leicht über Belohnungen ihre Fähigkeiten nutzen können, kleinste Veränderungen wahrzunehmen. Hier liegt der Schlüssel zur Kommunikation mit den Pferden.
Ressourcenmanagement
Der Mensch ist in der Lage, das Leben und Lernen seines Pferdes zu kontrollieren, indem er ein geschicktes Ressourcenmanagement betreibt. Ressourcen sind sämtliche lebenswichtigen Bereiche für ein Pferd. Eine Ressource wäre zum Beispiel die Nahrung, aber auch ein Fortpflanzungspartner stellt ein wichtiges Bedürfnis dar. Der Mensch hat nun die Möglichkeit, all jene Ressourcen zu verwalten und sie dem Pferd angemessen zur Verfügung zu stellen. Pferde sind sehr geschickt darin zu erkennen, wie sie an diese gewünschten Dinge kommen und wer dafür verantwortlich ist. Alleine mit der Fütterung der Pferde macht man sich als Mensch zu einem bedeutsamen Verwalter einer der wichtigsten Ressourcen. Das Pferd wird seinerseits seine Schlüsse daraus ziehen und bereit sein, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten, um an diese Ressourcen zu gelangen. Durch dieses situationsbezogene Ressourcenmanagement und die Kenntnis des Lernverhaltens bleibt dem Menschen die Möglichkeit, gar keine Rangfrage zu stellen, sondern einfach das Lernverhalten des Tieres geschickt zu nutzen.
Freundschaftliche Koexistenz
Um mit dem Pferd in Freundschaft existieren zu können, sollten wir uns noch einmal vor Augen führen, warum ein Pferd überhaupt rangbezogenes Verhalten zeigt. Was ist seine Motivation dafür? Die Rangordnung dient dazu, innerhalb einer bestehenden Gruppe Konflikte zu vermeiden und Aggressionen zu mindern. Die Pferde fühlen sich wohl, wenn sie die Artgenossen in ihren Vorlieben und Abneigungen, in ihren Fähigkeiten und Unzulänglichkeiten einschätzen können. So kann die Herde in Ruhe leben, wenn die Positionen geklärt sind.
Nur wenn das Pferd seine Stellung innerhalb der Gruppe oder aber eine wichtige Ressource in Gefahr sieht, wird es rangbezogene Verhaltensweisen zeigen. Dabei ist das wichtigste Stichwort die Konkurrenz innerhalb der Pferdegruppe. Da die natürlichen Möglichkeiten zu fressen oder auch sich fortzupflanzen begrenzt sind, kommt es unter den Tieren zu einer innerartlichen Konkurrenz. Die Pferde versuchen über verschiedene Strategien, für sich selbst und ihre Nachkommen die besten Bedingungen zu schaffen, um damit die
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