Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz
versteht der Biologe eine streng reglementierte Kampfform unter Kontrahenten der gleichen Art. Zwei Hengste tragen Meinungsverschiedenheiten in der Regel in dieser Form aus. Auf das Signal des einen folgt ein abgestimmtes Signal des anderen. Die Bewegungen greifen so ineinander, dass sie dem Zweck dienen, eine Auseinandersetzung zu führen, ohne einen der beiden ernstlich zu verletzen. Kein Pferd hat das Ziel vor Augen, ein anderes tödlich zu verletzen.
Besonders bekannte Rituale sind das Kreiseln umeinander, das Zwicken in die Vorderläufe, um sich gegenseitig in die Knie zu zwingen, oder auch das gegenseitige Ansteigen oder Schnappen ins Gesicht. Durch die unterschiedlich deutliche Ausprägung der imponierenden Verhaltensweisen wird beim Kommentkampf der Rangunterschied zwischen zwei Pferden deutlich.
Macho Hengst?
Als Imponierverhalten wird das Verhalten eines Pferdes bezeichnet, das dazu dienen soll, die eigene Stärke einem Gegenüber zu präsentieren, ohne aggressiv mit ihm zu kämpfen. Die Kontrahenten werden sich gegenseitig abschätzen und dann entscheiden, ob sich ein Kampf lohnt. Ein potenzieller Paarungspartner wird anhand des sexuellen Imponiergehabes mitentscheiden, ob es sich dabei um einen attraktiven Partner handelt oder nicht.
Zu den bekanntesten Verhaltensweisen des Imponiergehabes gehören das Aufstellen des Kragens des Hengstes oder auch der in passageartigen Tritten gelaufene Schwebetrab. Die Ausdrucksweise dieser Gesten ist je nach Persönlichkeit, Pferdetyp und Rasse unterschiedlich stark ausgeprägt. Manche Pferde imponieren sehr extrovertiert, andere eher stiller. Viele Pferdetrainer gehen davon aus, dass gerade bei Hengsten ein starkes Imponiergehabe auch zu einem „dominanten“ Hengst gehört. Dieser Zusammenhang besteht allerdings nicht. Je nach sexuellem Interesse, hormonellem Status und Motivation kann das Imponiergehabe eines Hengstes mal stärker und mal schwächer ausgeprägt sein. Ein imponierender Hengst ist per se nicht dominant, sondern sexuell interessiert, die Bestrafung sexueller Bedürfnisse kann schlimme seelische Probleme zur Folge haben.
Hengstiges Problemverhalten findet man unter schlechten Haltungsbedingungen sowohl bei ranghohen Haremshengsten als auch bei subdominanten Einzelgängern. Daher sollte dringend Abstand von Maßnahmen genommen werden, die jeden Hengst als dominant und damit gefährlich abstempeln, die sein natürliches Verhalten bestrafen und nicht gewaltfrei in praktikable Bahnen lenken.
Das Imponierverhalten von Hengsten ist häufig sexuell motiviert und damit nicht generell ein Anzeichen von Dominanz.
Hengstverhalten bei Wallachen?
In unseren modernen Haltungsformen wird man meist nicht auf Hengste und ihr natürliches Verhalten treffen, sondern auf Wallache. Diese sind durch die Kastration in ihrem Verhalten meist ruhiger und ihre aggressiven und sexuell motivierten Verhaltensweisen in ihrer Häufigkeit und Intensität reduziert. Dennoch bleiben auch Wallache männliche Pferde, die je nach Zeitpunkt der Kastration in einem etwas jugendlichen Entwicklungsstadium des Verhaltens stehen bleiben. Dennoch können viele Erkenntnisse, die Biologen unter frei lebenden Hengsten gesammelt haben, auch auf Wallache in modernen Haltungsformen übertragen werden.
Reine Wallachgruppen sind gut mit den Junggesellengruppen vergleichbar. Auch hier findet man ein sehr flexibles Ranggeflecht, lockere kumpelhafte Freundschaften und eine große Neigung zum gemeinsamen Spiel. In gemischten Gruppen finden sich viele Wallache auch zu engen Paarbeziehungen mit einer Stute zusammen, die sie ähnlich wie ein Hengst zärtlich umwerben. Sicher ist das Imponiergehabe weniger stark ausgeprägt, Bedeckungen finden nur selten statt, aber an der emotionalen Zuneigung zum anderen Geschlecht ist kein Unterschied feststellbar. Selbst das Markieren der Kothaufen von Stuten mit eigenem Kot ist bei vielen gerade spät kastrierten Wallachen zu beobachten. Ganz allgemein werden Wallache umso mehr Hengstverhalten zeigen, je später sie gelegt wurden.
Begrüßungsrituale unter Pferden
Pferde begrüßen einander anders, als sie Menschen begrüßen. Ein neu in die Gruppe eingebrachtes Pferd weiß nicht automatisch, welches Pferd welche Position innehat, es kennt das soziale Geflecht der neuen Gruppe noch nicht und muss sich zunächst zurechtfinden. Das Begrüßungsritual der Pferde dient hauptsächlich der Gewaltreduktion. Es vermeidet Eskalationen und ermöglicht ein
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