Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz
Aufregung, da sie das Geräusch, welches beim Öffnen der Kiste entsteht, mit dem angenehmen Ereignis der Fütterung assoziieren. Einem vorher neutralen Reiz kommt während der klassischen Konditionierung eine bestimmte Bedeutung zu, es wird also im Gehirn des Pferdes automatisch eine unbewusste Verknüpfung von zwei Ereignissen geschaffen.
Operante Konditionierung
So wird das Lernen an Versuch und Irrtum genannt. Das Pferd probiert in einer neuen Situation verschiedene Möglichkeiten aus und wird aus den entweder positiven oder negativen Erfahrungen seine Schlüsse ziehen. Es lernt hier freiwillig, also bewusst und zielorientiert eine neue Verhaltensweise. Die operante Konditionierung ist stark von der Motivation, der momentanen Stimmung und der individuellen Handlungsbereitschaft des Pferdes abhängig. Als Trainer muss man sich also Gründe überlegen, warum ein Pferd überhaupt handeln soll. Diese Gründe können erfreulich für das Pferd sein und es auf sanfte Weise zu einem bestimmten Verhalten überreden. Sie können aber auch negativer Natur sein und das Pferd mehr oder weniger subtil zu einer Aktion zwingen.
Der Mensch hat, um das Verhalten des Pferdes zu beeinflussen, prinzipiell vier Möglichkeiten:
1. Er kann dem Tier etwas Unangenehmes zufügen (Strafe zufügen).
2. Er kann etwas für das Tier Unangenehmes beenden (Strafe beenden).
3. Er kann dem Tier etwas Angenehmes geben (Belohnung geben).
4. Er kann etwas für das Tier Angenehmes beenden (Belohnung wegnehmen).
Um die eigene Trainingsmethode identifizieren zu können, müssen wir sie einem der vier möglichen Bereiche zuordnen. Der grüne Bereich (1) stellt den gewaltfreien Bereich des Belohnungslernens dar. Je näher wir dem roten Bereich (4) der Druckmethoden kommen, desto weniger gewaltfrei ist die Trainingsmethode.
Die Trainingsoptionen
Im Umgang mit Pferden können wir uns nur zwischen den vier Handlungsmöglichkeiten entscheiden, wir können …
Wir haben die Wahl: Wollen wir Pferde mit einer Druckmethode zwingen oder über ein Belohnungssystem motivieren?
Man spricht bei diesen Möglichkeiten je nach Ausrichtung von positiver und negativer Strafe sowie von positiver und negativer Verstärkung. Ungeachtet dessen, dass es aus wissenschaftlicher Sicht diese vier Möglichkeiten der Einflussnahme gibt, arbeiten die Anhänger der Dominanztheorie fast ausschließlich mit negativer Verstärkung und mit Strafreizen. Diese Pferdetrainer warten darauf, dass das Pferd eine Verhaltensweise zeigt, die in diesem Moment nicht erwünscht ist, und korrigieren das Verhalten dann durch negative Einflussnahme. Oder sie bringen ein Pferd unter Anwendung von Druck dazu, eine Handlung auszuführen, auch wenn es von sich aus keine positive Motivation, also Freude an der Handlung hat.
Das Pferdetraining der Anhänger der Dominanztheorie funktioniert nach dem Prinzip „pressure and release“. Der Druck wird so lange immer stärker aufgebaut, bis das Pferd reagiert. Dann wird der Druck - bei professionellen Trainern - sofort unterlassen. Dabei ist das Nachlassen des Drucks oder die Pause die einzige „Belohnung“ für das Pferd. So wird beim bekannten Round-Pen-Training das Pferd durch das Nachlassen des Treibens mit dem Seil belohnt, wenn es sich kooperativ zeigt, und wieder durch das Treiben bestraft, wenn es zu langsam reagiert. Nach der verhaltensbiologischen Definition handelt es sich hier allerdings nicht um eine Belohnung, da dem Pferd nichts Positives zugefügt wird, sondern eben um das Unterlassen einer Strafe. Das ist sowohl für den trainierenden Menschen als auch für das beteiligte Pferd ein gewaltiger Unterschied. So trainierte Pferde handeln nicht aus Freude am Mitmachen, sondern weil sie den Druck fürchten. Sie wählen den Weg des geringsten Übels und werden zu Befehlsempfängern ohne eigene Einflussmöglichkeit.
Diese übliche Vorgehensweise beinhaltet schon aus sich selbst heraus verschiedene Nachteile. So trainierte Pferde erhalten nur wenige Informationen über das Trainingsziel des Menschen. Sie lernen hauptsächlich, was sie nicht tun dürfen, und nicht, was sie tun sollen. Durch diese Lernsituation wird das Pferd auf Dauer frustriert, sein gesamtes Verhalten wird gedämpft. Diese Pferde erscheinen zwar äußerst brav und unkompliziert, haben jedoch jegliche Freude am Zusammensein mit dem Menschen verloren - ein sehr hoher Preis für den scheinbaren Gehorsam. Langfristig verschlechtert sich die Beziehung
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