Vertraute Gefahr
dass jemand mitten auf der Straße parkt. Ist das nicht verboten?«
Shane grinste. »Eigentlich schon, aber es gibt ein paar Ausnahmen. Ich möchte dir Leigh vorstellen.« Er wandte sich an die Schwarzhaarige. »Und diese besonders aufmerksame Rangerin heißt Autumn.«
Autumn zwang sich zu einem Lächeln, als sie sich an Leigh wandte. »Hallo. Ich glaube, Shane versucht gerade, mir die Schuld dafür zu geben, dass er falsch parkt.«
Leigh lächelte vorsichtig zurück. Ihr langes schwarzes Haar schimmerte bläulich in der Sonne. Melancholische sherryfarbene Augen blickten sie prüfend an. »Ja, das kenne ich. Er kann einen zur Weißglut treiben.« Liebevoll sah sie Shane an.
Autumn versuchte, nicht zu zeigen, dass ihr die offensichtliche Vertrautheit zwischen den beiden wehtat. Dabei sollte sie doch froh sein, dass Shane sich für eine andere Frau interessierte, dann würde er sie selbst vielleicht in Ruhe lassen. Und das war es doch, was sie mehr als alles andere wollte, oder?
Lächelnd strich Shane über Leighs Wange. »Das stimmt ja gar nicht, ich bin ganz harmlos.« Er ging um den Wagen herum, klappte den Rollstuhl zusammen und schob ihn in den Kofferraum. Vorsichtig drückte er die Klappe zu und ging dann zur Fahrerseite hinüber. »Können wir dich mitnehmen?« Er ließ sich in den Sitz sinken und blickte Autumn fragend an.
»Nein, danke, ein bisschen Bewegung tut meinem Knie gut, außerdem bin ich sowieso schon fast da.« Sie winkte lässig ab, während es in ihr brodelte. Verletzt blickte sie dem Jeep nach, der sich in einer Staubwolke entfernte. Zu allem Überfluss durfte sie noch beobachten, wie Shane sich zu Leigh hinüberbeugte und sie küsste.
Fluchend kickte Autumn einen Stein über die Straße. Wenn sie schlau gewesen wäre, hätte sie Shane gar nicht erst so nahe an sich herankommen lassen. Wie konnte er sie gestern Abend küssen und heute mit seiner Freundin auftauchen? Wenigstens war sie rechtzeitig aufgewacht und hatte ihn weggeschickt, bevor er sie richtig küssen konnte. Sie mochte sich nicht vorstellen, wie sie sich sonst gefühlt hätte. Es reichte ihr schon dieses unangenehme Ziehen in ihrem Brustkorb, das sich mit jedem Schritt verstärkte. Aber immerhin hatte sie jetzt die Gewissheit, dass Shane nicht wirklich ernsthaft an ihr interessiert war, und es würde ihr von nun an leichter fallen, ihn auf Abstand zu halten.
Einige Minuten später erreichte sie schließlich die Kantine. Immer noch tief in Gedanken trat sie an die Theke und ließ sich eine Portion Hackfleisch mit Bohnen geben, dann suchte sie sich einen freien Tisch, stellte ihr Tablett darauf und sank auf den Stuhl. Während sie das Essen auf ihrem Teller hin und her schob, mischte sich allmählich Wut in ihre Enttäuschung.
Einige Minuten später setzte Janet ihr Tablett auf dem Tisch ab. »Hi. Ist der Platz noch frei?« Sie zuckte zurück, als Autumn den Kopf hob. »Huch. Geht es dir nicht gut?«
»Alles in Ordnung.« Autumns Blick schwenkte zum Essen zurück.
Janet hatte sich bereits gesetzt und beugte sich nun vor. »Das glaube ich dir nicht. Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert. Ich habe nur gerade Shane getroffen – mit seiner gut aussehenden Freundin.«
Das ließ sogar Janet kurzzeitig verstummen. »Das ist ja eine Neuigkeit. Ich wusste gar nicht, dass er im Moment eine hat.« Sie kratzte sich am Kopf. »Wie sah die Frau denn aus?«
»Lange schwarze Haare, sherryfarbene Augen, blasse Haut. Und sie ist anscheinend auf einen Rollstuhl angewiesen.«
Nachdenklich blickte Janet vor sich hin. »Ich ahne etwas. Hat er auch ihren Namen erwähnt?«
Autumn überlegte kurz. »Leigh. Wieso, kennst du sie?«
Janets Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Sie hielt eine Hand vor den Mund, ihre Augen funkelten.
»Was ist?« Langsam machte Autumn sich Sorgen.
»Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.« Janet legte eine Kunstpause ein. »Leigh ist seine Schwester.«
In Autumns Gesicht machte sich Unglauben breit. »Das kann nicht sein. Er hat sie doch geküsst! Zwar auf die Wange, aber trotzdem.«
Janet kicherte. »Das macht die ganze Familie so. Ständig wird umarmt und geknutscht. Und vielleicht wollte er auch nur deine Reaktion testen.«
Erneut breitete sich Wut in Autumn aus. Sollte Shane doch mit seiner Schwester kuscheln und sie dafür in Ruhe lassen. Ihr Vorsatz, sich von Männern fernzuhalten, erneuerte sich. Für einen Moment hatte sie sich von Shanes netter Art und seinem guten Aussehen täuschen lassen, aber
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