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Vertraute Gefahr

Vertraute Gefahr

Titel: Vertraute Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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angesprochen hatte, aber er hatte nicht widerstehen können, noch einmal ihren Blick auf sich zu fühlen. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen.«
    Autumn starrte ihn weiter schweigend an, die grünen Augen riesengroß in ihrem blassen Gesicht. Es war offensichtlich, dass sie irgendetwas belastete. Sein Kuss hatte anscheinend auch nicht geholfen, aber er würde sich dafür nicht entschuldigen. Stattdessen festigte es seinen Wunsch, sie näher kennenzulernen und herauszufinden, was sie so bedrückte. Vielleicht konnte er ihr irgendwie helfen.
    »Ja, natürlich.« Autumns Antwort klang zögernd. »Ich muss mich jetzt fertig machen.« Damit griff sie nach den Fensterläden und schloss sie geräuschvoll.
    Als sie später im Visitor Center ihrer Arbeit nachging, war Autumn froh, wieder mit Büchern arbeiten zu dürfen. Es beruhigte sie irgendwie. Mit ihnen kannte sie sich aus, sie hatten sie noch nie enttäuscht, verärgert oder verletzt. Besonders nach dem Schreck, Shane so plötzlich wiederzusehen, brauchte sie etwas, das sie ablenkte und ihr ein Gefühl von Sicherheit gab. Immer noch schwebte sein Anblick vor ihren Augen: sein warmes Lächeln, seine nackte Brust und die breiten Schultern, die fast den Fensterrahmen ausfüllten. Und wieder war sie erstarrt und hatte keine spontane, lockere Antwort gegeben, als er sie nach ihrer Nacht gefragt hatte. Sie hätte so tun müssen, als hätte sein Kuss sie überhaupt nicht berührt, als hätte sie ihn schon längst vergessen. Stattdessen war sie wieder geflüchtet.
    Mit einem tiefen Seufzer holte sie weitere Bücher aus dem Karton und sortierte sie in die Regale ein. Es wurde Zeit, dass sie sich auf die Arbeit konzentrierte, schließlich wollte sie einen guten Eindruck machen und Bob bloß keine Gelegenheit geben, sich zu fragen, warum er sie eingestellt hatte.
    Heute Morgen war sie Alyssa Anderson zugeteilt, die ihr zur Einarbeitung die Bücher überlassen hatte. Das Visitor Center würde erst in einer halben Stunde für Besucher geöffnet werden, sodass sie in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen konnte. Ein bisschen Lampenfieber hatte sie vor ihrer ersten Begegnung mit den Besuchern, aber im Prinzip würde das wohl auch nicht schwieriger sein als die Auskunftsarbeit in der Bibliothek. Allerdings war das nicht gerade ihre liebste Tätigkeit gewesen. Sie hasste es, nicht auf Anfragen vorbereitet zu sein und schnell auf neue Situationen reagieren zu müssen.
    Während sie die letzten Bücher in die Regale schob, stürmten bereits die ersten Besuchergruppen in das Visitor Center. Jeder wollte als Erster die Bücher, Karten und Poster in die Finger bekommen, wobei sie Autumn fast umrannten. Nachdem sie sich mit einem kühnen Sprung zur Seite gerettet hatte, rieb sie ihren Ellbogen und ging hinter dem Tresen in Deckung.
    »Puh, das war knapp!«
    Alyssa grinste sie an. Sommersprossen leuchteten in ihrem blassen Gesicht. Das karottenrote Haar trug sie zu einem dicken Pferdeschwanz gebändigt. »Das war meine Schuld, ich hätte dich vorwarnen sollen. Es ist jeden Morgen das Gleiche. Die Leute warten vor der Tür, und sowie sie sich öffnet, stürmen sie herein – wie beim Schlussverkauf. Besonders schlimm ist es bei Busreisegruppen.« Sie winkte Autumn zu sich. »Solange die Meute noch stöbert, erkläre ich dir die Funktionsweise der Kasse.«
    Das waren die letzten ruhigen Minuten des Vormittags.
    Immer noch in Gedanken bei einigen skurrilen Besucherfragen, die sie im Laufe des Vormittags gehört hatte, verließ Autumn mittags das Gebäude. Die Hitze verschlug ihr den Atem und ließ die Uniform an ihrem Körper kleben. Autumn zog ihren Rangerhut ins Gesicht und machte sich auf den beschwerlichen Fußmarsch zur Kantine. Die Sonnenbrille gab ihren empfindlichen Augen zusätzlichen Schutz gegen die grellen Strahlen.
    Den Blick auf den Boden gesenkt und völlig in ihre Gedanken vertieft, lief sie fast gegen den Jeep, der mitten auf der Straße stand. Im letzten Moment sah sie das Hindernis und sprang zur Seite. Erschrocken schob sie ihren Hut in den Nacken.
    »Vorsicht, du willst dich doch nicht schon wieder verletzen, oder?« Shane lächelte sie an.
    Er stand neben der Beifahrertür und half einer wunderschönen jungen Frau in den Sitz. Neben ihm war ein Rollstuhl. Erstaunt betrachtete Autumn die Frau, die stumm zurücksah. Zärtlich drückte Shane ihre Hand, bevor er sich Autumn wieder zuwandte.
    Abrupt hob Autumn den Blick. Verspätet reagierte sie auf seine Frage. »Ich kann ja nicht ahnen,

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