Verwandte Seelen
dass ihr das Mädchen wach bekommt, damit sie sich allein auf dem Pferd halten kann!“ Grimmt deutete mit einem Kopfnicken in Sallys Richtung, während er auf einen alten, weißhaarigen Mann zulief. „Wie sieht’s aus Dexter? Ist der Junge transportfähig?“
Erst jetzt sah ich Conner auf dem Boden liegen. Sein Arm war verbunden, seine Sachen blutverschmiert und sein Gesicht glühte vom Fieber. Er sah schrecklich aus - mehr tot als lebendig.
Ich ließ Matt los und hastete zu Conner. Kurz vor ihm kam ich zum Stehen und ging auf die Knie.
„Conner! Kannst du mich hören? Conner!“ Vorsichtig berührte ich sein Gesicht.
„Was für ein herzzerreißender Anblick“, stieß dieser schreckliche Marlon missbilligend hervor.
„Hilf lieber den anderen, als hier nur herumzustehen und sie anzuschmachten!“, erwiderte der weißhaarige Mann.
Grimmt brummte sein kehliges Lachen. Er klopfte dem alten Mann auf die Schulter. „Du hast gehört was Dexter gesagt hat. Also mach’ dich nützlich oder ich mach’ dir Beine!“
Er drehte sich zu mir um und sah mich eindringlich mit seinen finsteren Augen an. Meine Schadenfreude über die Zurechtweisung dieses Widerlings wich sofort der Angst.
Langsam beugte er sich zu mir herunter. „Wie heißt du?“
„Samantha“, antwortete ich nervös.
Er atmete hörbar ein und richtete sich langsam wieder auf. „Dachte ich mir´s doch!“
Dexter und er tauschten einen vielsagenden Blick aus.
Was hatte das zu bedeuten? Jetzt verstand ich gar nichts mehr.
„Wer seid ihr?“, fragte ich unsicher.
Grimmt setzte sich neben mich und seufzte. „Wir waren auf den Weg in eurer Dorf, um Freunde zu besuchen. Als wir uns näherten und den Tumult bemerkten, versteckten wir uns im angrenzenden Wald. Es gab keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen oder zu helfen. Dafür waren es zu viele. Bei euch verhielt es sich jedoch anders. Ihr ranntet geradewegs auf unser Versteck zu und wurdet nur von zwei Unsterblichen verfolgt.“
Er deutete auf Conner. „Euren Freund hier hatten sie zuerst eingeholt. Wir konnten eingreifen und das Schlimmste verhindern. Allerdings hatten sie euch da schon betäubt. Keiner im entfernten Dorf schien zu bemerken, was sich am Waldrand abspielte. Da versteckten wir ihre Körper im Unterholz . . .“
„Veralbern kann ich mich alleine“, fiel Matt ihm ins Wort. „Unsterbliche kann man nicht töten!“
Ohne Matt zu beachten, erzählte Grimmt weiter. „Meine Männer brachten euch hierher, um euch zu verstecken. Nur Dexter und ich blieben zurück. Wir beobachteten das Geschehen noch lange.“
„Habt ihr gesehen, was mit den Dorfbewohnern passiert ist?“, warf ich aufgebracht ein. „Mein Onkel und meine Tante . . .“
Grimmt hob Einhalt gebietend die Hand. „Als die Unsterblichen endlich aufbrachen, warteten wir noch etwa eine Stunde in unserem Versteck. Wir wollten sicher gehen, dass sie wirklich weg waren. Erst dann begaben wir uns vorsichtig ins Dorf. Viele von ihnen waren getötet oder schwer verletzt worden.“
„Oh nein . . . unsere Familien!“ Ich sah Matt verzweifelt an und begann am ganzen Körper zu zittern.
„Warum haben diese Kreaturen unser Dorf überhaupt angegriffen? Wir haben unabhängig und zurückhaltend gelebt. Was hatten sie für einen Grund?“, schluchzte Matt.
„Ich sprach mit meinem Freund James . . .“
„Mein Onkel James?“ Hoffnung breitete sich in mir aus.
Grimmt wurde langsam ungeduldig. „Ja, Samantha, deinem Onkel und deiner Tante geht es gut!“, nickte er mir zu.
Voller Erleichterung sackte ich in mir zusammen und fing glücklich an zu weinen.
„Über deine Familie kann ich dir leider keine Auskunft geben, da ich sie nicht kenne“, sagte er an Matt gewandt, bevor dieser ihm, wenn auch begründet, wieder ins Wort fiel.
Grimmt legte seine Hand auf meine. „Dein Onkel weiß, dass du hier bei uns bist. Er hat mir aufgetragen, dich in Sicherheit zu bringen.“
„Aber wir können zurück! Die Unsterblichen sind doch nicht mehr da“, sagte ich bestimmt.
„Nein!“ Grimmt stand auf und sah mich auf eine Art und Weise an, die keinen Widerspruch duldete. „Du kannst nicht nach Hause zurück. Sie überwachen immer noch euer Dorf.“
„Dann könnten wir doch unsere Familien . . . sofern sie unverletzt sind . . . zu uns holen!“, warf Matt traurig ein.
„Es war für Dexter und mich schon schwierig genug, unbemerkt wieder zu verschwinden. So lange sie sich ruhig und unauffällig verhalten, wird ihnen nichts
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