Verwandte Seelen
wenn ich keine Ahnung hatte, warum.
Ich stand unter Schock.
„Du hast dich geirrt, Grimmt . . . Ich habe mich geirrt!“, sprach Jake mit der vertrauensvollsten Stimme, die man sich nur vorstellen konnte. „Wenigstens haben wir jetzt Gewissheit.“
Er ging, ohne auch nur noch einmal in meine Richtung zu schauen.
Mit einem Mal verließ mich jegliche Kraft und ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich fühlte mich so . . . leer.
„Ist schon gut, Samantha!“ Grimmt kniete sich neben mich und nahm meine Hand, die ich ihn sofort wieder entzog. „Dexter bekommt das schon wieder hin.“
„Warum hat er das getan?“, wimmerte ich. Es tat schrecklich weh!
Grimmt atmete hörbar aus. „Wir mussten uns einfach sicher sein.“
„Sicher worüber?“ Mir wurde übel.
„ . . . Ob du ein Mensch bist.“
Ich sah ihn verständnislos an. Plötzlich musste ich anfangen zu lachen. Es klang fast hysterisch.
„Das hätte ich euch auch so sagen können, wenn ihr mich nur gefragt hättet!“, schrie ich ihn an. „Aber nein, stattdessen müsst ihr mich gleich in Stücke schneiden. Was soll ich denn sonst sein, ein Hund?“ Gleich würde ich vor Wut platzen.
Nun hörte man Grimmts kehliges Lachen. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie viel Temperament in dir steckt.“
Er stand auf und zog mich auf die Beine.
Ich versuchte, mich von ihm loszureißen, aber er schleifte mich unbeirrt mit sich fort.
„Jetzt bringe ich dich erst einmal zu Dexter, damit er sich um deine Hand kümmern kann.“ Langsam lockerte er seinen Griff und sah auf mich herunter. „Danach bin ich dir wohl eine Erklärung schuldig.“
3. Legenden
Dexter sah Grimmt fassungslos an und schüttelte den Kopf, als er meine verwundete Hand betrachtete.
Es sah wirklich schlimm aus. Über meinem Handrücken klaffte eine tiefe, etwa sechs Zentimeter lange Fleischwunde. Sie blutete immer noch sehr stark.
Vorsichtig versuchte Dexter, die Wunde zu säubern, was sich allerdings als ziemlich schwierig herausstellte, da ich ihm meine Hand ständig wieder entzog.
„Aua . . .“, protestierte ich.
„Ja, ich gebe es zu. Jake hat etwas übertrieben“, räumte Grimmt ein.
„Dann sollte er es auch selbst wieder in Ordnung bringen!“, tadelte Dexter.
Grimmt seufzte und machte sich zögernd auf den Weg.
Wir waren auf einer kleinen Lichtung, weit weg von den anderen. Sie sollten nicht verunsichert werden und von diesem kleinen „Zwischenfall“ erfahren.
„Das muss genäht werden, Kleine!“
Ich schluckte, versuchte mir dir Panik aber nicht anmerken zu lassen. Bis jetzt war ich von Verletzungen immer verschont geblieben. Als Kind hatte ich ein paar Schürfwunden, aber das war es dann auch schon.
In diesem Moment kam Grimmt wieder. „Jake kümmert sich gerade um Conner. Danach wird er sich Samanthas Hand anschauen.“
„Nein, danke!“, schnaubte ich. „Der soll mir bloß vom Hals bleiben!“
Dexter lachte. „Glaube mir, danach wird es dir besser gehen!“
Ich fragte mich, wie Jake mir helfen sollte. Vielleicht haben die Unsterblichen irgendwelche Salben, Säfte oder Tinkturen dabei. Sie verfügen sicher über wirkungsvollere Heilmittel, als wir Menschen.
„Wie geht es Conner?“
„Morgen hat er das Schlimmste überstanden“, antwortete mir Jake, der neben Grimmt auftauchte und diesem zunickte. Seine Stimme jagte mir einen wohligen Schauer über den Rücken.
„Endlich!“, murmelte Dexter zwischen geschlossenen Zähnen hervor. „Die Kleine wäre mir in der Zwischenzeit fast verblutet.“ Die Blicke, die Dexter in Jakes Richtung schoss, sprachen Bände.
Ich merkte, wie ich rot anlief. Konnte er nicht endlich damit aufhören, mich ständig „Kleine“ zu nennen?
Jake lachte. „Ist ja gut, ich habe es verstanden.“ Er hob beschwichtigend die Hände. Langsam kam er auf mich zu, vermied es aber, mich anzusehen. „Es tut mir aufrichtig leid.“
Zögernd griff er nach meiner Hand. Ich schnappte nach Luft und versuchte, mein Zittern zu verbergen.
„Du kannst mir vertrauen!“
Ich schluckte nervös. „Ach . . . tatsächlich? Nimm es mir nicht übel, aber ich habe da so meine berechtigten Zweifel!“, stieß ich aufgebracht hervor.
Jetzt sah er mich verdutzt an. Grimmt lachte leise vor sich hin, stellte es aber sofort wieder ein, als Jake ihm einen warnenden Blick zuwarf.
„Ich dachte, du bist wie ich . . . ! Ich hatte nicht vor, dich ernsthaft zu verletzen.“
„Oh . . . na . . . wenn das so ist. Warum hast du das denn nicht gleich gesagt!
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