Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
sensationelle Neuigkeit aus Schweden erreichte ihn und ließ in seinem leicht beweglichen Sinn ein neues Vorhaben Gestalt annehmen. In höchstem Tempo reiste er nach Hause, nach Schweden. Er hatte erfahren, dass Königin Christina im Begriff stand, dem schwedischen Thron zu entsagen, und dass der Pfalzgraf Karl Gustav zum neuen König gekrönt werden sollte! Dies war ein «einzigartiger und seltsamer Akt», und er wollte ihn mit eigenen Augen sehen. Ein anderer, mindestens ebenso wichtiger Grund für die eilige Heimreise war, dass er offenbar seine Beziehungen im Umkreis des Pfalzgrafen ausnutzen wollte, um sich einen guten Posten bei den Streitkräften zu beschaffen. Seit dem Ende des Kriegs hatten Militärs schlechte Konjunktur gehabt, doch nun konnte der Mann des Schwerts wieder auf gute Zeiten hoffen. Die Ursache war einfach. Karl Gustav bedeutete Krieg.
2 . Die Katastrophe am Delaware
Unruhe in Neuschweden – Ein Justizmord – Printz reist nach Hause – Die Örnen trifft ein – Risingh und der Merkantilismus – ‹Kleine weiße Kohlraupen wuchsen in unseren Füßen› – Eine glückliche Entdeckung – Die Kolonie wird wieder auf die Beine gestellt – Neue Vereinbarungen mit den Indianern – Wie die Indianer betroffen waren – Die Holländer schlagen zurück – Der Angriff auf Fort Trefaldigheten – Fort Christina wird belagert
Im gleichen Monat, als Erik in furiosem Tempo durch Mitteleuropa reiste, lief ein schwedisches Schiff in den Delaware ein und machte dabei eine sonderbare, aber glückliche Entdeckung. Im Mai 1654 waren drei Jahre vergangen, seit die Holländer ihr großes Fort Casimir auf der westlichen Seite des Flusses gebaut und den Wasserweg nach Neuschweden gesperrt hatten. Zweck dieser Maßnahme war gewesen, die blühende schwedische Ansiedlung in einen Würgegriff zu nehmen. Dies war auch über die Maßen gut gelungen. Der schwedische Gouverneur Printz war hiernach gezwungen, mehrere Blockhäuser an der Peripherie der Kolonie zu räumen, die wenigen Soldaten, die er hatte, in Fort Christina zu sammeln und die Regierenden in Stockholm mit Bitten um baldige Hilfe zu bombardieren.
Die Hilfe ließ jedoch auf sich warten. Währenddessen ging es mit Neuschweden rasch bergab. Die Minquasindianer erkannten, dass sich die Kräfteverhältnisse am Fluss verändert hatten, und stellten ihren Handel mit den eingeschlossenen Schweden bald ein. Der Sommer 1652 in Delaware war regnerisch, und die Ernte missriet. Genau wie in Europa führte dies rasch zu vermehrter Unzufriedenheit unter den Kolonisten, die sich ohnedies schon bedrängt, alleingelassen und von ihrem gewinnsüchtigen und despotischen Gouverneur malträtiert fühlten. Zum Herbst kam ihre Antwort. Ein von 22 Kolonisten unterzeichnetes Schreiben wurde Printz überreicht, worin er unter anderem angeklagt wurde, zum eigenen Vorteil Recht zu sprechen, die Leute daran zu hindern, in der Mühle zu mahlen, jeden Handel zu verhindern – während er selbst nach Kräften Handel trieb –, Waldwirtschaft, Fischerei und Neupflanzungen der Kolonisten zu behindern. Später fügten sie auch noch hinzu, dass er die Siedler behandele, als seien sie seine eigenen Landbauern, sie zur Arbeit auf seinen Pflanzungen zwinge und die Leute, die ihm nicht gehorchten, misshandele und einkerkere. Printz’ maßlos harte Antwort auf diese Anklagen lässt vermuten, dass wirklich etwas daran war. Er ließ einen der Anführer der Kolonisten, einen Anders Jönsson, unter der Anklage der Verrats festsetzen. Weniger als ein Jahr später, am 1 . August 1653 , wurde Jönsson hingerichtet, ein Vorgang, der zweifelsfrei als Justizmord anzusehen ist.
Wenn Printz allerdings gehofft hatte, durch diese Demonstration krassen Faustrechts den Gehorsam und das Gleichgewicht in der kleinen Kolonie wiederherstellen zu können, so hatte er sich geirrt. Schon früher war der tyrannische Gouverneur mit seinen Soldaten aneinandergeraten, und er selbst glaubte, dass sie «ihn sicherlich ermorden würden, wenn sich die Gelegenheit dazu böte». Es war bald offensichtlich, dass sich Printz als Gouverneur nicht länger halten konnte. Anfang Oktober 1653 gingen er, seine Frau und seine vier Töchter auf ein Schiff, während er freigiebig Versprechen von großen und gut ausgerüsteten Schiffen, die aus Schweden zu erwarten seien, an Indianer und Neusiedler austeilte. Damit fuhr er seines Wegs.
Die Zurückgebliebenen scheinen den Wortgirlanden des scheidenden Gouverneurs kein größeres
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