Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
aus Polen kamen ohne Vorwarnung. Erik war vollauf beschäftigt mit seiner Zeichnerei, als sie eintrafen; zuerst ein Brief seines alten Patrons Mardefelt, danach einer von dem Feldmarschall Wittenberg; sie baten ihn, sich eilends zur Armee nach Polen zu begeben «und alles andere zurückzustellen», und versprachen ihm, wenn er dort ankäme, ihn «auf das Beste zu akkomodieren». Das Angebot war zu gut, als dass ein frustrierter Karrierist wie Erik Jönsson es hätte ausschlagen können. Er beschloss daher, seine Studien abzubrechen, die Feder zur Seite zu legen und stattdessen zum Schwert zu greifen. Er war Zeuge des großen Kriegs in Europas Mitte gewesen, der das Gesicht des Kontinents ein für alle Mal verändert hatte und vor acht Jahren zu Ende gegangen war. Während des großen Unfriedens war das bekannte Lied von der dunklen Wolke gedichtet und von einem gepeinigten Volk gesungen worden:
Es geht eine dunkle Wolken rein /
Mich deucht es wird ein Regen sein:
Ein Regen aus der Wolken /
Auffs Graß und auff die Zäun.
Aber die Jahre des Unfriedens, der Aufstände, der Verfolgungen und der anderen Plagen waren nicht vorbei. Wieviel sie auch hinter sich gebracht hatten, so stand ihnen immer noch ein Übermaß an Prüfungen bevor. Überall, in allen Bereichen menschlichen Wirkens, konnte man das Beben ahnen, das Europa in seinen Grundfesten erschütterte. Ein Gefühl der Unruhe, der Ungewissheit und des hilflosen Mangels an Zusammenhang nagte an den Sinnen der Menschen. Es war eine bemerkenswerte und schwere Dämmerungszeit: Zweifelnd und verwirrt standen die Menschen da in dem fahlen Licht und fragten sich, was geschah und wohin sie eigentlich auf dem Weg waren.
Denn das Unwetter war nicht verschwunden, sondern hatte nur eine Weile nachgelassen, während es weiterzog, weiter nach Nordosten. Dort war nun ein neuer Sturm im Begriff, sich mächtig zu erheben und Gestalt anzunehmen. Und die Wolke breitete regenschwer ihren Schatten aus, von den einsamen, in die Wälder Västerbottens eingebetteten Höfen bis hinab zu den langen Reihendörfern auf den endlosen Ebenen Podoliens und der Ukraine, von den kleinen Fischerdörfern an der Westküste Jütlands bis zu den mauerbewehrten Städten des östlichen Livlands. Und er wehte über Frauen, die Lebewohl und adieu und nun pass gut auf dich auf sagten, und über Männer, die sich mit einer geübten Bewegung auf den Rücken der Pferde schwangen, die Rundung des Sattelknaufs mit den Händen fühlten, das Leder knarren hörten, Männer, die sich wieder einmal einordneten ins Glied, in die Reihen von Rücken und Nacken und Pikenschäften, die von tausend Händen glattgeschliffen waren, Männer, die sich auf den Weg machten mit all ihren Versprechen, die unerfüllt bleiben sollten, und Hoffnungen, die schon zu Schlacke gemacht waren, fort, den kleinen Weg entlang bis zur Biegung, wo keine Blicke sie mehr erreichen konnten, fort, bis das Geräusch von Schritten verklungen war, einem Horizont entgegen, der nur eine dünne Wand von Licht war, das darauf wartete, in sein Gegenteil verkehrt zu werden.
Der 18 . Juni 1656 war ungewöhnlich heiß. An diesem Tag stieg Erik auf sein Pferd und ritt aus Rom hinaus. Er sollte die Stadt nie mehr wiedersehen. Er schlug den Weg nach Norden ein. Die Reise führte über Siena, Florenz, Bologna, Ferrara und weiter auf die Alpen zu. Als er Venedig hinter sich gelassen hatte, öffnete sich der tiefdunkle Himmel, und der Regen setzte ein.
Anhang
Obwohl dies kein wissenschaftlicher Text ist, sollte der Leser doch einen Eindruck davon bekommen, welche Quellen ich bei der Arbeit verwendet habe. Um die Anmerkungen überschaubar zu halten und ermüdende Aufzählungen zu vermeiden, habe ich bei verwendeten Standardwerken (vor allem Clark 1950 , Roberts 1969 C, The New Cambridge Modern History vol. IV , Parker 1988 , Pennington 1989 , Munck 1990 und Nilsson 1990 ) oder wo es sich um allgemein bekannte Fakten handelt, auf Verweise verzichtet. Aus dem gleichen Grund gibt es auch in den Abschnitten, die von Erik Jönsson handeln, keine Verweise; woher diese Fakten stammen, geht in der Regel aus dem Text hervor.
Abkürzungen
AOSB
Axel Oxenstiernas Schriften und Briefwechsel
APW
Acta Pacis Westphalicae
BUAGW
Briefe und Akten zur Geschichte Wallensteins
DDKA
Der Dreißigjährige Krieg in Augenzeugenberichten
EAS
Ett annat Sverige
EDB
Erik Dahlbergs Tagebuch
EDT
Erik Dahlbergs Zeichnungen
GIIA
Gustav II Adolf (Gedenkschrift des
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