Verwüstung
Wieder war Mira entsetzt darüber, welche Büchse der Pandora sie geöffnet hatte, als sie sich bereiterklärt hatte, den Explosionsort des Hummers zu lesen.
»Aber halten die Baubestimmungen nach Andrew Stürmen von 260 stand?«, fragte Mira. Hält überhaupt etwas solchen Kräften stand?
»Vergiss das Sperrholz. Wenn das Oberlicht rausfliegt, dann ist auch das Sperrholz weg.« Er hörte auf herumzutigern. »Mach uns ein paar Sandwiches, Mie-rah. Käsetoast, Bratpfanne, Butter auf beiden Seiten vom Brot.«
»Du machst einen Fehler«, sagte Tia leise. »Dieses Biest wird schlimmer als Andrew, und wir sollten alles tun, was uns einen Vorteil verschafft.«
»Einen Vorteil? « Er lachte. »Der einzige Vorteil, den man bei so einem Sturm haben kann, besteht darin, anderswo zu sein. Und unglücklicherweise haben wir diese Möglichkeit nicht mehr.« Er richtete seine kleinen dunklen Augen auf Mira. »Essen. Wir brauchen etwas zu essen. Und trockene Sachen.«
Mira zog die Bratpfanne hervor, holte Butter, Käse, Brot. Als sie die Küchenschublade aufzog, betrachtete sie die Messer, von denen viele scharf waren. Welches? Welches war das schärfste, längste? Franklin knallte plötzlich die Schublade zu und schnalzte mit der Zunge.
»Dumme Idee, Mie-rah.« Er riss die Schublade aus dem Schrank und knallte sie auf den Tresen. »Baby, such alles Scharfe raus und schaff es weg.« Er starrte Mira an, und sie fühlte sich beschmutzt, befleckt und schaute weg. »Damit kannst du Käse schneiden.« Er klatschte ein Plastikpicknickmesser auf den Tresen.
Dann klingelte das Telefon.
Das Geräusch erklang mit einer entsetzlichen Deutlichkeit und ließ sie alle erstarren. Franklin rührte sich als Erster, griff nach dem Telefon und schaute auf die Anzeige. Unbekannt. Er sah Mira in die Augen. »Wer kann das sein?«
»Wahrscheinlich einer der Nachbarn, der wissen will, wie es uns geht«, log sie.
Er hob das Gewehr und zielte damit auf Nadine. »Ein falsches Wort und sie beißt ins Gras.«
Mira wurde eiskalt. Sie nickte. Kaum berührte Mira das Telefon, wusste sie, dass es Annie war, die auf ihrem Handy aus der Garage anrief. Mira war plötzlich dankbar, dass sie versehentlich ihr eigenes Handy im Schlafzimmerschrank hatte liegen lassen. Sonst wüssten sie jetzt, dass sie ein Handy hatte, und würden es ihr wegnehmen.
»Morales-Haushalt.« So meldete sie sich sonst nie.
» Eu coosi dao, Mikono«, sagte Annie mit leiser, zitternder Stimme in ihrer Geheimsprache. Sie war unvollständig, diese Sprache, aber sie hatten sich schon genug ausgedacht, um sich einigermaßen zu verständigen.
» Santelo ni opeku tuman. Eu juraz non bokuto. Eu coosi dao. Suki. Timbo. « Das hieß ungefähr: Bleib in deinem Versteck, ich kann nicht offen sprechen. Ich liebe dich, Annie. Uns geht es gut.
Annie begann zu weinen und versuchte, trotzdem zu sprechen. Sie schlug vor, mithilfe von Textnachrichten zu kommunizieren. Sie würde ihr Handy oder ihren PDA so lange wie möglich benutzen und sagte, sie würde auf ein Zeichen von Mira warten, bevor sie aus ihrem Versteck käme. Außerdem würde sie versuchen, Shep oder 911 zu erreichen.
Franklin riss Mira plötzlich den Hörer weg. »Hallo, wer ist da?«, wollte er wissen. Er lauschte, dann knallte er den Hörer auf den Tisch. »Wer war das? Welche Sprache habt ihr gesprochen?«
»Eine Nachbarin. Sie ist Griechin. Sie sorgt sich, weil ihr Mann noch nicht nach Hause gekommen ist.«
»Für mich klang das nicht wie Griechisch«, sagte er.
»Das ist ein Dialekt auf Kreta.« Wie geschmeidig diese Lüge gekommen war, dachte sie, und wie überzeugend sie klang.
Er riss das Kabel aus der Wand. »Keine Anrufe mehr. Wenn die Sandwiches fertig sind, bring sie ins Wohnzimmer. Wir wollen mal sehen, was der Sturm macht. Behalt sie im Auge, Baby.«
Dann führte er Tia und Nadine ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher ein, zog einen Sessel heran und thronte dort wie ein Feudalherr in seinem Schloss. Mira hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Sie briet die Käsetoasts, legte sie auf Pappteller. Ihre Gedanken rasten, kreisten aber immer wieder um eine unbestreitbare Tatsache: Sie hatte diese Tür geöffnet, als sie sich bereiterklärt hatte, Dillard zu helfen. Es war ihre Schuld, nicht Sheppards. Nicht in einer Million Jahren konnte sie ihm daraus einen Vorwurf machen.
Draußen traktierten Danielles Ausläufer die Insel.
16
Eine körperlose Stimme stach auf Sheppard ein wie eine neue, glänzende
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