Verwüstung
Wetterfrosch«, endete sie mit einem Grinsen.
»Ein Wettermann?« Nadine lachte laut auf. »Faszinierend. Wie wird man denn vom Wettermann zum Mörder? Und warum tragen sie so viel Schwarz? Ist das so eine Darth-Vader-Sache?«
Mira begriff, dass Nadine ebenfalls versuchte, Franklin abzulenken. Je länger er sich im Haus befand, desto länger würde es dauern, bevor er in die Garage ging und sie gründlich durchsuchte. Aber er ließ sich nicht ködern. Er trat vor Nadine und verpasste ihr eine derart heftige Ohrfeige, dass ihr Kopf zurückzuckte, ihre Nase zu bluten begann und Tränen in ihre Augen traten.
»Halt die Schnauze. Ich mag keine alten Leute. Und dich schon gar nicht, Nej-dien.«
Mira eilte mit einem Küchenhandtuch zu ihrer Großmutter, drückte es gegen Nadines Nase und starrte Franklin böse an. »Sie sind unnötig brutal.«
»Ja, bin ich.« Er grinste wieder sein widerliches Grinsen.
»Natürlich ist er Abschaum«, sagte Tia. »Das ist das Einzige, was wir drei gemeinsam haben.«
Crystal schaute beleidig. »Ich bin kein Abschaum.«
»Fangen wir noch einmal von vorne an«, sagte Franklin. »Wann wurde das Haus erbaut?«
»Sommer.« Nadine wischte sich mit dem Küchentuch die Nase. »1960.«
»Okay, das ist ein Anfang. Im September 1960 erreichte Hurrikan Donna die Keys.«
»Aber Donna richtete den Großteil des Schadens auf den Middle und Upper Keys an«, sagte Tia. »Stetige Winde der Kategorie vier, mit einer Spitzengeschwindigkeit von 290. Key West und Tango kamen mit viel schwächeren Winden davon, vielleicht unteres Ende Kategorie drei, wenn überhaupt.«
»Aber auf Key West hat sie nix kaputt gemacht«, setzte Franklin hinzu.
»Genau. Doch dann kam Betsy, 1965. Trotz all der tollen Vorhersagen. Sie war deutlich nördlich der Upper Keys. Aber sie war ein verführerisches Biest und entschied sich einfach anders, oder, du Penner? Zog zurück auf die Bahamas, überlegte es sich dann noch mal anders und nahm sich die Middle und Lower Keys vor, höchste Windgeschwindigkeit bis 260. Aber das Haus ist noch da. Das heißt also, es muss Betsy überstanden haben. Nächster.«
»Schnauze, Lopez.«
Sie winkte ab. »Wir hätten dich im Naturschutzgebiet lassen sollen. Du machst bloß Ärger. Und nur zu deiner Information, ich weiß genauso viel wie du über Hurrikans, wahrscheinlich sogar mehr. Und ich sage dir, Danielle wird dieses Haus plattmachen, wenn du die Oberlichter nicht abdeckst.«
Er ignorierte sie. »Inez, 1966, das war der nächste große. Key West und Tango hatten aber kaum Winde der Kategorie eins. Wenig Schäden, und nur am Südende von Tango.«
Tia verdrehte die Augen. »Na ja, das war doch klar. Das Südende von Tango wird von Danielle vernichtet. Jetzt sind wir im Jahr 1987, einundzwanzig Jahre ohne Hurrikans in Südflorida, und dann kommt Floyd. Windhöchstgeschwindigkeit kaum Kategorie zwei. Geringe Schäden auf Key West, aber ein paar Überflutungen und Dachschäden am Südende von Tango. Und dann 1992.«
»Andrew«, sagte er leise, fast respektvoll, dachte Mira.
»Lass uns nicht darüber reden«, sagte Tia.
»Doch, lass uns. Komm schon, Lopez, es kann doch nicht so schlimm gewesen sein. Ich habe damals für das National Hurricane Center gearbeitet. Und was die Keys angeht, so gab es Schäden im Norden – auf Key Largo –, aber das war bloß ein Scherz im Vergleich zu den Verwüstungen auf dem Festland, in Homestead und Miami. Aber der Sturm hat die Stromleitungen zu den Keys zerstört.«
»Schätzchen«, sagte Tia leise und schüttelte den Kopf, »er hat viel mehr als das zerstört.«
»1998, Hurrikan George. Winde am oberen Ende der Kategorie zwei, zerstörte eine Reihe Hausboote auf Key West, verursachte massive Schäden im Hafen von Tango, beschädigte einen Teil des Anlegers in Tango. Gut zwanzig Zentimeter Regen. 1999. Hurrikan Irene. Regen, Regen, Regen und nochmal Regen. Keine großen Schäden vom Wind. 2004. Danielle. Kategorie fünf.«
»Ah-ha«, sagte Tia. »Wir sind am Arsch. «
Schweigen. Der Regen hämmerte auf das Dach, der Wind rüttelte an den Faltläden. Mira presste die Fäuste vor die Augen und schickte ihrer Tochter im Geiste Botschaften, sich zu verstecken, ruhig zu bleiben, die Hündin ruhig zu halten.
»Wenn das Dach nach Andrew ersetzt wurde«, sagte Franklin, »als die Baubestimmungen härter waren, dann halten die Oberlichter vielleicht sogar. Außerdem bringt Sperrholz gar nichts. Das macht es für uns auch nicht sicherer.«
Uns.
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