Verzeih mir, mein Herz!
sie missverstanden haben, Lady Chadwick”, unterbrach Jordan die lastende Stille, die eingetreten war. „Miss Barkley sprach über Paris und Helena und in dem Fall, denke ich, muss sie nicht einmal falsch liegen. Aphrodite versprach Paris schließlich für seinen Richterspruch bei der Wahl der schönsten Göttin, dass er im Gegenzug zu ihrer Ernennung die schönste Frau zur Gattin erhielt - Helena. Und ich glaube nicht, dass es ein Widerspruch in sich ist, etwas besitzen zu wollen und es, in dem Fall sie, zu lieben.”
Jordans diplomatisches Geschick war lächerlich, zumindest empfand Elizabeth es so, und ein ungewollter Blick in Daniels Richtung ließ sie erkennen, dass sie nicht so verschieden waren, wie sie es sich wünschte.
Daniel feixte und verbarg seine Belustigung nicht einmal ansatzweise. Jordan presste die Lippen aufeinander, als wäre auch ihm bewusst, wie dumm er geklungen hatte, waren seine Worte doch wenig überdacht gewesen und zielten einzig und allein darauf ab, Elizabeth aus der Schusslinie zu ziehen, war sie doch sichtlich um Worte verlegen.
„Das ist genau das, was ich sagen wollte. Danke, Lord Aylesbury.” Elizabeth schluckte unbehaglich und senkte die Lider, um Jordans Blick auszuweichen. Sie hatte sich nur für seine Ritterlichkeit revanchieren wollen und war eigentlich gar nicht seiner Meinung. Schloss Habgier Liebe nicht von vornherein aus? Schloss der Wunsch, jemanden oder auch etwas zu besitzen, nicht jegliche emotionale Bindung aus?
„Bitte entschuldige, Melanie, natürlich ist es möglich, dass sich Helena und Paris augenblicklich ineinander verliebten, als sie sich begegneten. Es ist ein sehr interessantes Thema.”
„Vielleicht sollten Sie meine Schwester Alexandra einmal besuchen, Miss Carmichael, sie ist selbst Künstlerin, ich bin mir sicher, sie hätten ein schier unerschöpfliches Meer an Gesprächsthemen”, warf Daniel jovial ein und zwinkerte dem Mädchen zu. Elizabeth war dankbar für Lord Southamptons Intervention und hielt sich im weiteren Verlauf des Gesprächs zurück, um nicht wieder unangenehm aufzufallen.
Jordan wanderte ungeduldig auf dem guten Teppich vor dem Wärme spendenden Kamin in Daniels Zimmer auf und ab und wartete angespannt darauf, dass der Kammerdiener Handson sein Werk beendete. Daniel war keineswegs in Eile, zog es ihn doch so gar nicht frühzeitig in den Salon, wo er seiner anstrengenden Cousine und seiner nicht minder enervierenden Tante gegenübertreten musste. Selbstverständlich wäre Miss Barkley durchaus ein Anreiz, wenn sie nicht gar so bärbeißig wäre, und die jungen Damen, Melanie und Jasmine, waren zumindest angenehme Gesellschaft, was ihn überhaupt dazu bewog, am Dinner teilzunehmen. Handson band Daniel das Krawattentuch zu einem kunstvollen Gebilde, bevor er zurücktrat und sein Werk begutachtete. Anscheinend war Handson mit der Wahl der beigen Pantalons, der gelben Weste und dem mitternachtsblauen Justacorps durchaus zufrieden, denn er nickte kurz und zog sich nach einem unauffälligen Wink seines Herrn zurück. Daniel besah sich derweilen seine Frisur und zupfte noch einige Haarsträhnen zurecht, was Jordan zu einer unwilligen Bemerkung reizte.
„Ich lege nun mal wert auf mein Erscheinungsbild, mein Guter, schließlich bin ich nicht in der beneidenswerten Situation, bereits die Gunst einer Göttin erlangt zu haben. Geschweige denn die Hand einer unwiderstehlichen Sterblichen!”
Jordan knurrte angesäuert und kniff die Augen zusammen. „Auf mich trifft beides schwerlich zu, Daniel! Und höre bitte auf, mich zu verspotten.”
„Tut mir leid, das wird nicht möglich sein. Es war schon rührend, wie du Miss Barkley zu Hilfe geeilt bist, zumal wohl ein jeder wusste, dass sie genau das gemeint hatte, was wir alle verstanden haben! Ich frage mich, wann genau sie aufgehört hat, an die Liebe zu glauben. Meinst du, sie würde es mir verraten?”
Jordan schnaubte. Das war nicht das Thema, über das er sprechen wollte, beschäftigte ihn doch eine viel dringlichere Frage.
„Lass Beth in Ruhe, Daniel, sie ist meine Verlobte!”
„Die du nicht willst. Obwohl ich sagen muss, dass ich dich zunehmend verstehe. Sie ist etwas zu direkt und einiges zu ungehobelt. Ich bin mir sicher, dass man jungen Damen auch in Surrey beibringt, sich angemessen zu betragen. Bei ihr ist da wohl etwas schiefgelaufen. Ich bin mir noch nicht ganz darüber im Klaren, was ich schlimmer finde: die offene Abneigung Miss Elizabeths oder die geheuchelte
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