Verzeih mir, mein Herz!
Zuneigung meiner Tante.”
Jordan grummelte seine Zustimmung und verbiss sich eine weitere ungerechtfertigte Verteidigung seiner Verlobten, obwohl es ihm fast wie ein Vertrauensbruch erschien. Seltsam, was gerade mal vierundzwanzig Stunden in ihrer Gesellschaft aus ihm gemacht hatten. Es wäre ihm vorgestern gar nicht in den Sinn gekommen, Elizabeths unpassendes Verhalten zu entschuldigen, aber er fühlte sich tatsächlich für sie verantwortlich. Ihr Eingeständnis, dass sie seit dem Tod ihrer Familie kein Glück mehr verspürte, hatte ihn tief getroffen. Er hatte ihr in einem kurzen Schreiben seine Kondolenz bekundet, anstatt sie aufzusuchen und sich um ihre Trauer zu kümmern. Er war auch nur zur Beisetzung ihres Vaters erschienen, nicht zu denen des geliebten Bruders und der verehrten Mutter. Er hätte sie aufsuchen müssen! Und sich nicht damit herausreden dürfen, dass sie im Schoß ihrer Familie schon gut aufgehoben wäre. Eigentlich war nicht sie ungehobelt zu nennen, sondern er und dies veranlasste ihn, sie doch zu verteidigen: „Sie ist nicht ungehobelt. Und ihre Erziehung ist tadellos. Ihre brüske Art erklärt sich doch von selbst.”
„Sprichst du nun von deiner Vernachlässigung oder von der Tatsache, dass sie dich loswerden will?”
Im Gegensatz zu Daniel fand Jordan das gar nicht lustig. Er warf Daniel einen mörderischen Blick zu, wandte sich um und riss die Tür auf. Mit langen Schritten eilte er in Richtung des grünen Salons und wurde erst kurz vor der Tür von Daniel wieder eingeholt.
„Du solltest eine Entscheidung treffen, Jordan! Beth oder Aphrodite. Dein ständiges Hin und Her ist recht ermüdend!” Damit öffnete Daniel die Tür selbst und gab seinem höherrangigen Freund dann mit einer kleinen Verbeugung den Vortritt. Zu ihrer immensen Verblüffung befanden sich nicht nur die zu erwarteten Familienangehörigen in dem heimeligen Raum, sondern noch etwa ein Dutzend andere. Lady Chadwick beeilte sich den beiden Lords mit einem strahlenden Lächeln entgegenzueilen und zog sowohl ihren Neffen als auch den Marquess am Arm von einem Gast zum nächsten, um sie miteinander bekannt zu machen. Es war überaus auffällig, dass neben Miss Barkley und Miss Susan Carmichael keine ledigen Damen anwesend waren. Dafür aber weitere ledige Herren, was Daniel mit einem schiefen Lächeln zur Kenntnis nahm, als man ihn der Mutter einer dieser Herren vorstellte. Jordan ließ Lady Chadwicks besitzergreifendes Gehabe stoisch über sich ergehen und behielt seine Verlobte stets im Auge. Das Erste, das ihm aufgefallen war, als sie den Salon betraten, war, dass sie neben einem hochgewachsenen Mann stand und ihn anstrahlte. Endlich erreichten sie Elizabeth und ihre Begleitung, zu der sich mittlerweile auch Susan sowie ein Geistlicher gesellt hatte.
„Mylords, darf ich Sie mit Lord Ambrose Campbell, Earl of Plaisley, bekannt machen? Und Reverend Alberton?”
Der Earl machte eine angedeutete Verbeugung und sprach dem sauertöpfischen Marquess ein Kompliment zu seiner Verlobten aus, was Jordan noch verdrießlicher dreinschauen ließ. Der Geistliche stimmte dem Vorredner bescheidener zu und hob hervor, wie sehr ihnen allen die junge Lady ans Herz gewachsen war.
Errötend unterbrach Elizabeth den Gottesmann: „Aber Reverend, Sie machen mich ganz verlegen!”
„Nein, nein, meine Liebe, Dartmoor wird Sie schmerzlich vermissen. Jeder Einzelne von uns! Gewiss stimmt mir Lord Plaisley zu.”
Das tat der Adlige, wohl bemerkend, dass der Verlobte der angepriesenen Lady immer fuchsiger wurde. Daniel beobachtete interessiert, wie sich ein gemeiner Zug um Susans Mund bildete. Ihre Augen verengten sich, als sie über Elizabeth glitten und einen winzigen Moment lang waren ihr ihre Gefühle in aller Deutlichkeit von ihrem so unschuldig erscheinenden Antlitz abzulesen.
„Wirklich Lord Ambrose, Sie sollten den Reverend nicht auch noch bestärken. Ich bin mir sicher, dass Sie schnell Ersatz für meine Wenigkeit finden werden, sollte ich Dartmoor denn verlassen.”
„Da wage ich zu widersprechen, Miss Elizabeth, haben mich doch die wenigen Wochen Ihrer Abwesenheit nach London getrieben.” Plaisley lachte leise und zwinkerte dem Mädchen zu. Tatsächlich waren seine Gründe für seinen Aufenthalt in der Hauptstadt andere gewesen, suchte er doch nach einer passenden Braut.
„In dem Fall tut es mir aufrichtig leid, dass ich Sie durch mein Fernbleiben zu einem so drastischen Schritt genötigt habe.” Sie schenkte dem Lord
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