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Verzeihen ist immer moeglich

Verzeihen ist immer moeglich

Titel: Verzeihen ist immer moeglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Jakoby
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Alles, weil ich Angst habe.«
    Diese Frau befindet sich in einem Zwiespalt: Einerseits sehnt sie sich nach der Nähe ihres Großvaters, andererseits hat sie Angst, ihn wirklich loszulassen, da dann die Phänomene aufhören würden. Ein junger Mann schrieb mir Ähnliches:
    »Ich bin zwanzig Jahre alt und vor einem halben Jahr starb mein Vater. Kurz nach seiner Beerdigung, ich war gerade am Einschlafen, bemerkte ich ein sanftes Streicheln vom Kopf bis zu den Schultern. Ich weiß, das ist mein Vater, der mich trösten will. Es ist immer nur von kurzer Dauer, doch es wiederholte sich über viele Wochen. Mir wurde die Situation immer unheimlicher. Eines Tages bat ich ihn, die Berührungen sein zu lassen. Sie hörten danach schlagartig auf.«
    Die Verstorbenen wollen uns durch ihre Anwesenheit trösten und durch körperliche Zuwendungen beruhigen. Die Angst bei den Hinterbliebenen entsteht dadurch, dass etwas Unerwartetes und Ungewöhnliches geschieht, das wir vorher nicht für möglich gehalten haben. Dennoch hat ein taktiler Kontakt eine große Heilkraft. Den Angehörigen wird vermittelt, dass die Verstorbenen zurückkehren, um ihnen ihre Zuneigung zu zeigen und den Lebenden Mut zu machen, nicht aufzugeben und in Trauer zu versinken. Mike verlor seine Tochter Laura bei einem Autounfall:
    »Zwei Tage nachdem meine Tochter getötet wurde, lag ich auf dem Sofa und schlief. Ungefähr zehn Minuten nach dem Einschlafen wurde ich von Lauras Kuss geweckt. Ich wusste genau, sie war da! Sie küsste mich auf die Lippen – ich spürte, wie sie mich küsste! Ich wusste ohne jeden Zweifel, dass meine Tochter mir diesen Kuss gab, um mir zu zeigen, dass es ihr gut ging. Alles, was Laura zu sagen hatte, war in diesem Kuss enthalten. Es war sehr tröstlich für mich – ich war so froh! Das war das Wunderbarste, was ich je erlebt habe!« 34
    Verstorbene versuchen, durch ihre Gesten und Berührungen ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Die Angehörigen empfinden das häufig wie eine Wolke aus Wärme und Trost, in der sie eingehüllt sind. Viele sind dadurch imstande, den Verlust zu akzeptieren, durch die Liebe und den Frieden, die ihnen zuteil werden.
    Im folgenden Beispiel erfolgt eine Art von Aussöhnung durch einen Nachtodkontakt. Linda hatte ihr Leben lang kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter. Das änderte sich erst in den letzten Monaten, bevor diese an Krebs verstarb. Linda war traurig darüber, dass sie sich mit ihrer Mutter nie wirklich ausgesprochen hatte. Am Tag nach der Beerdigung der Mutter erlebte sie Folgendes:
    »Ganz plötzlich fühlte ich, dass meine Mutter irgendwie im Zimmer schwebte. Zuerst glaubte ich an eine Halluzination. Aber dann legte sie die Arme um mich und tröstete mich. Sie legte sich um mich wie eine große, daunenweiche, warme Wolke und wiegte mich wie ein verängstigtes kleines Kind. Ich hatte lange, lange geweint und sie beruhigte mich wieder. Ihre Umarmung gab mir Kraft und Energie, und sie dauerte ungefähr fünfzehn Minuten. Ich wusste, es war meine Mutter. Ich wusste es einfach! Und ich bin sehr dankbar dafür, dass sie mir geholfen hat, meinen Kummer zu bewältigen.« 35
    Verzeihen zu können und aufeinander zuzugehen ist zu jeder Zeit möglich, da unsere Alltagswelt nicht von dem, was wir Jenseits nennen, getrennt ist. Verstorbene sind sozusagen nur einen Wimpernschlag von uns entfernt.
    Durch ihre Anwesenheit durchdringen uns die Verstorbenen, und deswegen können wir vor ihnen nichts verbergen. Sie reagieren auf Gedanken und Bedürfnisse, da sie nicht von uns getrennt sind. Das Jenseits ist keine entfernte Dimension, sondern ein Sein, in dem nur Liebe wirklich ist, eine Welt der Gleichzeitigkeit und Allgegenwärtigkeit – jenseits aller Form. Für die Verstorbenen existieren keine körperlichen, mentalen oder emotionalen Begrenzungen mehr, und allein ein Gedankenimpuls kann sie in unsere Nähe bringen. Eine Frau berichtete:
    »Meine Tochter Tina nahm sich das Leben aufgrund einer langwierigen psychiatrischen Erkrankung. Ich hatte das Gefühl, versagt zu haben, und meine Trauer wurde durch quälende Schuldgefühle verstärkt. Eines Abends lag ich völlig verzweifelt auf meinem Sofa, als ich plötzlich die Gegenwart Tinas spürte. Dann war ich eingehüllt in eine Umarmung, und sie teilte mir telepathisch mit, dass sie ihren Frieden gefunden habe, und ich solle mir keine Vorwürfe machen.
    Sie allein trage die Verantwortung für ihr Handeln. Es tue ihr alles sehr leid, aber das sei ihr Weg

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