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Verzeihen

Verzeihen

Titel: Verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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da nichts. Er geht da gern hin, ich ja nicht.«
    Süden hielt ihr ein Din-A4-Blatt hin. »Könnte es dieser Mann gewesen sein?«
    Frau Glasner wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab.
    Nahm den Computerausdruck aber nicht in die Hand.
    »Ich hab ihn nicht gesehen«, sagte sie.
    »Und Ihr Mann?«
    »Das hätt er mir gesagt.«
    Süden steckte das Phantombild wieder ein.
    »Kennen Sie die Frau Jennerfurt gut?«, fragte Sonja. Sie bekam langsam Hunger.
    »Wir reden schon mal zusammen, sie wohnt so ungefähr seit drei Jahren hier, ich glaub, die…« Wieder verzog sie den Mund.
    Sie knisterte ein wenig mit der Plastiktüte und fuhr dann mit dem Messer über das Brett. »Ich glaub halt, die war früher im Gewerbe, das wissen Sie ja…«
    »Nein«, sagte Sonja.
    »Was für ein Gewerbe?«, fragte Süden ernst.
    »Das sexuelle«, sagte Frau Glasner. »Mein Mann sagt, er hat sie mit ihrer Freundin im Sommer da drüber reden hören, die waren beide da, die Frau Jennerfurt und die Freundin, in dem Gewerbe…«
    Auf der Straße schüttelte Sonja den Kopf. »Wie kann ein Mann von vierundvierzig Jahren nur so kindisch sein?«
    »Ich weiß, wie alt ich bin.«
    Während sie zu Iris Frost fuhren, hingen beide ihren Gedanken nach. Und dachten dasselbe. Fast hätten sie beide eine Grunderfahrung aus jahrelanger Polizeiarbeit vergessen: Welchen Eindruck auch immer jemand hinterließ, wie offen und geradeheraus er im Gespräch auch wirken, wie dringend und beunruhigend sein Anliegen auch sein mochte – immer war eine Lüge im Spiel. Es gab niemand, der nicht log. Der nicht etwas verschwieg. Oder verschönte. Oder bloß veränderte. Und wer einmal log, der log immer wieder. Daran hatten sich die Kommissare gewöhnt. Und doch ertappten sie sich bisweilen dabei, wie sie leichtgläubig Aussagen vertrauten. Weil diese von Personen stammten, die aufrichtig und besorgt wirkten.
    Vielleicht meinte Iris Frost, ihre Vergangenheit und die ihrer Freundin spielten keine Rolle mehr. Und vielleicht stimmte das aus ihrer Sicht. Doch so naiv konnte sie nicht sein, dass sie eine Verbindung zwischen Arianes früherem Leben und ihrem Verschwinden nicht für möglich hielt.
    »Wir nehmen sie mit ins Dezernat«, sagte Sonja.
    »Erst reden wir mit ihr«, sagte Süden.
    Wie immer saß er auf dem Rücksitz, in die Ecke gezwängt, als erwarte er jeden Moment weitere Mitfahrer neben sich, und schaute aus dem Fenster.
    »Volker ist sauer, weil du den Kollegen mitten in der Nacht eingespannt hast«, sagte Sonja.
    Sie jagte den Dienstwagen, einen grauen Opel Vectra, die Lindwurmstraße hinunter. Eilig hatte sie es nicht. Sie war bloß ungeduldig.
    »Roland hatte sowieso Bereitschaft.«
    »Darum gehts nicht.«
    Ob der Leiter der Vermisstenstelle sauer auf ihn war, interessierte Süden so viel wie ein Wetterumschwung in Kasachstan.
    »Grüß Gott«, sagte Iris Frost an der Tür ihres Lokals. Sie hatte die beiden Kommissare von der Parkbucht auf der anderen Straßenseite herüberkommen sehen.
    »Stimmt das, dass Sie und Ariane Jennerfurt im Rotlicht gearbeitet haben?«, fragte Sonja.
    Iris sagte nichts.
    »Warum haben Sie uns das verschwiegen?«, fragte Süden.
    »Bis heut Abend!« Ein Gast im grünen Anorak drängte sich an ihnen vorbei.
    »Tschüss, Hermann!«
    Hermann hustete. Wankte in die Alramstraße. Und stieg in sein Auto. Ohne nach rechts oder links zu sehen, fuhr er in die Implerstraße. Und raste davon.
    Die Kommissare warteten auf eine Antwort von Iris Frost.
    »Ja«, sagte sie nach einer Weile.
    »Frau Frost…«, begann Sonja.
    »Das ist vorbei. Und ich weiß gar nicht, was Sie das angeht. Ariane ist verschwunden!«
    Sie redeten eine halbe Stunde mit ihr. Danach machten sie sich auf den Rückweg. Die Wirtin nahmen sie nicht mit. Mit welchem Recht auch? Das Verschwinden eines Menschen war kein Verbrechen. Wenn Iris Sonja nicht freiwillig in Arianes Wohnung mitgenommen hätte, hätte sie das akzeptieren müssen. Kein Richter würde ihnen eine Durchsuchungserlaubnis ausstellen.
    »Wir müssen mit diesem Zuhälter reden«, sagte Sonja.
    »Enzo.« Süden hatte wieder das Phantombild in der Hand. Wer war dieser Mann? Wo steckte er? War er es, den Frau Glasner sprechen gehört hatte?
    »Wenn dieser Mann von einer Reise zurückkam und Ariane betrunken war, dann sind die mit einem Taxi gefahren«, sagte Süden.
    Kurz darauf zeigte Freya Epp das Bild sämtlichen Taxifahrern rund um den Hauptbahnhof.
    Ein Blick in den Frühstücksraum des »Hotels Renata«

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