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Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Titel: Verzeihung, sind Sie mein Koerper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christl Lieben
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Versuch, dem Schuldgefühl zu entkommen. Irgendwo in uns wohnt eine Instanz, die den Ausgleich in der Sühne sucht, um das emotionale System zu entlasten. Krankheit als Selbstbestrafung?
    Selbstanklage, Selbstgeißelung, die kein Ende findet, ja oft zu einer Lebenshaltung mutiert, ist ein anderer Versuch, mit Schuld umzugehen, der ähnlich ungesund ist wie der Weg der Verdrängung. Das einzig Konstruktive daran ist die ausgesprochene, die benannte Schuld. Allerdings braucht es einen Erkenntnisprozess und den Mut, das Erkannte mit anderen zu
teilen. Dieser Prozess ist hilfreich, wenn er eine Zwischenstation der Schuldaufarbeitung und keine Endstation ist.
    Wenn wir uns selbst anklagen, fördern wir zwei Persönlichkeitsanteile, den Ankläger und den Angeklagten in uns. Der Ankläger mit seinem drohend erhobenen Zeigefinger wird mit der Zeit zu einer Karikatur des Über-Ichs, der Angeklagte zu einer Büßerfigur, die auf ihren Knien nicht wagt, den Blick zu heben. Je kleiner und grauer der Angeklagte sich fühlt, je unerbittlicher der Ankläger droht und seine Verurteilung erneuert, umso mehr glauben wir, unsere Schuld zu bewältigen. Tatsächlich versuchen wir auf diese Weise, einer wahrhaftigen Begegnung mit unserer Schuld zu entkommen.
    Seit Jahren wird die kollektive Schuldbewältigung der NS-Zeit so gehandhabt. Ich frage mich, was das mit den Opfern und Tätern dieser Zeit macht. Diese Haltung kann zu einem in sich selbst kreisenden Spiel werden, das uns eine falsche Wirklichkeit der Bewältigung vorgaukelt, uns aber von uns selbst und den anderen trennt, ja isoliert. Uns und die Menschen, an denen wir schuldig geworden sind, haben wir verloren und sie haben uns verloren. Unser Körper hält diese Tortur auf Dauer nicht aus und reagiert wie im Falle der Verdrängung.
    Wie könnte der Weg der Heilung aussehen?
    Durch den Dialog mit Peter Borst habe ich begonnen, den Weg der Heilung in der Tiefe seiner einzelnen Schritte zu verstehen. Ich erhebe nicht den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit, ich schildere nur, was in mir als meine Erkenntnis entstanden ist.
    Der erste Schritt ist sicher, die Schuld zu erkennen und zu formulieren. Dadurch gewinnt sie Gestalt und löst sich aus dem Nebel der Verleugnung. Erfahrungsgemäß ist die Schuldgestalt erst manifest, wenn sie anderen gegenüber als eigene Schuld ausgesprochen wird.
    Nun steht sie also vor uns, die Gestalt. Wir wollen sie in dieser
Form aber nicht perpetuieren. Wir gehen daher weiter zu dem nächsten Schritt und dieser ist schwer. Bisher hat weitgehend unser Intellekt gearbeitet. Das heißt, wir können um unsere Schuld wissen, ohne wirklich Verantwortung für sie zu übernehmen. Jetzt beginnt die Reise in die Tiefe unserer Persönlichkeit. Dort begegnen wir uns selbst in unseren Gefühlen und auch unserer Anbindung an ein übergeordnetes Ganzes. Dort lassen wir uns jetzt nieder und sprechen aus unserer existenziellen Tiefe das »Ja« zu unserer Schuld. »Ja, ich bin es, ja, ich war es.« Peter nennt das »wir stimmen zu, wir stimmen ein«.
    Wenn wir an dem Ort unserer existenziellen Tiefe einstimmen, dann verschwinden Ankläger und Angeklagter und die Schuld verwandelt sich in eine Erfahrung, die uns demütig macht und wach hält. Durch diesen Prozess geschieht Entwicklung. Darum geht es im Sinne der Täter und Opfer. Nur durch diese Entwicklung sind wir fähig, tatsächlich Verantwortung für unsere Schuld zu übernehmen. Dieses heilende Einstimmen in das, was war, ist ganz selten nur ein einmaliger Akt. Es ist ein Weg, den wir in seiner ganzen Tragweite erst erlernen müssen. Es ist ein Weg der Lebenskreativität, der es uns möglich macht, uns selbst und den Menschen, an denen wir schuldig geworden sind, auf eine neue und liebende Weise zu begegnen. Ja, auf eine liebende Weise, denn die Liebe, von der wir alle getragen sind, ist Voraussetzung für den ganzen Prozess.
    Das rückhaltlose Einstimmen erfordert allerdings noch einen dritten inneren Schritt. Der tief in uns vergrabene Schmerz und die Trauer darüber, schuldig geworden zu sein, kann sich im Letzten nur lösen, wenn wir uns selbst vergeben. Wir lassen es geschehen, dass die allen Menschen zugängliche Kraft der Selbstvergebung, die ein Aspekt der universellen Liebe ist, sich mit uns verbindet. Erst dann ereignet sich endgültige Befreiung
und Verwandlung. Die anderen mögen uns

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