Veyron Swift und das Juwel des Feuers
Terroristen. Nur allein Veyron Swift blätterte gelangweilt in einer Bordzeitung. Tom verstand nicht, wie jemand so abgebrüht sein konnte. Sein Pate musste ein Psychopath sein, das war die einzige Erklärung, die ihm einfiel. Er fragte sich, ob Veyron Swift überhaupt in der Lage war, irgendwelche Gefühle zu empfinden oder ob er sie nur mit seiner eisernen Disziplin, die er stets beschwor, geschickt verbarg.
Und das trotz der Hitze unter der sie alle litten. Die Terroristen hatten das Flugzeug jetzt seit etwa einer Stunde in ihrer Gewalt, aber ließen bisher nichts verlautbaren. Dafür hatten sie die Temperaturregler auf Maximum gestellt. Jedem Passagier lief das Wasser übers Gesicht. Die Terroristen erlaubten niemanden, sich das Hemd aufzuknöpfen oder es auszuziehen. Wer um Wasser bat, der wurde zusammengebrüllt und mit der Waffe bedroht. Für Tom kam das alles dem Begriff Hölle sehr nahe.
Es waren drei, die in der Business-Class Wache schoben: Der grimmige Riese, ein junger Araber mit einer hässlichen Narbe, die ihm von der Stirn bis zum Kinn reichte, und eine dürre Hexe mit grünen Augen und eingefallenen Wangen. Der Schweiß, der auf ihren gestählten Körper glänzte, verlieh ihnen allen eine zusätzliche Brutalität. Sie trugen kugelsichere Westen und hatten sich – einer nach dem anderen – militärische Kampfhosen, ärmellose Shirts und Stiefel angezogen. Vermutlich um sich von den Passagieren besser abzuzeichnen oder um Furcht zu verbreiten.
Die Wirkung verfehlte es jedenfalls nicht. Tom hatte eine Mordsangst. Ihm wollte keine Möglichkeit einfallen, wie man diese Verbrecher überhaupt überwinden könnte. Er beobachtete die drei Terroristen genau, betete, dass sie ihn irgendwie übersahen. Er war mit Abstand der jüngste Mensch hier an Bord und mit seiner kurzgewachsenen Erscheinung fiel er wahrscheinlich sofort auf. Hoffentlich ließen sie ihn in Ruhe.
Die Glastüren zur First-Class öffneten sich. Eine weitere Terroristin marschierte herein. Auch sie hielt ein Gewehr in den Händen.
»Alles herhören!« rief sie laut und hob ihre Waffe. Im Nu besaß sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Passagiere.
»Wir schließen die leeren Ränge. Also alle Mann aufstehen und nach vorne aufrücken!«
Zögerlich schnallten sich die ersten Passagiere los, standen auf und schlurften eingeschüchtert in Richtung First-Class. Die Hexe und der Araber schubsten die Leute in die ihnen zugedachten Sitze. Wer zu lange brauchte, den riss der Riese auf die Beine und stieß ihn nach vorne. Veyron und Tom standen freiwillig auf, gingen schnurstracks zu ihren neuen Plätzen. Toms Gegenüber, Dimitri, beförderten die Kerle eine Reihe weiter vorn grob in den Sitz. Ohne Regung ließ er sich das gefallen. Veyron saß wieder auf der Seite zum Gang, Tom direkt neben ihm.
»Jetzt wissen wir, was deine neue Freundin beruflich macht«, raunte er ihm zu. Tom verstand für einen Moment nicht und Veyron nickte in die Richtung der Terroristin. Tatsächlich! Er erschrak, als er sie wiedererkannte, sein Objekt Nr. 1. Er hoffte endlich aufzuwachen, aber er befand sich nicht in einem bösen Traum, sondern in der Wirklichkeit. Am liebsten hätte er jetzt angefangen zu schreien, doch er verkniff es sich. Vor Veyron wollte er sich keine Blöße geben und diese Sache durchstehen wie ein Mann – was natürlich ein blödsinniger Gedanke war, aber er war ja erst vierzehn.
»Du musst keine Angst haben, Tom«, raunte Veyron leise. »Die Chancen stehen gut, dass wir das alle unbeschadet überstehen. Das sind keine religiösen Fanatiker, sondern sie verfolgen ein politisches Ziel. Entweder die Freilassung von Häftlingen oder Lösegeld. In der Regel gehen solche Entführungen unblutig aus.«
Tom sah ihn verwundert an. Veyron zeigte noch immer nicht die geringste Spur von Angst. Stattdessen entdeckte er Zuversicht in dem schmalen, markanten Gesicht seines Paten.
»Und was, wenn nicht? Was ist, wenn die uns alle umbringen wollen?«
»Nur die Ruhe. Sorgen würde ich mir im Augenblick nur um Nagamoto machen«, gab Veyron zurück. Ein harter Schlag traf ihn an der Schulter. Es war der Gewehrkolben von Toms Ex-Objekt.
»Ruhe«, blaffte sie. Tom zuckte zusammen, hoffte dass sie Veyron nicht gleich erschoss. Für einen Moment trafen sich ihre Augen, aber sie hielt seinem vorwurfsvollen, vor Angst geweiteten Blick nicht lange stand. Schnell schaute sie in eine andere Richtung.
Nachdem alle Passagiere umquartiert waren, nickte Es-Objekt
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