Video-Kid
der Breite meiner ausgestreckten Hand. Der dazugehörige Leib blieb unter der Oberfläche des dunkelbraunen Wassers verborgen, und seine Ausmaße wagten wir nicht zu schätzen.
»Sollen wir Wache halten?« sagte ich, als wir auf dem Boden der Nische unser Zelt aufschlugen. »Heute nacht können wir kein Feuer machen. Wir haben ja keinen Brennstoff.«
»Kaum vorstellbar, daß sich uns irgendeine Kreatur auf dem Landweg nähert, die groß genug wäre, uns ernsthaft zu bedrohen«, sagte Armbruster. »Die größeren Tiere werden in der Regel am ehesten aufgelöst. Davon abgesehen wüßten selbst die Raubtiere nichts mit uns anzufangen, denn erstens hatten sie keine Eltern, die ihnen das Jagen hätten beibringen können, und zweitens gibt es hier kaum Beute, an der sie es lernen könnten. Falls sich ein Tier nähern sollte, hören wir es schon von weitem und wachen auf.« Damit legten wir uns alle drei schlafen.
Eine besonders unangenehme Unruhe ließ mich mitten in der Nacht aufwachen. Im dunklen Zelt sah ich auf Anna und den Professor. Beide atmeten ruhig und gleichmäßig. Ich machte meine Kameras bereit und setzte mich auf. Anna regte sich. In dem kleinen Zelt war es zwar ziemlich eng, aber ich kroch hinaus, ohne jemanden aufzuwecken. Armbruster schlief immer tief und fest, sobald in seinem alten Gehirn das Chaos der Träume ausgebrochen war.
Ich sah hinauf zu den Sternen, aber mein Blick wurde von einem großen Schatten blockiert. Ein Hopper.
Er rührte sich nicht. Vielleicht beobachtete er unser Zelt schon seit Stunden.
Der Hopper stieg in absoluter Stille herab und streckte die Greifarme aus. Ich machte meinen Nunchuck bereit, um sofort zuzuschlagen, und fragte mich, ob ich die anderen rufen sollte, auch wenn ich damit den Hopper auf sie aufmerksam machte? Aber mit seinen Infrarotdetektoren hatte er sie wahrscheinlich ohnehin schon längst aufgespürt.
Seine Arme bewegten sich mit unvorstellbarer Schnelligkeit und fingen eine meiner Kameras aus der Luft. Ich heulte vor Wut auf und schlug zu, ohne zu überlegen.
Ein Loch so groß wie eine Faust tauchte im dünnen Metall seiner Unterseite auf. Der Hopper sackte ein Stück tiefer und bekam leichte Schlagseite, aber seine Greifarme bewegten sich immer noch wie Blitze. Er fing meine Kameras ein, eine nach der anderen, als würde er Beeren pflücken. Ich schrie und kreischte. Und dann schlug ich, so hart ich konnte, auf das Gelenk eines seiner Greifarme ein. Der Hopper wackelte etwas und schob dann meine letzte Kamera in seinen Lagerraum auf dem Rücken.
»Du greifarmiger Dieb!« brüllte ich. »Gib sie mir sofort zurück!« Zum erstenmal hörte ich, wie meine Stimme kiekste und in den höheren Tonlagen umkippte. Ich sprang in die Luft und zertrümmerte eines seiner Mikrophone. Plastikteile flogen in alle Himmelsrichtungen, aber der Hopper machte keine Anstalten, sich zur Wehr zu setzen. Statt dessen stieg er auf, neigte sich dabei deutlich und gab zum erstenmal ein leises, unnatürliches Summen von sich. Aber er kam ohne Schwierigkeiten hoch und flog nach Osten davon.
»Eine Kamera!« flehte ich hilflos, jetzt, wo er außerhalb meiner Reichweite war. »Laß mir wenigstens eine!« Ich rannte dem Hopper in der Hoffnung nach, sein Antrieb könne ausfallen. Blindlings trampelte ich durch die Dunkelheit über die Knollen, Wände und Ranken der Masse. Ich konnte meine Kameras hören, wie sie leise klagten und summten, während sie versuchten, zu ihrem Herrn zurückzukehren. Ein Bovist zerplatzte unter meiner Hand und raubte mir mit seiner Sporenwolke endgültig die Sicht. Wenige Schritte weiter blieb mein Fuß bis zum Knöchel in einem Gewirr von grünen Ranken hängen. Ich fiel aufs Gesicht. In den Sekundenbruchteilen vor dem Aufprall versuchte ich mich umzudrehen und zusammenzurollen, und dann landete ich mit der Schädelplatte auf dem Boden und brach durch die brüchige weiße Kruste in eine Pfütze mit einer dicken, klebrigen Flüssigkeit. Ein scharfer, kaum angenehm zu nennender, chemischer Geruch brannte in meiner Nase. Meine Kopfhaut prickelte und juckte dort, wo sie mit der Flüssigkeit in Berührung gekommen war.
Anna und Armbruster kamen angelaufen und halfen mir, mich aus dem Wirrwarr der Ranken und den zertrümmerten Massebeulen zu befreien und auf die Füße zu stellen. Und als ich dann anfing zu schluchzen, mußten sie mich auch noch stützen. Ich sah mich mit halbblinden, tränenvollen Augen um. Zum erstenmal seit sieben Jahren war ich ohne die
Weitere Kostenlose Bücher