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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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könnte, aber es müssen durchaus nicht positive sein.«
    »Gibt es denn gar nichts, was wir für dich tun können?« fragte Anna traurig.
    »Doch, sicher, folgt mir«, sagte Armbruster und setzte seinen Marsch fort.
    Anna bestand darauf, selbst die Führung zu übernehmen und dabei die Festigkeit des Bodens mit unserer Stange zu testen, die sie inzwischen abgewaschen hatte. Ich trug unser Gepäck auf den Schultern, und wir kamen nur langsam voran. Armbruster schwamm, wann immer das möglich war, und das Flußwasser schien ihm gutzutun. Der größte Teil seiner braunen, blasigen Haut löste sich vom Körper, aber zur Mittagszeit war die darunterliegende Haut mit kleinen weißen Büscheln aus Masseflaum überzogen.
    Wir bauten unser Zelt auf und machten Rast. Armbruster war im Delirium. Immer wieder murmelte es etwas vor sich hin, kurze Erinnerungsfragmente, die in mir die Sehnsucht nach meinem Recorder fast unerträglich werden ließen. Satzfetzen waren darunter wie: »Sie liebt die Macht, aber nicht dich. Und bei dir ist es doch nicht anders.« - »Louise, das ist doch nicht dein Ernst.« - »Aber sie sind alle tot. sind schon seit Jahrhunderten tot.« Dazwischen kurze Zitate aus Gedichten, Gesetzestexten und wissenschaftlichen Werken. Mein Gesicht war vor Erschöpfung grau geworden, und mir war immer noch übel, was sowohl von den Hormonen als auch von Armbrusters Anblick herrührte. Ich mußte mich zweimal übergeben. Anna versorgte uns. Sie führte Armbruster ins Wasser. Seine Augen waren von einem Faservorhang überzogen, und es konnte so gut wie nichts mehr sehen. Die Heilige wusch mir die blasenbesetzte Stirn und zuckte nicht einmal zusammen, als eine Hautbeule aufplatzte und sich darunter eine winzige Knospe von grünem Efeu zeigte, dessen Wurzeln in meinem Schädelknochen steckten.
    Wir schliefen einige Zeit lang und schleppten uns dann mühsam weiter. Efeuknospen tauchten an einem Dutzend Stellen auf meiner Gesichtshaut auf. Armbrusters Gelenke versteiften sich so sehr, daß es sich kaum noch bewegen konnte. Schließlich banden wir ihm Seile um und zogen es wie einen Baumstamm durch das Wasser.
    Am späten Nachmittag erreichten wir ein Gebiet, in dem die Masse erstmals durch zähe Büsche, kleinere Bäume und Farne ersetzt wurde. Dann sahen wir Kräuter, Gräser und Vögel und immer häufiger Mangelbäume. Und wir konnten das Meer riechen. Es waren die typischen Mangrovenpflanzen, die häufig in Meeresnähe zu finden sind. Als die Sonne am Horizont verschwand, wanderten wir durch ein Netzwerk aus dicken, runden Wurzeln und mußten uns von Seevögeln ausschimpfen und von kleinen, gepanzerten Saftsaugern anfauchen lassen. Wir hörten das Donnern der Brandung und hielten beim Weitermarsch genau darauf zu. Als wir den Strand erreichten, erhaschten wir gerade noch den letzten Schimmer der gelben Sonne auf den gesegneten Golf der Erinnerung.
    Anna suchte die ganze Gegend zwei Tage lang ab, bis sie in dem endlosen Gewirr der Mangrovenpflanzen ein Stück weißen Strandes gefunden hatte. Dort schlugen wir unser Lager auf und warteten auf Armbrusters Tod. Ein kleines Rinnsal floß hier, dessen Ufer aus reicher, schwarzer Erde bestanden. Dort wollte Armbruster bleiben. Seine Augen und sein Mund waren bereits zugewebt, und seine Glieder waren steif wie Holz. Es hatte nie die Splitter aus seinen Handflächen entfernt, und an diesen Stellen begann auch seine Transformation.
    Sie fing langsam an, so gemächlich wie der Efeuwuchs an meinem Kopf. Die Umwandlung dauerte Monate. Blätter wuchsen an den feuchten Stellen unter den Blasen auf den Händen des Professors. Als sie voll ausgebildet waren, durchstießen sie die Haut. Wir konnten nur wenig für das arme Neutrum tun, außer Erde über die verbarkten, braunen Knollen zu häufen, die einmal seine Füße gewesen waren. Und wir versorgten ihn natürlich ausreichend mit frischem Wasser. Aus seinen Fingern entwickelten sich Zweige, Rinde wuchs auf seinen Schenkeln und verband seine Beine miteinander, und sein Kopf löste sich in mächtige Äste auf, die ihm aus den Augen, den Ohren und dem Mund wuchsen.
     
    Anna und ich ernährten uns von Fischen, Krabben, Muscheln und Seetang. Wir lebten gar nicht mal schlecht. Auch der Efeuwuchs auf meinem Kopf schien bei dieser Kost zu gedeihen. Anna schnitt ihn mir, wenn er mir zu tief ins Gesicht hing, und meine Milben hinderten das Grünzeug daran, sich weiter auszudehnen.' So beschränkte sich der Efeu auf die Stellen, an denen meine

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