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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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die toten Zellen und die Bakterien! Mann, jetzt dauert es eine Ewigkeit, bis ich ausgeheilt bin!« Ich griff mir fassungslos an den Kopf. »Das war das mit Abstand Furchtbarste, was du tun konntest! Dafür sollte ich dich grün und blau schlagen!« Ich riß meinen Nunchuck hoch, hielt aber inne, als ich die Miene der verletzten Unschuld in ihrem Gesicht sah. Ich legte mir die Waffe wie gewöhnlich um den Hals und starrte Sanktanna an. »Du bist schon eine merkwürdige Frau. Und du hast nicht das geringste begriffen, von meiner Welt, meine ich. Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, welchen Schaden du angerichtet hast?«
    »Ich wollte doch nur helfen. Wir hätten auch davonlaufen können, aber als wir sahen, wie Sie litten, sind wir wieder umgekehrt. Es tut mir wirklich leid, aber woher hätte ich denn von den Milben wissen sollen?«
    »Habe ich dich um Hilfe gebeten?« sagte ich, doch es war eher rhetorisch gemeint. Sanktanna hatte meinen Ärger wieder einmal verpuffen lassen. »Hör endlich auf damit, mich zu siezen, verdammt noch mal. Ich habe es dir schon einmal gesagt, nenn mich Kid oder Video.« Ich griff in eine Jackentasche, suchte nach dem Drogenpack und verabreichte mir ein Stimulans. Das Mittel traf mich härter, als ich erwartet hatte. Ich legte den Kopf zwischen die Knie und atmete flach und langsam, bis in meinem Kopf wieder Klarheit herrschte. »Endlich, jetzt geht's etwas besser. Dann wollen wir mal sehen, was mir fehlt.« Ich griff nach einer Wunde am Unterarm und zog ein Stück künstlicher Haut zurück. »Zumindest hattest du soviel Grips, mir Schnellgerinner auf einige Verletzungen zu sprühen.«
    »Ich habe gesehen, wie du es vor einer Woche bei Herrn Dickicht benutzt hast.«
    »Entschuldige bitte, wenn ich mich jetzt ein wenig freimache.« Ich zog meinen Kampfanzug aus und behandelte die Wunden, an die Sanktanna nicht gelangt war. Sie bedeckte die Augen, und ich lachte grimmig. »Du bist mir vielleicht eine Krankenschwester. Tod und Schmerzen, mit dir an meiner Seite kann ich von Glück reden, überhaupt noch am Leben zu sein!«
    Ich bedeutete ihr aufzustehen. »Hier, versuch wenigstens einmal, dich nützlich zu machen. Reib mich mit diesem Hautöl ein.« Ich holte mein Öl-Notpack aus der Tasche. »Nun mach schon, meine Haut beißt dich nicht. Das Öl verschafft den Überlebenden unter den armen Milben, die du dahingemordet hast, neue Kraft. Du mußt es mir nur in den Rücken einreiben. Die etwas pikanteren Stellen übernehme ich schon.« Ich lachte, und es klang etwas hysterisch. Die Wirkung des Stimulans setzte ein.
    »Du kannst mich wirklich nicht als sexuelle Bedrohung ansehen, du heiliges Baby. Dazu brauchst du wirklich nur die Augen aufzumachen. Ich teile mit dir die Ablehnung für dieses dumme, abstoßende Sichpaaren.« Ich rieb mich am ganzen Körper mit dem Öl ein. Glücklicherweise vermehrten sich die Milben rasch und würden bald wieder in der Lage sein, ihre Arbeit zufriedenstellend aufzunehmen. Ich schmierte milbenfreundliches Hautgel über die verbliebenen offenen Wunden. Geronnenes Blut war überall an mir, sogar in den Nasenlöchern. Ich hatte sehr viel davon verloren. Mein laminiertes Haar war völlig verklebt. Kopfwunden bluten besonders stark. Mir war etwas schwindlig, was wahrscheinlich vom Smuff herrührte. Aber dagegen würde das Stimulans schon Abhilfe schaffen. Ich zog mich wieder an.
    »Wir gehen zu mir«, sagte ich. »Wo steckt denn dein Freund in dem Nadelstreifen-Anzug?«
    »Draußen auf dem Platz. Er läuft jetzt schon seit Stunden zwischen den Trümmern und Ruinen herum. Irgend etwas daran scheint ihn zu faszinieren. Ich habe ihn gewarnt, es sei zu gefährlich, aber er hat gar nicht auf mich geachtet.«
    »Er ist schon eine merkwürdige Type«, sagte ich. »Ich kann ihm seine Amnesie kaum abkaufen. Von wegen Computerkurzschluß. Dafür macht er mir einen zu verwirrten Eindruck. Entweder ist er bis zur Halskrause voll mit Drogen, oder er hat ein Selbstmordtrauma.«
    Anna nickte langsam. »Irgend etwas Schreckliches muß ihm zugestoßen sein. Er war die ganze Zeit über auf meine Hilfe angewiesen.«
    »Wie bist du überhaupt an ihn geraten?«
    »Zum ersten Mal habe ich ihn heute morgen gesehen, ich sah bei der Aufführung des Telset-Balletts zu. Tänze aller Art haben mich immer fasziniert. Natürlich ist das hiesige Ballett für mich etwas schlüpfrig, aber wenn Telset meine neue Heimat werden soll, muß ich mich halt daran gewöhnen, mir auch solche Dinge

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