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Video-Kid

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Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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atmosphärelosen Morgenstern betrieben. Und als wir Träumerei besiedelten, konnten wir unser erlerntes Wissen auf tausenderlei Art einsetzen. Wie zum Beispiel die schwebenden Kameras, die mir meine Lebensführung ermöglichen, oder die computergesteuerten Roboterarmeen, deren Arbeit auf den Orbitalfarmen und -fabriken unseren Reichtum kontinuierlich vermehrt.
    Die ersten Oberflächenbewohner machten sich große Sorgen um eine mögliche Biokontamination. Diese Angst war nicht aus der Luft gegriffen, denn die Protozoen dieser Welt sind erstaunlich weit entwickelt. Andernorts trifft man in der Regel drei Arten von Bakterien an: kugelförmige, stäbchenförmige und schraubenförmige. Die findet man natürlich auch in Hülle und Fülle auf Träumerei, aber hier gibt es darüber hinaus auch noch ringförmige, spiralförmiger, T-förmige, schneeflockenförmige und kreuzförmige. Ich kenne mich da aus, denn ich habe sie unter Professor Armbrusts Mikroskopen studiert.
    Die alten Gebäude in der Zone wurden unter dem Gesichtspunkt einer zu erwartenden Seuche erbaut. Sie haben dicke Türen, gründlich isolierte Belüftungssysteme und weisen einen bemerkenswerten Mangel an Rüschen, Fellen und anderen Gegenständen auf, unter oder in denen sich Staub und Schmutz ansammeln könnten. Die Wände sind breit gemauert und reichlich mit Eisen verstärkt. Metalle besaßen die ersten Siedler dank der unermüdlichen Ausbeutung des Morgensterns in Hülle und Fülle. Verbindungsgänge und Wände sind unglaublich dicht mit einem metallischen Epoxit versiegelt. Bei der Zerstörung eines solchen Gebäudes fällt das Epoxit stets als letztes.
    All diese Maßnahmen erwiesen sich als unnötig, als eine Computeruntersuchung ergab, daß zweiundachtzig verschiedene Spezies der einheimischen Bakterien, wenn man sie in den richtigen Dosen in den menschlichen Körper einführte, für diesen alle notwendigen vitaminproduzierenden und Verdauungsfunktionen übernahmen, während sie gleichzeitig alle übrigen feindlichen Bakterien abtöteten. Ein solches bakterielles Ökosystem zu errichten erfordert viel Ausdauer, aber dann funktioniert es eigentlich großartig, solange man darauf achtet, es nicht mit falschen Drogen ernsthaft zu beeinträchtigen. Befreit von ihrer Seuchenangst, ließen die Bewohner einer nach dem anderen ihre alten Sicherheitshäuser im Stich. Als dann noch am Fuchstag das Regierungsgebäude in Trümmer gelegt wurde und viele weitere Häuser schweren Schaden davontrugen, war das Ende für diesen Komplex gekommen. Alt-Telset war leer und leblos, während ringsherum offene, luftige, lebenslustige Wohngebilde wie Pilze nach einem Regenguß aus dem Boden schossen.
    Aber ich bin Kampfkünstler und liebe diese alten Kopterbauten. Sie sind gebaut wie Festungen. Mein Heim zum Beispiel war im wahrsten Sinn des Wortes meine Burg. Es setzte sich aus drei Stockwerken zusammen, von denen eins unter der Erde lag. Von außen sah es absolut unauffällig aus, und das war mir ganz recht so. Ein hoher Wall umgab das Dach und verbarg so meine Terrarien, Quadras kleinen Garten und die Pergola, wo wir gern ein Sonnenbad nahmen, vor neugierigen Blicken geschützt. Das Haus hatte nur eine Tür, aber ich hatte ein paar Löcher in die Wand gehauen, um mir Fenster zu machen. Die hatte ich mit festem Kristallquarz verglast und mit Gucklöchern und schweren Läden versehen. Ich verfügte über einen eigenen Generator, einen eigenen Brunnen und einen eigenen Recycler. Das alte Ventilationssystem des Hauses hatte ich überholt und soweit verbessert, daß ich selbst einen Gasangriff aushalten konnte.
    Ich hatte um das ganze Haus Stacheldraht gezogen und ließ es zusätzlich von einem computergesteuerten Alarmsystem bewachen. Ich fühlte mich vor jedem Angriff sicher und hatte, wie ich mir sagte, alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen; sogar einige unnötige, als Hommage an den paranoiden Geist des alten Herrn.
    Aber ich hatte sie nie einsetzen müssen, bis heute nicht.
    Schon einen Häuserblock von meinem Heim entfernt roch ich das Tränengas aus den Kanistern an der Türfalle. Ich fing an zu rennen und achtete nicht auf die smuff-beeinflußten Zuflüsterungen meiner Beine, die doch eigentlich vor Schmerzen hätten schreien müssen.
    Das meiste Gas war von der Nachtbrise davongeweht worden, aber aus meinen Augen quollen die Tränen, als ich die Tür erreichte. Jemand hatte sich an ihr zu schaffen gemacht. Kratzer zeigten sich am Pfosten und am Türrand.
    Ich

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