Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
meinen Juanito … oh, ich bitte euch, ich flehe euch an, ich werde für euch und Juanito beten, ich will geweihte Kerzen brennen, ich will von Altar zu Altar auf den Knien rutschen, Tage und Nächte … nur rettet meinen Juanito … rettet ihn …« Ihre Augen wurden naß, die Tränen quollen aus ihnen, dick und schwer, und sie sank zusammen, wurde noch kleiner als sie war, und lag in Dr. Osuras Armen wie ein Bündel Lumpen, das man weggeworfen hat. »Ich will ihn sehen«, flüsterte sie.
    »Das sollst du auch«, sagte Dr. Osura, und er spürte, daß seine Stimme schwankte wie bei einem Weinenden. »Erst soll er nach Madrid fahren und sich von dem einzigen Mann untersuchen lassen, der ihm helfen kann.«
    »Ich werde mitfahren …«
    »Das geht nicht, Anita. Juan braucht Ruhe …«
    »Eine Mutter hat noch nie die Ruhe ihres Kindes gestört, wenn es krank war …«
    »Er braucht Ruhe, Anita. Innerliche Ruhe. Er soll keinen von euch sehen, denn das regt ihn auf. Allein schon der Anblick. Und« – er stockte – »Juan weiß nicht, daß er todkrank ist. Wir haben ihm gesagt, daß es ihm gut gehe, um ihm Mut zu machen und ihn die letzten Jahre genießen zu lassen. Und auch du darfst es ihm nicht sagen, Anita … du darfst mit keinem darüber sprechen, nicht zu Pedro und nicht zu Elvira und auch nicht zu Concha. Wenn du willst, daß Juan diese drei Jahre noch lebt, mußt du schweigen …«
    »Ich will, daß er gesund wird«, flüsterte sie und wischte sich mit beiden Händen die Augen aus. »Wann darf ich ihn denn sehen …«
    »Wenn er aus Madrid zurückkommt.«
    »In vier Wochen?«
    »Ja.«
    »Und er darf diese Reise machen? Es schadet ihm nichts?«
    Dr. Osura schüttelte den Kopf. »Er wird immer unter ärztlicher Aufsicht stehen, ohne daß er es merkt.« Er stockte und wußte, daß er sich selbst belog. »Vielleicht kann ihn Professor Moratalla retten.«
    »Professor Moratalla? Wer ist das?«
    »Der Arzt in Madrid, der allein helfen kann.«
    Anita richtete sich auf. »Sie werden mit Juan zu ihm fahren?«
    »Ja, Anita.«
    »O bitte, sagen Sie ihm, daß Juanito mein ganzes Leben ist. Daß er ihn retten soll, daß ich ihm alles geben werde, daß ich den Hof verkaufe und wie eine Zigeunerin durch die Berge ziehe und bettele … nur, er soll mir Juanito retten. Sagen Sie es ihm, Herr Doktor …«
    »Ja, Anita, ich sage es ihm.«
    Dr. Osura legte den kleinen, alten Körper zurück auf das Bett und packte seinen Spritzenkasten aus. Langsam zog er eine Beruhigungsspritze auf und injizierte sie dann. Er mußte zweimal ansetzen und stechen, um die lederne Haut zu durchdringen. Dann deckte er Anita zu und nickte ihr zu.
    »Und jetzt ganz ruhig sein, Anita, hörst du. Sag keinem, was du jetzt weißt. Ich werde dir alles erzählen, wenn ich aus Madrid zurückkomme. Wir haben noch Hoffnung …«
    Er drückte ihr die schlaffe Hand und verließ die Kammer. Leise schloß er hinter sich die Tür. Dann wusch er sich die Hände in einem Kessel in der Küche und tauchte das Gesicht in kaltes Wasser, um seine innere Erschütterung etwa abzukühlen.
    Als er wieder vor das Haus trat, sahen ihm Pedro und Elvira besorgt entgegen.
    »Sie waren lange bei der Mutter«, sagte Pedro fragend.
    »Sie schläft jetzt.« Dr. Osura drückte seine Tasche, die er noch offen unter dem Arm hielt, zu. »Stört sie nicht – sie liegt in Juans Bett. Ich habe ihr eine Schlafspritze gegeben. Daß Juan weg ist, hat sie sehr mitgenommen, auch wenn sie es nicht sagt. Ich komme in einer Woche wieder. Und merkt euch eins: Sprecht in ihrer Gegenwart nicht mehr von Juan … es macht sie krank.«
    »Wie Sie wollen, Herr Doktor.«
    »Und wie geht es Juan?« fragte Elvira und legte die Gitarre weg.
    »Juan? Er läßt euch alle grüßen – ach ja, ich vergaß ganz, es euch zu bestellen. Er macht schöne Fortschritte und wird nächste Woche sich Madrid ansehen. Vielleicht wird er auch dem Caudillo vorgestellt.«
    »Juan vor dem Caudillo!« Pedro kratzte sich den Kopf. »Maria, ich habe nie geglaubt, daß ich einen so berühmten Bruder bekomme.«
    »Und seine Krankheit?« fragte Elvira.
    »Die geht zurück in der gesunden Luft. Und er ist glücklich … dieses Glück heilt ihn besser als die schönste Medizin! Wenn er ein großer Mann geworden ist, wird er auch kerngesund sein!«
    Pedro drückte Dr. Osura herzhaft die Hand. »Das ist schön«, sagte er zufrieden lachend. »Das freut mich sehr, Herr Doktor. Mutter und ich wollen Juan mal besuchen kommen. Ich bin Ihnen ja so

Weitere Kostenlose Bücher