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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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Schlagabtausch.
Chris nickte, ich nickte, als ständen wir uns wie zwei Boxer Nase an Nase gegenüber.
Ich drehte, verärgert über meine dürftige Schlagfertigkeit, ab und ging wieder zu meinen Kollegen. Hätte ich nicht einfach sagen können: Das lass mal meine Sorge sein? Verdammt.
Es gab Mittagessen.
    „Steve, wo finde ich die Fluchtpläne für das Gebäude, falls mal Feuer ausbricht?“, fragte ich Steve.
Er sah mich erstaunt an. „Die hängen hier überall herum.“
Ich fragte: „Wo, überall?“
Wir gingen 7 Stellen im Hauptgebäude, wo wir untergebracht waren, ab. Alle Pläne hingen an ihren Plätzen. Keiner fehlte. Ich holte Chris‘ Plan heraus und zeigte ihn Steve. Der fragte erstaunt: „Wo haben Sie den denn her?“
„Gefunden“, log ich.
„Merkwürdig, die Pläne liegen bei uns im Büro irgendwo versteckt zwischen den Hausakten. Falls mal ein Plan von der Wand gerissen wird.“
„Ist das Büro abgeschlossen?“, fragte ich und spürte, wie mein Adrenalinspiegel im Kopf anstieg. Das Sedativum gab gerade nach.
„Immer“, versicherte mir Steve und bewies es mir, indem er es direkt mit mir kontrollierte.
Ich stand im Flur und dachte an Chris‘ Worte: falls hier Feuer ausbricht.
Steve zeigte uns die gesamte Anlage. Es gab einen großen Pool im Garten, angekoppelt an einen Erlebnisspielplatz. Im Gebäude gab es zwei Gesellschaftsräume, einen für ruhige Beschäftigungen, wie lesen, malen oder schreiben. Und einen für laute, wie Fernsehen, Spiele und Unterhaltung.
Unten im Keller gab es einen kleinen Fitnessraum mit Kicker und Trampolin. Es war göttlich. Wenn es regnete, konnten wir uns auf drei Räume verteilen und alles bestens beaufsichtigen. Doch es sollte gar nicht regnen.
Als wir die Räume durchliefen, konnte ich an nichts anderes denken, als an Feuer .
„Was ist mit dir“, holte mich Jenny irgendwann zurück. „Du bist ja gar nicht bei der Sache.“
„Ist jemand unter uns, der raucht?“, fragte ich plötzlich unerwartet laut und hart. Im Ton völlig vergriffen.
Alle sahen mich entsetzt an. Sarah hob langsam den Finger. „Ich“, piepste sie.
Verdammt, ausgerechnet auch noch Sarah! Zu ihr würde Chris den meisten Zugang finden.
In mir entstand soeben eine Verschwörungstheorie.
„Keine … einzige … Zigarette … hier! Verstanden! Alle Feuerzeuge sofort bei mir abgeben!“
„Dr. Koman“, erwiderte sie, nun sichtlich erregt, „ich bin keiner Ihrer Patienten!“ Sie fand schnell unterstützende Worte bei ihren Kollegen.
„Das finde ich aber auch“, sagte Hannah, unsere Pflegerin von Station 2. Mein Blick blieb an ihr haften, als würde ich sie massakrieren wollen. Die bösen Blicke der anderen, die an mir hafteten, sah ich nicht. Ich beharrte weiterhin auf die Herausgabe der Feuerzeuge. Doch Sarah weigerte sich vehement.
 Alle redeten plötzlich gleichzeitig auf mich ein. Und ich dachte nur noch an Feuer . Feuer, Feuer, Feuer! Dann nichts mehr. Alles gelöscht.
Ich fand mich in meinem Zimmer in meinem Bett wieder.
„Was ist passiert?“, fragte ich, als ich wieder geistesgegenwärtig war.
„Du warst plötzlich unterzuckert und bist weggesunken“, sagte Jenny, die an meinem Bett saß und mich bekümmert ansah. „Hast du das schon öfters gehabt?“
Unterzuckerung? Ich? Nicht, dass ich wüsste. Ich schüttelte den Kopf. Was wollte mir Jenny da weiß machen? Steckte sie etwa unter einer Decke mit Sarah und Chris? Vielleicht war das die Lösung überhaupt! Alle drei waren so merkwürdig freundlich und verstanden sich bestens untereinander. Selbst Jenny hatte sich auf Chris‘ Seite geschlagen. Ob die drei etwas gegen mich im Schilde führten?
„Dr. Calhound hat die Gruppe übernommen“, hörte ich Jenny sagen. Sie lächelte sanft. Zu sanft, ja geradezu berechnend sanft. Meine soeben erlebte Aggression führte sie also auf einen wegsinkenden Zucker zurück und hatte ihre Kollegen bestimmt gebeten, diesen Vorfall nicht allzu ernst zu nehmen.
Was auch immer sie im Schilde führte, sie baute gerade das Gerüst dafür auf. Ich spürte es. Wie hatte ich dieser Frau nur so vertrauen können?
Durch mein Zimmerfenster hörte ich das freudige Geschrei der Jungs, die sich im Pool vergnügten. Richtig, es waren Ferien. Wie gerne wäre ich jetzt am Strand gewesen. Ohne Jenny.
    Gegen Abend war ich wieder dabei und sah, wie Steve und Nancy vergnügt mit unseren Jungs Holz im hinteren Teil des Gartens auf einen Haufen zusammenlegten, um ein Lagerfeuer mit Marshmellowsgrillen vorzubereiten.

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