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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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schlechten Bezahlung ließ mich noch viel mehr Hochachtung vor der Arbeit der einheimischen Verbündeten verspüren. Die Polizisten und Soldaten schienen vor einer fast unlösbaren Aufgabe zu stehen, eine friedliche Zukunft für ihr Land zu bereiten.

OPERATION HALMAZAG
    Es war der Morgen des 31. Oktober. Wir brachen wieder vor dem Morgengrauen auf. Und wieder mussten wir Stunden vor dem Sammelzeitpunkt an Höhe 432 aufstehen. Der Operationsplan sah vor, dass wir ins Dorf Quatliam marschierten und die uns zugewiesenen Stellungen hielten. Dort sollten wir so lange bleiben, bis unmittelbar vor dem Dorf, in der Nähe des kleinen Friedhofs, ein Vorposten errichtet werden konnte. Dieser Vorposten sollte für uns ein Fuß in der Tür sein, damit wir Zugang zu den Dörfern der Umgebung erhielten. Auf diese Weise äußerte sich der große Strategiewechsel zum ersten Mal sehr deutlich. Der Vorposten sollte später mit örtlichen Milizen besetzt werden. Ein hoher Umfassungswall aus Hescos würde einen tiefen Graben ergänzen, was den Posten äußerst robust machen sollte. Aber die Errichtung war aufwendig und würde eine große Baustelle verursachen. Gleichzeitig würden die Amerikaner eine Stellung vor Isa Khel beziehen und die dort vermuteten Feinde davon abhalten, uns in die Flanke zu fallen. Außerdem sollten örtliche Milizen den Feind im Süden der Provinz Chahar Darrah angreifen und ihn in unsere Richtung treiben. So würden die Aufständischen zum Kampf gezwungen oder müssten das Gebiet verlassen. Während die afghanische Armee, die wiederum durch belgische Soldaten angeleitet wurde, die westliche Hälfte des Dorfes sicherte, würden die Züge unserer Kompanie am östlichen Dorfrand bis zum Ende des Dorfes vorstoßen. Der Golf Zug sollte ab dem Dorfeingang die Spitze der Kompanie bilden. Golf eins würde ganz vorne gehen. Sobald das Dorf gesichert wäre, würden die Amerikaner die Straße, die parallel dazu verlief, von Sprengsätzen räumen. Schützenpanzer des India Zuges sollten sie dabei sichern. Unsere aus Baghlan zurückgekehrte Schwesterkompanie hatte den Auftrag, auf der Westplatte zu bleiben, um uns und das Tal von oben zu überwachen. Und schließlich sollten, so schnell es ging, Ratsversammlungen mit einheimischen Führern abgehalten werden, um die Lage und das weitere Vorgehen zu besprechen. Auf diese Weise wurden die zivilen Strukturen von Anfang an mit einbezogen. Den Menschen in Quatliam sollte in Aussicht gestellt werden, das Dorf an die Elektrizität anzuschließen und die Zufahrtsstraße zu asphaltieren.
    Das Gesamtziel der Operation lautete, den Schutz der Bevölkerung und die Sicherheitslage um Kundus durch einen großen Schlag gegen die Aufständischen zu verbessern. Der Deckname der Operation, an der schließlich fünfhundert Soldaten beteiligt sein sollten, lautete Halmazag – was auf Dari »Blitz« bedeutet.
    Als wir das Feld unterhalb der Höhe 432 erreichten, hatte sich die Fläche in der anbrechenden Morgendämmerung bereits in einen riesigen Parkplatz verwandelt. Wie aufwendig solch eine Operation war, merkte ich erst, als ich die Fahrzeuge sah, die zum Transport gebraucht wurden. Sie standen in langen Kolonnen auf dem planierten Acker und mussten während der ganzen Operation bewacht werden. Um dafür keine Infanteriekräfte zu binden, wurden die Höhen 431 und 432 von Kräften aus dem Feldlager besetzt.
    Ich blickte in den schmalen Streifen, der den Morgen am Horizont ankündigte. Viele saßen auf dem Boden und hielten die Augen geschlossen, die Gewehre auf dem Schoß. Zwischen den Fahrzeugen standen kleine Gruppen und rauchten. Fast alle hatten ihre Schutzweste abgelegt. Die Atmosphäre war entspannt. Außer dem Dröhnen des nicht abreißenden Fahrzeugstroms deutete nichts auf eine riesige Operation mit allen verfügbaren Kräften hin. Wie würden die nächsten Tage ablaufen? Würden wir es überhaupt bis ins Dorf schaffen?
    Wieder erwischte ich mich bei der Hoffnung, dass wir schon auf dem Weg dorthin angegriffen würden und nicht weiter vorrücken konnten. Alles bliebe beim Alten, und wir könnten das Land in wenigen Monaten verlassen. War es überhaupt unsere Aufgabe, hier etwas zu verändern? All die Jahre über waren wir doch gut damit gefahren, die Aufständischen gewähren zu lassen. Klar, es hatte Verluste gegeben. Aber waren sie im Vergleich zu denen der Amerikaner und Briten nicht äußerst gering?
    Dann blickte ich wieder in Richtung Isa Khel, wo seit Karfreitag immer

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