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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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noch das Wrack des Dingos lag. Gesprengt und verbrannt, aber trotzdem vorhanden. Wie ein eisernes Symbol unserer größten Niederlage.
    Gestern Abend war Butch zu uns gekommen. Der sonst so schweigsame Brummbär hatte wild mit den Armen gestikuliert.
    Wisst ihr, was gerade passiert ist?, meinte er aufgeregt. Da saß am Grillplatz so ein Typ. Der hat Geschichten erzählt, das glaubt ihr nicht. Dass er im Golf Zug ist und welche Gefechte er schon erlebt hat und dass er immer ganz vorne mit dabei ist. Ich hab den erzählen lassen und ihn irgendwann komisch angeschaut. Dann sagte ich ihm, dass ich aus dem Golf Zug komme und hab mein Abzeichen hochgehalten. Da hat er sich verpisst.
    Ich blickte wieder zu den Kameraden, die auf dem Acker saßen und dem Beginn der Operation entgegenfieberten. Waren wir im Feldlager derartig bekannt? War es so außergewöhnlich, dass wir immer vorne dabei waren?
    Was gemacht werden muss, muss gemacht werden, hatte TJ mal gesagt. Also würde ich auch diesmal wieder mitmarschieren. Würde an der Seite meiner Kameraden sein, die mir seit Monaten Familie und Freunde ersetzten. Zurück konnte ich jetzt sowieso nicht mehr. Als die Sonne aufging, setzte sich die Kompanie in Gang.
    Die ersten Meter waren einfach. Aber je mehr wir uns dem Dorf Quatliam näherten, umso unbehaglicher wurde mir. Als die Kreuzung in Sicht kam, hinter der sich das kleine Gräberfeld befand, spürte ich ganz deutlich, dass auch der Rest von uns mit Beschuss rechnete. Ab hier würden wir ganz vorne gehen müssen. An der kleinen Ruine, zu deren Füßen die Gräber lagen, hielten wir an. Ich lehnte an der Mauer und beobachtete das Dorf durch mein neues Zielfernrohr.
    Nichts zu sehen, meldete ich an Muli.
    Als der Hotel und der Foxtrott Zug auf unserer Höhe waren, marschierten wir los. Es war der schwierigste Teil der Strecke und er kam gleich am Anfang. Zwischen der Friedhofsruine und den ersten Gebäuden gab es keine Deckung. Wir näherten uns über absolut freies Gelände und mir war nicht wohl dabei. Mein Herz hämmerte in der Brust, während ich hinter Mica und Muli her marschierte. Wie eine große Raupe bewegte sich die Kompanie schubweise vorwärts. Wenn wir vorne etwas langsamer gingen, weil wir gerade einen kleinen Graben als Deckung nutzen konnten, schoben uns die Hinteren weiter, weil sie gerade keine Deckungsmöglichkeit hatten. Umgekehrt entstand eine Lücke, wenn wir schneller marschierten und diejenigen hinter uns in der Nähe eines Strauches oder Loches verharrten. So liefen wir die wenigen hundert Meter bis zum Dorfrand.
    Als wir endlich die breite Mauer erreichten, von der aus wir das letzte Mal beschossen worden waren, atmeten wir erleichtert auf. An dem Gebäude links war ganz deutlich das Loch zu erkennen, das Simbo mit der Panzerfaust aufgerissen hatte. Quatliam war erreicht, der Einsatz begann.
    Wir bewegten uns neben der Straße, um möglichen Sprengsätzen zu entgehen, und blickten in menschenleere Hauseingänge. Eine drückende, geisterhafte Stimmung lag über dem Dorf. Hatten sich die Menschen verkrochen oder waren sie geflohen? Die Operation war im Vorfeld angekündigt worden. Sie wussten, dass wir kommen würden. Militärisch vielleicht unklug. Aber wir wollten den Menschen keine Angst einjagen.
    An einer Kreuzung mussten wir die Hauptstraße überqueren. Es war gefährlich und dauerte lange. Mit jeder Verzögerung stieg das Risiko, angegriffen zu werden, bevor wir in den befohlenen Stellungen auf der anderen Seite des Ortes waren.
    Mü dirigierte uns zwischen den Gebäuden und einem schmalen Flusslauf hindurch. Der Weg wurde immer enger und Muli meldete, dass wir nicht weiter vorwärts kämen. Doch Mü fand, wir sollten es versuchen, und so hangelte sich Muli an einem Baum entlang und verlor den Halt. Er stürzte in das graue Wasser und verschwand. Als er nach einer halben Sekunde wieder aus der trüben Brühe auftauchte, fluchte er laut. Er war bis auf die Unterhose nass, und es dauerte ein paar Minuten, bis sich unser Trupp neu sortiert hatte. Schließlich nahmen wir einen anderen Weg. Dadurch schob sich jetzt die zweite Gruppe vor uns, und wir waren nur noch an zweiter Stelle. Als wir endlich den Rand des Dorfes erreicht hatten und auf einem schmalen Weg weitergingen, der wie ein Damm zwischen zwei tiefen Gräben verlief, knallte es.
    Zuerst waren wir verwirrt. Von wo aus wurden wir beschossen? Doch nach wenigen Sekunden war klar, dass der Feind in den Gehöften außerhalb des Dorfes auf uns

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