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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Angriff. Keine Straßenbombe, nichts.
    Ich fühlte mich großartig, war stolz auf unsere Arbeit. Ich hatte einen Stapel Briefe in der Tasche, die ich gleich zur Poststelle bringen wollte.
    Zurück im Feldlager musste die gesamte Ausrüstung vom Sand befreit und gereinigt werden. Wir wussten nicht, wann es wieder rausgehen würde, stellten uns aber auf neue Aufträge während unserer Freizeit und nur wenige Tage im Feldlager ein. Alle Waffen mussten zerlegt und geputzt, Taschen und Hosen genäht und die durchgeschwitzten und dreckigen Klamotten zur Sammelstelle gebracht werden. Dort holte eine Firma die Wäsche ab und brachte sie sauber und frisch duftend zurück.
    Ich begleitete TJ zur Werkstatthalle, um den Luftfilter unseres Dingos auszublasen. Eigentlich musste das wegen des Wüstensands jeden Tag gemacht werden, draußen konnten wir ihn nur ausklopfen. Niemand war vor Ort.
    Dann lass uns doch erst mal zum Tanken fahren, schlug ich vor.
    Auch dort war niemand zu sehen.
    Scheiße, heute ist Freitag, rief TJ plötzlich aus.
    Freitag, Baseday. Vormittags waren die meisten Abteilungen unbesetzt. Wütend fuhren wir zurück. Zum ersten Mal wurde mir der Graben, der zwischen der Welt hier drinnen und den Soldaten draußen verlief, sehr deutlich bewusst.
    Die müssen doch für uns Infanteristen da sein, schnaubte TJ. Sollen die ihren scheiß freien Tag doch machen, während wir draußen sind, und nicht, wenn wir wieder reinkommen.
    Am nächsten Morgen versammelte Muli uns in der Festung.
    Wir müssen heute eine Tour machen, begann er seine Einleitung. Wir stellen den Schutz für ein CIMIC-Team, also für Kameraden, die den Kontakt zur Bevölkerung pflegen und vor allem von Deutschen durchgeführte Projekte betreuen, berichtete er.
    Wenn die so guten Kontakt zur Bevölkerung haben, sollen die doch allein rausfahren, Digger.
    Wizos Missmut sprach uns aus dem Herzen. Keiner hatte Lust, nach einer Nacht Pause schon wieder seine kostbare freie Zeit zu opfern.
    Echt mal, ist doch wahr, stimmte Hardy mit ein.
    Schluss damit, unterbrach Nossi wütend. Ihr wisst genau, dass wir erst wieder Freizeit haben, wenn wir in Deutschland sind. Hier führen wir unsere Aufträge durch.
    Wir sollten zusammen mit dem CIMIC-Team und einem Jammer drei unterschiedliche Dörfer anfahren, alle im unmittelbaren Umkreis des Feldlagers. Das erste Dorf lag kurz hinter Kundus, aber auf der anderen Seite der Stadt, die wir bislang noch nicht erkundet hatten. Neues Gebiet, volle Aufmerksamkeit. Zum Glück war die Straße asphaltiert, das gab etwas Sicherheit.
    Wie heißt die Straße, auf der wir uns gerade befinden?, fragte Muli in die Runde.
    Keine Antwort.
    Hardy, wo sind wir gerade?
    Schweigen.
    Mica und ich versuchten zu raten und lagen daneben.
    Ey, ich hab euch gesagt, ihr sollt das lernen, verdammt noch mal!, schnauzte Muli uns an. Ich will, dass ihr immer wisst, wo wir gerade sind.
    Der Rest der Fahrt verlief ungewöhnlich still. Kein Gespräch. Wie Schuljungen, die ihre Hausaufgaben vergessen hatten und deshalb abgekanzelt wurden, saßen wir auf unseren Plätzen.
    Wir sind gleich da, unterbrach Muli die Stille. Das CIMIC-Team will ’ne Schule besuchen, die mit Hilfe von deutschem Geld gebaut wurde. Wir gingen in Sicherungsposition und ließen die CIMICs ihre Arbeit machen. Nach wenigen Minuten ein Funkspruch. Die haben seit zwei Tagen Ferien, verkündete Mü.
    Oh Mann, wer macht hier eigentlich die Pläne, schimpfte TJ.
    Im nächsten Dorf war der Dorfälteste nicht da. Kein Ansprechpartner. Also weiter. Das letzte Dorf befand sich entlegen auf dem Plateau, auf dem auch das Feldlager lag. Nur einige Reifenspuren gaben die Richtung an. Das Dorf glich einer Szene aus einem Italo-Western. Es lag auf einem steilen Hügel, umgeben von hohen Felsen, die rot in der Sonne leuchteten, und wirkte wie eine Festung. Am Fuß des Hügels hüteten kleine Jungen riesige Ziegenherden. Für die Transportpanzer war der Weg hinauf zu schmal. Also mussten diese Schlachtschiffe unten auf der Straße bleiben, während der Rest sich langsam mit den Dingos nach oben quälte – zur Rechten steile Felswände, zur Linken eine abfallende Schlucht. Auf dem breiten, von Lehmhütten umgebenen Dorfplatz war niemand zu sehen. Wir blieben auf dem Fahrzeug sitzen, während das CIMIC-Team versuchte, Kontakt aufzunehmen. Mü und ein paar Männer von Golf zwei waren zur Sicherung dabei. Doch keiner der Dorfbewohner schien mit ihnen sprechen zu wollen. Über Funk bekamen wir mit,

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